Freitag, 13. November 2020

Wir sind schon auf dem Brenner, 3





Rezension

Wir sind schon auf dem Brenner
Ausgabe 3
Mai 2020
176 S.









Ganz und gar Italien gewidmet ist das Heft aus den Reihen der Münchner Schickeria. Der Titel „Wir sind schon auf dem Brenner“ dürfte sich von einem gleichnamigen Lied, das zur WM 1990 von dem Schlagersänger Udo Jürgens mit der deutschen Nationalmannschaft veröffentlicht wurde, sowie naheliegenderweise vom Weg über den Brennerpass, den man von München nach Italien nimmt, ableiten.

Die dritte Ausgabe vom Mai 2020 (das erste Heft war im März 2018 erschienen) bringt Berichte aus dem Jahr 2019 und der ersten Woche des Jahres 2020. Den Hauptteil des Hefts machen klassische Reiseberichte von Spielbesuchen aus, vom 19.1.2019 in Lecce bis zum 6.1.2020 in Bologna. Mehrere Autoren schreiben unterhaltsam von ihren Fahrten, Erlebnissen und dem in den Stadien Gesehenen. Zusammen mit den abgedruckten Fotos geht einem das Herz auf und man kommt beim Lesen und Betrachten unweigerlich ins Schwärmen. Wie leiwand Italien doch ist. Vor allem die Berichte aus Apulien sind spannend und ließen die Gedanken schweifen, wohin man selbst dorthin einmal wieder fahren will. Dazu denkt man bei Berichten unweigerlich an die eigenen Matchbesuche in manchen Orten zurück, wo es beim eigenen Spielbesuch dort manchmal besser und manchmal schlechter als hier beschrieben gewesen ist. Viele Sätze kann man unterschreiben, etwa zu Juve Stabia „Klar, es ist nicht die größte Szene, es ist nicht die lauteste Kurve, aber man merkt, dass das hier etwas sehr Kostbares und Besonderes ist.“ Nur bei einem im Heft berichteten Spiel war ich ebenfalls gleichzeitig vor Ort, dem großartigen Play-off-Spiel Triestina-Pisa, an das ich hier gerne erinnert wurde.

Ein eigener Abschnitt gehört Samb e Monaco. Es gibt einen Artikel über die Katastrophe im Stadio Ballarin 1981 sowie über die Bayern-Freundschaftsbesuche bei Sambenedettese zu lesen. Hier wird von acht Samb-Besuchen im Jahr 2019 in diesem Rahmen berichtet.

In Pisa machte man Sturm-Bekanntschaft: „Beim Einchecken hörte ich im Flur einen österreichischen Dialekt, was mich etwas stutzig machte, da bei Pisa bekannterweise die Grazer gern und oft zugegen sind. Nun, ich täuschte mich nicht, die Sturmflut hatte es in unser Hostel geschwemmt.“ Zunächst begegnete man sich noch nicht, aber später am Abend dann machte man Bekanntschaft mit österreichischer Anrede. „Als wir gemütlich unser ‚gutenachtott‘ auf der Terrasse rauchten, kamen auch die Grazer vorbei. ‚Heast, wer sads jetzt leicht ihr?‘ war die Frage derer.“ Danach musste dann auch noch das gegenseitige Verhältnis geklärt werden.
Eine Rapid-Nennung gibt es in Zusammenhang mit den aufgrund ausverkaufter Halle verpassten Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum der Fossa dei Leoni von Fortitudo Bologna per impliziter Erwähnung von Josef Gruber (Unterwegs): „Basketball ist zwar eh nicht unsere bevorzugte Ballsportart aber in so einer Halle kanns ja schon ganz cool werden (und wurde es auch, zumindest wenn man sich das Video eines bekannten Rapidlers dazu anschaut); aber so ist es halt im Leben, man kann nicht alles haben und sehen.“ Eine sehr richtige Lebenseinstellung.

Diverse Nachrichten aus der italienischen Fußball- und Ultrà-Welt aus Frühjahr und Herbst 2019, die im Heft zusammengefasst werde, lassen einen noch einmal manches ins Gedächtnis zurückrufen und anderes neu erfahren. Dazu finden sich hier ein Artikel über die Derbys in der Region Apulien, Teil 3 einer Geschichte der Ultras (auf zwei Seiten ein Einstieg über die 1990er Jahre) und interessante Eindrücke von der Ausstellung zu 50 Jahren Ultras Tito Cucchiaroni, die eine Woche im September 2019 in Genua zu sehen gewesen ist.

Ein ganzes Heft nur über Italien. Das ist genauso gut wie es klingt.

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