Sonntag, 13. Juli 2025

Slavia Praha – Dynamo Dresden 4:2 (0:0)

Testspiel, 13.7.2025
Stadion Eden, 18.642

Zur „Generálka“, also Generalprobe vor Saisonbeginn, hatte Slavia Prag Dynamo Drážďany, wie es hier auf tschechisch hieß, geladen. Nach einer halbwegs ausgeglichenen, torlosen ersten Hälfte zog nach der Pause der amtierende tschechische Meister und Champions-League-Starter Slavia Prag, die 2024/25 nach drei Jahren Pause wieder den Meistertitel gewonnen haben, nach zahlreichen Wechseln auf 4:0 davon. Das 1:0 fiel, als der Gästemob gerade verkehrt herum hüpfend dem Spielfeld den Rücken zugedreht hatten. Als sie in den Schlussminuten ein rhythmisches „Den SG Dynamo Walzer tanzen wir“ sangen, fielen die zwei Tore der Dresdner zum 4:2-Endstand.
Zum zweiten Mal nach 2023 war Dynamo Dresden im Sommer bei Slavia Prag zu Gast und erneut war keine Spur von Testspielatmosphäre auf den mit 18.642 Leuten gefüllten Rängen zu merken. Diesmal kam Dynamo als frisch aufgestiegener Zweitligist, aber mit weniger Fans als 2023. Bei der ersten Begegnung hier im Spiel vor zwei Jahren hatte Dynamo Dresden den ganzen Hintertorbereich erhalten und entsprechend mit 4.000 Leuten ein ordentlichen Auftritt. Diesmal hatte es entgegen der Erwartung zunächst nur die 1.024 Karten für den normalen Gästeblock gegeben, da Slavia Prag das Stadion selbst füllen konnte. Während schon die drohende Absage der Fahrt nach Prag anstand, erreichten die Ultras Dynamo in direktem Kontakt und respektvollem Verhältnis mit den Ultras der Tribuna Sever von Slavia eine Verdopplung des Kontingents, sodass rund 2.100 Dynamo-Fans dabei sein konnten. Dynamo bedankte sich in der zweiten Hälfte mit einem Spruchband „Děkujeme Tribuna Sever“ („Danke, Tribuna Sever“), was das Gegenüber mit Applaus und dem in Tschechien bekannten Chant „Český fotbal pro fanoušky“ („Tschechischer Fußball für die Fans“) beantwortete. In der ersten Hälfte sprach man aber in Klartext einen Vereinsangestellten als Verantwortlichen für das Schlamassel an: „M. Landrock – Dir reichen 1024 Buchungserlebnisse?! Uns nicht, du Fotze! Hol dir den Urlaub, der nie endet!“ Dazu skandierte der Block „Wir sind Dynamo und du nicht!“
Im gelb gefärbten Auswärtsblock gab es zu Beginn eine Fahnen-Choreographie mit nicht ganz gut zu sehendem schwarzen Band sowie ein Dynamo-Wappen in der Mitte, das im zweiten Schritt von Fackeln pyrotechnisch eingerahmt wurde.
Die Tribuna Sever widmete ihre erste Choreographie der Saison Jan Hus, einem 1415 von der katholischen Kirche zum Tod verurteilten und am Scheiterhaufen durch Verbrennen hingerichteten christlichen Reformator, auf den die Bewegung der Hussiten zurückgeht. Im 19.Jh. schrieb die tschechische Nationalbewegung Hus eine Rolle als Vorläufer eines Widerstands gegen Unterdrückung auf. Auch wenn es für ihn um Religion und nicht Nation ging, gilt er seither als tschechischer Nationalheld. Mit „mluv pravdu, drž se pravdy, braň pravdu až do smrti“ („Sagen Sie die Wahrheit, halten Sie an der Wahrheit fest, verteidigen Sie die Wahrheit bis zum Tod.“) gab es in der Choreographie dazu ein charismatisches Zitat von Jan Hus zu sehen, der auch im Angesicht des Todes ein Abschwören von seiner religiösen Überzeugung verweigerte. Feuer wurde auch hier entzündet, aber in Form von Pyrotechnik. Groß, detailreich gemalt und mit reichlich Pyro: Die Arbeit der auch mit Fetzen am Zaun hängenden Banda Chorea von Slavia Prag erregt seit Jahren Aufmerksamkeit.
Der Großteil der Slavia-Kurve war wieder im Trikot, das auch als Tifo-Aktion ausgezogen und hochgehalten präsentiert wurde. Das seit 1896 im wesentlichen gleich aussehende, rot-weiß geteilte Trikot mit rotem Stern auf der linken Seite ist hier ein wichtiger Bestandteil der Vereinsidentität und nicht vorrangig ein möglichst oft zu wechselndes Merchandising-Verkaufsprodukt wie im modernen Fußball üblich. Nach Schluss stimmte die Tribuna Sever die auf einem Podium vor der Tribüne stehende Mannschaft mit Gesängen für die Saison ein und feierte El Hadji Malick Diouf, der zum Abschied nach seinem vor Spielbeginn bekanntgegebenen Abgang zu West Ham United für die Schlussminuten des Spiels noch eingewechselt worden war.