Samstag, 30. April 2022

Sampdoria – Genoa 1:0 (1:0)

Italien, Serie A, 35a giornata, 30.4.2022
Stadio Luigi Ferraris, 30.136

Ein Derby della Lanterna als Spitzenspiel im Tabellenkeller, das die Abstiegsfrage vorentschied. War die sportliche Ausgangslage schon dramatisch, so war der Ausgang noch dramatischer. Genoa hatte in Minute 95 eines eigentlich ausgeglichenen Matchs, am Ende der Nachspielzeit, einen (Hands-) Elfmeter als Chance auf den Ausgleich von Sampdorias Führung aus der 25. Minute. Doch der Elfmeterschütze scheiterte am Goalie. Sampdoria hat damit beide Saisonderbys gewonnen. Für Genoa ist es jetzt sehr eng.
Aus Frust über die Niederlage war in der Viertelstunde zuvor mehrmals Pyro aus der Gradinata Nord von Genoa auf das Spielfeld geflogen und hatte das Spiel verzögert. Bereits mehr als eine halbe Stunde vor Spielbeginn rollte hier auf den über den unteren Rang gespannten Schnüren eine Blockfahne in den rot-blauen Farben Genoas aus, die mit der Botschaft Un grande cuore così („Ein großes Herz wie dieses“) die neun Scudetti abbildete. Der neunmalige Meister (1898, 1899, 1900, 1902, 1903, 1904, 1914/15, 1922/23, 1923/24) und einmalige Cupsieger (1936/37) Genoa hatte zuletzt noch immer den Klassenerhalt in der Serie A geschafft. 2014/15 hätte man sich mit einem sechsten Meisterschaftsplatz sogar für die Europa League qualifiziert gehabt, erhielt aber aus finanziellen Gründen keine UEFA-Lizenz. Zu Spielbeginn ging die Fahne hinunter und es kam eine Zettelchoreographie mit dem Stadtnamen Genova vor ebenfalls rot-blauem Grund im unteren Rang und ein mit Fahnen dargestelltes Stadtwappen im oberen Rang zum Vorschein. Der Genoa Cricket and Football Club hat den englischen Stadtnamen Genoa im Vereinsnamen. Dieser wird aber italienisch ausgesprochen („dschenoa“ und nicht englisch „dschenua“) und ist dabei vom italienischen Stadtnamen Genova („dschenova“) zu unterscheiden.
Ebenfalls mit Stadtwappen versehen und in den so markanten blau-weiß-rot-schwarz-weiß-blauen Farbkombination Sampdoria war eine (auch auf Schnüren ausgerollte) große Überrollfahne im Süden gehalten. Gezeichnet von La Sud. Dazu als übergroßes Spruchband Passione e orgoglio di questa città („Leidenschaft und Stolz dieser Stadt). Am Ende konnte hier um die legendären Ultras Tito Cucchiaroni (1969) über den Derbysieg und wohl Klassenerhalt des einmaligen italienischen Meisters (1990/91), viermaligen Cupsiegers (1984/85, 1987/88, 1988/89, 1993/94) und einmaligen Europacupsiegers (Cup der Cupsieger 1989/90) Sampdoria gejubelt werden. Am Vortag hatte man die einkasernierte Mannschaft motiviert.
Zehn Jahre nach meinem Spielbesuch hier 2012 bot das Derby einen guten Anlass für einen erneuten Besuch in Genua. Die Excel-Liste verzeichnet 2.177 Fußballspielbesuche zwischen diesem und jenem Spiel. Über dieser Anzahl und im Verlauf eines Jahrzehnts habe ich tatsächlich als wesentliche Information vergessen, dass der bei Genoa-Heimspielen als Auswärtssektor fungierende Haupttribünenbereich hier kein normaler Haupttribünen-Sitzplatzsektor ist, sondern ein vorgespanntes Netz ebenso wie Fahnen Sicht und gute Fotos behindern. Vom Stimmungserlebnis war es im hierher erweiterten Fansektor zwar schon sehr gut, bei einem nächsten Besuch (in weiteren zehn Jahren 2032?) würde ich wohl aber nicht mehr eine Haupttribünenkarte kaufen. Aufgrund der beeinträchtigten Fotografierleidenschaft und weil ich von der Gradinata Nord akustisch leider nichts mitbekam.
Das Derby della Lanterna, benannt nach dem markanten Leuchtturm (lanterna) im Hafen von Genua, wäre das älteste Derby in Italien, wenn man die erste Begegnung von Andrea Doria und Genoa aus dem Jahr 1902 als Beginn nimmt. Sinnvollerweise kann man aber erst ab der Gründung der Unione Calcio Sampdoria aus der Fusion von Sampierdarenese (1891 gegründet) und Andrea Doria (1895 gegründet) im Jahr 1946 zählen. Seither gab es nunmehr 106 Pflichtspielbegegnungen mit 42 Siegen von Sampdoria, 26 Siegen von Genoa und 38 Remis.
Das 1911 als Heimstätte des 1893 gegründeten Genoa CFC nach dem Stadtteil benannt als Stadio Marassi eröffnete und 1933 nach dem Genoa-Spieler Luigi Ferraris benannte Stadio Luigi Ferraris ist seit dem Kauf durch die Stadt Genua 1946 auch die Heimstätte der Sampdoria und somit der Ort zahlreicher Derbys. Der für die WM 1990 an alter Stelle errichtete Neubau ist ein herrliches Stadion.
Vor dem Spiel wurde u.a. der für das Derby namensgebende Leuchtturm angeschaut und in Genua spaziert.

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