Samstag, 4. Januar 2020

Aris – PAOK 4:2 (2:1)

Griechenland, Super League 1, 17i Agonistiki, 4.1.2020
Stadio Kleanthis Vikelidis, ca. 23.000

Sensationell gewann Aris im ersten Derbysieg seit zehn Jahren gegen den griechischen Meister und Tabellenführer PAOK. Dabei gingen die Gäste nach zehn Minuten in Führung und alles schien den erwartbaren Lauf zu nehmen. Doch als aus dem Nichts wenige Minuten später der Ausgleich fiel, schien ein Ruck durch die Mannschaft und auch das Publikum auf den Rängen zu gehen. Das Spiel wurde gedreht und verdient gewonnen. Zu den vier Treffern kam auch noch ein wegen Abseits aberkanntes Tor.
Es waren Pyro-Festspiele. Zu hunderten leuchteten Bengalen auf allen Tribünen zum Intro, zur Feier der vier Tore und auch zwischendurch laufend. Dazu gab es mehrmals Feuerwerk. Der Aris-Anhang um die Super 3 (1988 gegründet), mit sichtbaren Gästen von AS Saint-Étienne, Borussia Dortmund und Boca Juniors, feierte. Emotional war man hier aber nicht nur in einem bestimmten Fanblock sondern auf allen Tribünen.
Gästefans sind hier schon seit vielen Jahren verboten. Die Rivalität zwischen Aris und PAOK rührt historisch aus dem Gegensatz zwischen dem alteingesessenen, bürgerlichen Aris und den armen, proletarischen Flüchtlingen und Vertriebenen Griechinnen und Griechen aus İstanbul und der ägäischen Ostküste, die 1923 nach dem verlorenen Krieg zur versuchten Eroberung Kleinasiens zu hunderttausenden hierher kamen. Insgesamt steht die Bilanz nun bei 37 Aris-Siegen, 48 Remis und 51 PAOK-Siegen.
Aris (ΠΑΕ Άρης) wurde 1914 gegründet. Namenspatron ist der antike Kriegsgott Ares (Άρης) und es waren auch kriegerische Zeiten, als der Verein im soeben von Griechenland eroberten und verteidigten Thessaloniki gegründet wurde: Die beiden blutigen Balkankriege 1912/13 waren gerade vorbei und der Erste Weltkrieg stand vor der Tür. Dazu kam, dass Ares mythologisch ein Gegenspieler von Herakles war, nach dem sich Iraklis benannt hatte.
Dreimal gewann Aris die griechische Meisterschaft (1928, 1932, 1946) und einmal den Cup (1970). Der Cupsieg 1970 wurde im Finale gegen den nunmehrigen großen Stadtrivalen PAOK errungen. Zuletzt stand man 2010 im Cupfinale, begleitet von 25.000 Aris-Fans im Athener Olympiastadion. Wenige Jahre später ging der Verein aber pleite und wurde in die dritte Liga verbannt. 2015 verpasste man den Aufstieg in die zweite Liga, stellte aber einen Antrag an den Griechischen Fußballverband dennoch aufsteigen zu dürfen. Nachdem dieser abgelehnt wurde, gab es von 26. bis 31. August 2015 tagelange Demonstrationen von 10.000 Aris-Fans in den Straßen Thessalonikis. Nach heftigen Ausschreitungen gegen die Polizei gab es Verhaftungen, aber keinen Aufstieg. Dieser folgte erst eine Saison später 2016 und seit 2018/19 spielt man wieder in der ersten griechischen Liga.
1974 traf Aris in der ersten Runde des UEFA-Cups auf Rapid. Rapid stieg mit 3:2 (3:1 im Praterstadion) und 1:0-Niederlage in Saloniki auf. 2010 warf Aris dankenswerterweise die Wiener Austria mit 1:0 hier und 1:1 am Horrplatz aus der Europa-League-Qualifikation.
Mit Thomas Kössler wirkte bereits von 1927 bis 1929 ein Österreicher bei Aris als Trainer. Ihm folgten 1955 Ernst Netuka (später 1967 dänischer Teamchef für acht Spiele), 1958 Carl Panagl (spielte einst beim Wiener Sportclub und bei bei Red Star) und 2002 der Ex-Rapidler Bernd Krauss.
Das Stadio Kleanthis Vikelidis (Στάδιο Κλεάνθης Βικελίδης) wurde 1951 eröffnet. Es ist nur eineinhalb Kilometer vom PAOK-Stadion entfernt. 1972 erfolgte eine Überdachung der Haupttribüne und 1975 kam die Fantribüne hinter dem Tor im Norden hinzu. Die Tribünen stehen eng und steil zwischen den angrenzenden Straßen und dem Spielfeld. Im Zuge der Baumaßnahmen für die Olympischen Spiele von 2004, bei denen hier trainiert wurde, wurde die zweirangige Haupttribüne neu errichtet und das Stadion mit 23.220 gelb-schwarzen Plastiksitzen in den Vereinsfarben versehen.
2004 wurde das Stadion nach Kleanthis Vikelidis umbenannt, legendärer Aris-Spieler und griechischer Meister von 1932 und 1946. Vorher wurde das Stadion Gipedo Areos (Γήπεδο Άρεως) oder Gipedo Charilaou (Γήπεδο Χαριλάου) genannt. Charilaou oder Harilaou ist der Name des Stadtteils und als Stadionname immer noch gebräuchlicher. Das Stadion war bereits beim ersten Thessaloniki-Aufenthalt 2012 einmal leer besichtigt worden.
Wie damals wurde auch diesmal, mit anderer Route, die Stadt Thessaloniki besichtigt.

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