Donnerstag, 28. Juli 2022

Lechia Gdańsk – Rapid 1:2 (0:2)

Europa Conference League, 2. Qualifikationsrunde, Rückspiel, 28.7.2022
Arena Bałtycka, 23.519

Rapid-Auswärtssieg und Aufstieg in die nächste Europacuprunde. Nach dem 0:0 im Hinspiel war hier alles offen gewesen. Nach einer Viertelstunde brachte Kühn Rapid in Führung, wir hatten das Match in der Hand und setzten wenige Minuten später mit dem 0:2 per Elfmeter durch Grüll noch eins drauf. Nichts schien uns mehr zu erschüttern. Eine Systemumstellung und die logische Alles-oder-nichts-Offensive von Lechia brachten aber in der letzten halben Stunde ein anderes Match. Wir hatten richtig zu zittern und Lechia hätte mit ihren Chancen gut und gerne das 2:2 erzielen können. Es blieb aber mit Glück beim 1:2. Rapid-Auswärtssieg im ersten Europacupspiel Rapids in Polen seit Widzew Łódź 1982 bzw. dem Intertotocup-Spiel bei Zawisza Bydgoszcz 1993. Europacup macht einen älter, bringt graue Haare, aber ist dennoch einfach ein besonderes Erlebnis, das man nicht missen möchte.
Der Rapid-Block supportete mit 242 Leuten stark und engagiert und holte heraus, was ging. Akustisch war das allerdings angesichts der Umstände ein Auswärtsspiel.
Eine Mobstärke von 500 bis 3.500 Leuten führt das Lexikon Fanszene Polen für Lechia Gdańsk an, wobei man hier „in Sachen Tribünengeschehen nicht so ganz“ mit führenden Fanszenen mithalten könne – sehr wohl aber in hierzulande ohnehin teils wichtigerem Sektor, „im Hool-Bereich dennoch eine der größten Nummern in Polen“. Letzteres fiel gegen Rapid aus, auf der Tribüne setzte man aber mit einer großen Choreographie ein Ausrufezeichen. Nach zehn Minuten Spielzeit begann die oprawa mit dem Ausrollen der Banner „Hell's Ultras“ und „The taste of Polish football“. Dazwischen folgte eine Überrollfahne mit einem Koch samt blutigem Messer und Schweinekopf mit Polizeikapperl. Wie es hierzulande Brauch ist, hing das gut 25 Minuten über den Köpfen ohne dass die Lautstärke des nicht gewechselten Gesangs abnahm. Anschließend gingen ringsherum Zettel und eine schöne Menge Pyro hoch.
Der Stadionwirt ist aufgrund der Auseinandersetzungen beim Erstrundenspiel geschlossen und abgesperrt. Kaputte Scheiben sind noch zu sehen.
Seit meinem Besuch hier vor sieben Jahren mitsamt damaliger Besichtigung des Vereinsmuseums rangierte der 1945 gegründete BKS Lechia Gdańsk zwischen dem 13. Tabellenplatz (2017/18) und dem 3. Rang (2018/19) in der Ekstraklasa. Herausragend waren dazu 2018/19 der zweite Cupsieg und auch generell zweite Titelgewinn in der Vereinsgeschichte (Finalsieg im Stadion Narodowy gegen Jagiellonia Białystok vor 44.158 Zuschauerinnen und Zuschauern) und der Finaleinzug 2019/20 (Niederlage gegen Cracovia vor der pandemiebedingt schütteren Kulisse von 3.478 Leuten in Lublin). Nach dem Cupsieg 2019 konnte man erstmals seit 1983 wieder im Europacup spielen und schied im ersten Anlauf in der zweiten Qualifikationsrunde der Europa League gegen Brøndby IF aus. 1983 hatte man als Noch-Drittligist sensationell den polnischen Cup gewonnen und war als Zweitligist in der ersten Runde der Europacuppremiere klar Juventus unterlegen.
Das ursprünglich Arena Bałtycka genannte, 200 Mio € teure EM-Stadion von 2012 trug im Laufe der Zeit seit seiner Eröffnung wechselnde Sponsornamen. 41.620 Plätze bietet das außen wie ein Bernstein ausschauende Stadion. Im Alltag verliert sich die Stimmung im großen Neubau etwas. Da muss das seinerzeit 2015 auch besichtigte alte Stadion Lechii schon etwas anderes gewesen sein.
Vor dem Spiel wurde ein weiteres Mal in der schönen Stadt Danzig spaziert.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen