Dienstag, 23. Mai 2023

Wir sind schon auf dem Brenner, 4





Rezension

Wir sind schon auf dem Brenner
Ausgabe 4
April 2023
196 S.









„Wir sind schon auf dem Brenner“ hieß es zum vierten Mal aus München, wo in den Reihen der Schickeria ein großartiges Italien-Heft produziert wird. Nach der 2020 erschienenen Ausgabe 3 reichen die Spielberichte hier von Februar 2020 bis Dezember 2022. Mit der allseits bekannten Pandemie sind es eigentlich aber zwei Zeiträume, nämlich ein kurzer Februar 2020 und dann eine Strecke von Oktober 2021 bis Dezember 2022.
Überwiegend besteht das Heft aus Reiseberichten von verschiedenen Leuten über ihre besuchten Spiele in Italien. Was gibt es Schöneres als über Italien zu lesen? Der persönliche Schreibstil macht das Heft sympathisch. Manchmal mit mehr und manchmal auch mit weniger Details am Rande („Pizza war lecker, aber das ist ja in Italien nicht berichtenswert.“) Ich lese von den Spielen mit Informationsgewinn und tue das mit erhöhter Aufmerksamkeit bei Matches, bei denen ich selbst war, um die Eindrücke zu vergleichen. Das betrifft hier etwa Frosinone-SPAL (der Satz „Am Samstag war die Spielauswahl überschaubar.“ traf da auch auf mich zu) und Avellino-Foggia im Dezember 2021.

Eine zweiwöchige Italien-Tour im November/Dezember 2022 unter Ausnutzung der WM-Pause ist natürlich eine großartige Sache. So etwas machte ich aufgrund der Rapid-Freundschaftsspielprogramms zwar nicht, in Italien war ich aber auch ein bisserl. So war ich auch beim beschriebenen Spiel SC Pellegrini – ASD Borbonia Felix (ein Ground, kein Höhepunkt) zugegen. Ich erinnere mich, dass ich dort noch dachte, dass da doch Leute stehen, die mir bekannt vorkommen.

Erwartungsgemäß bekommt im Heft auch der Dezembertag 2022 mit erst Vis Pesaro gegen Cesena und danach Rimini gegen Ancona am 10.12.2022 seinen Platz. Das Doppel zog vor Ort ja sichtlich viele Leute aus dem Norden an. Das führt auch zu einer Grundsatzbemerkung von Patti: „Aber ein bisschen Contenance wahren, wäre schon nicht verkehrt. Weil lange wird das halt nicht mehr gut gehen, wenn bei einem Bumsspiel in der dritten Liga 15 Deutsche im Pressebereich sitzen und nicht mal einen Stift, geschweige denn einen Laptop, dabei haben, dafür aber als erste in der Halbzeit in den Presseraum rennen und die Snacks leerfressen. Von den Fotografen im Innenraum hatten manche nicht mal eine Kamera dabei. Die Vereine dort reden ja auch untereinander. Und dann kommt mal wieder ein Spiel, bei dem man kaum an Karten kommen kann und ohne Akkreditierung nur ganz schwer reinkommt. Und vielleicht werden dann halt mal pauschal alle diese halbseidenen Anfragen aus Deutschland einfach in die Ablage rund gepackt und am Ende stehen halt auch Leute, die wirklich zumindest für einen kleinen Kreis Berichte schreiben (fürs EF, BFU, die eigenen Hefte) vor den Stadien. Vielleicht mal nur jedes zweite oder dritte Spiel anfragen, vielleicht zumindest etwas den Anschein machen, ein ernsthafter Berichterstatter zu sein.“ Auch wenn ich davon betroffen bin, fühle ich mich hier mal nicht betroffen, da ich ja durchaus mit Kamera (hier) und/oder Laptop (sonst oft) „arbeitete“ und nicht nur so tue als ob. Die Bemerkung ist aber natürlich völlig richtig und wahr. Der Einschnitt wird angesichts der Entwicklung jedenfalls irgendwann kommen. Ich versuche bei solchen Gelegenheiten ohnehin, mich vom deutschen Mob ein wenig abseits zu halten (nicht meine primäre Bezugsgruppe) und war an besagtem Abend in Rimini daher bewusst auch nicht in der Stadionbar, in der wenig italienisch und viel deutsch gesprochen worden sein soll, wie man schon vor Ort mitbekam.

Eigene Kapitel beschäftigen sich mit Spezialthemen. So gibt es hier etwa im Abschnitt Ultras & Alkohol eine Liste an Ultrasgruppen mit Alkohol-Bezug im Namen. Mit schönen Details wie z.B. über die Sempre Al Bar von Monza: „Diese hingen ihre Fahne bei Auswärtsspielen stets falsch rum auf, wenn die Bar bzw. der Ausschank von Alkohol nicht erlaubt war.“ Weiters gibt es eine Geschichtsstunde zur Geschichte der italienischen Ultras in den 2000er Jahren, eine Fotostrecke aus Neapel zu Maradona-Streetart und eine weitere zu den Stadiongraffiti in Torre Annunziata. Berichtet wird natürlich auch wieder von Samb e Monaco über Bayern und Sambenedettese. Beim nächsten Mal dann auch Empoli?

Jedenfalls wieder eine sehr gute Lektüre. Man kann nicht genug über Italien lesen.

A5 / 7 € / erhältlich in der Südkurve München

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