Sonntag, 19. Januar 2025
Picerno – Catania 1:1 (0:0)
Italien, Serie C, Girone C, 23a giornata, 19.1.2025
Stadio Donato Curcio, 833
An einem kühlen Abend in Picerno wärmte das Spiel der ersten Hälfte das Publikum noch nicht sehr auf. In der zweiten Hälfte wurde es am Spielfeld aber heißer, es gab viele Torchancen sowie mit der Führung für Catania und dem Ausgleich von Picerno auch Tore. Die Schlussminuten waren darüber hinaus von Großchancen gekennzeichnet, wobei Picerno vor dem Abpfiff einen nicht verwerteten Matchball zum 2:1 hatte. Unter der Woche hatte aufgrund von Schneefall das Risiko einer Spielabsage bestanden. Der Schnee wich aber tags zuvor Regenfällen und am trockenen Matchtag herrschten gerade noch Plusgrade.
Ein großes Banner Ultras Picerno hängt am Heimfansektor und darüber kleinere Fetzen, u.a. der eine Faust zeigende der Picernesi (2018). Von diesen gezeichnet war ein Spruchband „Chi la maglia ha onorato / non sarà mai dimenticato“ („Wer die Farben geehrt hat, wird nie vergessen werden“), ergänzt um „Grazie Ciccio“ („Danke, Ciccio“). Nach acht Jahren in Picerno mit 182 Spielen für den Verein hatten AZ Picerno und Francesco „Ciccio“ Pitarresi die einvernehmliche Vertragsauflösung des 34-jährigen bekanntgegeben, der zu Gelbison in die Serie D wechselt. Wortwörtlich ist maglia das Dress, steht aber im übertragenen Sinn für den Vereinstradition bzw. die Farben.
Feuer gab es im Gästesektor der 197 Ospiti aus Catania zu sehen. Pyro wurde oftmals gezündet und ihre Gesänge übertönten über weite Strecken jene der Heimfans. Komplett in schwarz, mit einem großen Fetzen der Curva Nord, kleineren aus der Curva Sud und anderen Gruppen der vielschichtigen Tifoseria Catanias sowie zahlreichen stilvollen Doppelhaltern sangen sie unterstützt von zwei unten stehenden Trommlern kraftvoll für Catania.
Die AZ Picerno wurde 1973 als Polisportiva Picerno gegründet. Nach der Fusion mit dem Jugendfußballverein Az '81 im Jahr 1996 wurde daraus die Polisportiva AZ Picerno, 2011 AZ Picerno AC und seit 2019 nun AZ Picerno. 2015/16 spielte man erstmals in der Serie D und schaffte nach dem Meistertitel hier im Girone H 2018/19 den Aufstieg in die Serie C, in welcher Picerno nun seit 2019/20 spielt.
Das Stadio Donato Curcio wurde 2008 eröffnet. Namensgeber Donato Curcio stammte aus Picerno und wanderte 1951 in die USA aus, wo er als Unternehmer reich wurde und in Picerno zum Ehrenpräsident des Fußballvereins. Nach dem Aufstieg in die Serie C 2019 mussten die Heimspiele zunächst in Potenza ausgetragen werden, weil das Stadion nicht ligatauglich war. Mit Geldmitteln von Donato Curcio konnte 2021 ein Umbau durchgeführt werden, der neben Anpassungen der Tribünen u.a. auch den Bau des Gästesektors im Eck beinhaltete. Seither gibt es hier eine Kapazität von 1.600 Plätzen.
Das Wappen ziert eine Löwin und auch auf Aufschriften ist entsprechend Leonessa zu lesen. Dies bezieht sich auf die Ehrenbezeichnung Picernos als „Leonessa della Lucania“ („Löwin Lukaniens“) aufgrund erbitterten militärischen Widerstands schlussendlich allesamt massakrierter Revolutionärinnen und Revolutionäre 1799. Mehr darüber und das in den Abendstunden bald der Finsternis weichende, aber zu Beginn noch vom Stadion aus zu sehende Panorama mit Kirche und Wehrturm gibt es drüben im anderen Blog, für den ich am Abend vor dem und Tag nach dem Spiel Picerno besichtigt habe.
Ebolitana – Audax Cervinara 9:0 (2:0)
Italien, Eccellenza Campania, Girone B, 21a giornata, 19.1.2025
Stadio José Guimarães Dirceu, 200
Kantersieg der Ebolitana im zweitgrößten Stadion der Provinz Salerno. Schnell war die Heimmannschaft schon nach drei Minuten gegen die Gäste aus Cervinara in Führung gegangen und hatte sie vor dem Ende der ersten Hälfte auf 2:0 ausgebaut. Die Ebolitana dominierte und hatte weitere Chancen. Das Chancenplus verwerteten sie nach der Pause auch zu weiteren Toren, sodass ein stolzes 9:0 herauskam. Die Tormusiken stammten aus musikalisch finsteren Eurodance-Zeiten der 1990er Jahre wie The Scatman oder Up and down (Vengaboys).
Auf der Tribüne kam von der Gruppe Jevule 1925 Tifo. Jevule ist das lokale Dialektwort für den Stadtnamen Eboli. Mit „Diffidati con noi“ begannen sie ihren Support und danach war „Libertà per gli ultras“ zu hören. Ausdauernd gezeigt haben sie einen Doppelhalter mit „Damiano presente“ und die große Fahne wurde beständig geschwenkt. Die erste organisierte Gruppe war hier 1984 Nucleo Sconvolti Ultrà Eboli. Später gab es verschiedene entstehende und wieder verschwindende Gruppen. Von der Brigata Ultras Eboli sind schriftliche Hinterlassenschaften zu sehen. Im 2001 eröffneten Stadion stand man zuerst auf der Tribüne, dann in der Curva Nord und ist jetzt wieder auf der Tribüne. Freundschaftlich verbunden ist man seit den 1990er Jahren mit Cerignola. Neben dem großen historischen Rivalen Battipaglia gibt es auch eine Feindschaft zu deren Freunden aus Angri.
Die Ebolitana Calcio wurde 1925 als US Ebolitana gegründet, wird also heuer hundert Jahre alt. Das Derby mit der Battipagliese ist bis heute ein heißes Thema, ihren Höhepunkt hatte die Rivalität aber bereits am 11. März 1934. Das Spiel endete in einer Massenschlägerei samt gezückten Messern, einigen Schüssen und zahlreichen Verletzten, die erst durch massiven Polizeieinsatz beendet wurde. Daraufhin wurde der damalige Sportplatz in Eboli gesperrt und die Ebolitana musste ihren Spielbetrieb einstellen. 1942/43 gab es wieder Fußball in Eboli, ab 1950 wieder als US Ebolitana. 1952 bis 1955 gab es dank Mäzen Luigi Pezzullo als CRAL Pezzullo Eboli mit Saisonen in der Promozione einen Höhenflug. Nach dem Abgang von Pezzuolo wurde der Spielbetrieb 1955 abermals eingestellt. 1960/61 begann der Verein erneut, hieß GS Ebolitana, ab 1976 AC Ebolitana und spielte 1988/89 bis 1991/92 zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte im fünftklassigen Campionato Interregionale (entsprach der heutigen Serie D). Es war die Zeit, als der Brasilianer Dirceu hier der Star war. 1995 fusionierte der Verein mit der Pro Salerno und spielte als AC Pro Ebolitana damit bis 1999/2000 wieder im Campionato Nazionale Dilettanti bis 1998/99 bzw. in der Serie D 1999/2000. 2004 trat eine neugegründete ASCD Ebolitana 1925 auf. Nach Saisonen in der Serie D 2005/06 und 2006/07 sowie 2010/11 gab es mit dem Aufstieg in die viertklassige Lega Pro Seconda Divisione 2011 den größten Vereinserfolg. Das Abenteuer Profifußball endete nach einer Saison 2011/12 in der Pleite. Nach Neubeginn in der Prima Categoria spielte man 2017/18 noch einmal in der viertklassigen Serie D, aber endete auch hier bankrott. Nach wechselhaften Jahren mit verschiedenen Vereinsnamen, die diverse Spielberechtigungen von anderen Vereinen erwarben, tritt man nunmehr hier seit 2023/24 als ASD Ebolitana Calcio 1925 FC auf. Der Verein hatte die Spielberechtigung der Polisportiva L. Toriello in der Promozione übernommen, welche man 2023/24 gewann und somit 2024/25 in der Eccellenza spielt.
Das Stadio José Guimarães Dirceu wurde 2001 eröffnet und sieht damit älter aus, als es ist. Benannt ist das Stadion nach dem 1995 bei einem Autounfall in Rio de Janeiro 43-jährig verstorbenen brasilianischen Fußballer José Guimarães Dirceu, bekannt nur als Dirceu. Er hatte 1989 bis 1991 für die Ebolitana gespielt. Zuvor hatte er nach südamerikanischen Stationen wie Coritiba, Botafogo, Fluminense und Vasco da Gama in Brasilien und América in Mexiko in Europa erst für Atlético de Madrid und dann in Italien für Hellas Verona, Napoli, Ascoli, Como und Avellino gespielt. In der brasilianischen Nationalmannschaft spielte Dirceu 1973 bis 1986 26-mal, darunter auch bei den Weltmeisterschaften in Argentinien 1978 und Spanien 1982. Sein erstes Länderspiel für Brasilien war ein 1:1 im Wiener Praterstadion gegen Österreich am 13. Juni 1973 (42.000). Das Stadio Dirceu bietet bei voller Kapazität 15.000 Plätze im weiten Oval und ist damit nach dem Stadio Arechi das zweitgrößte Stadion der Provinz Salerno – zumindest solange nicht das Übergangsstadion als Spielstätte der Salernitana während des Arechi-Umbaus fertiggestellt ist. In der kampanischen Stadt Eboli leben 38.000 Menschen.
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