Freitag, 27. Mai 2022
Vienna – Wiener Sport-Club 2:2 (1:1)
Regionalliga Ost, 25. Runde, 27.5.2022
Hohe Warte, 7.260
7.260 Leute beim für zumindest eine Saison letzten „Dörbi“ mit der Meisterfeier der Vienna. Eine für ein österreichisches Drittligaspiel mehr als ansehnliche Kulisse beim bereits zuvor feststehenden Ostliga-Meister und Aufsteiger in die Liga Zwa. Dorthin kehrt die Vienna nach dem Abstieg zum 120-jährigen Vereinsjubiläum 2014 nun nach acht Jahren, welche den Verein nach dem Ausscheiden aus der Ostliga zur Winterpause 2017/18 bis in die Fünftklassigkeit hatten abstürzen lassen, zurück. Die überraschende Führung des Wiener Sport-Club glich die Vienna zunächst schnell aus und ging dann später auch 2:1 in Führung. Dabei blieb es aber nicht, da der WSC zum Jubel seines Anhangs in den Schlussminuten noch das 2:2 erzielte. Der Punktgewinn brachte dem Sportclub den dritten Tabellenplatz und somit die beste Platzierung seit dem Zweitliga-Abstieg 2003.
Die Begegnung hatte nach der Rückkehr der Vienna in die Ostliga 2021 auf der Hohen Warte erstmals seit November 2016 wieder stattgefunden. Einen Teil der auch an diesem Abend wieder zu erlebenden Anziehungskraft für Publikum von nah und fern macht die Marketingzuschreibung Derby of Love aus. Sie ist zwar einst aus Fanzusammenhang entstanden, aber ihres ursprünglichen Gehalts schon lang entledigt. „Grundsätzlich ist etwas nicht gleich Liebe, nur weil es zufälligerweise nicht ‚Hass‘ heißt.“ war etwa schon vor Jahren aus der Vienna-Fanszene zu lesen gewesen. Differenzierung geht im Trubel aber regelmäßig unter.
„Ned rean!“ gab die Choreographie im Vienna-Fanblock dem Sportclub zum Abschiedsderby mit. „Always look on the bright side“ war dazu als Spruchband zu lesen und wurde auch gesungen. Wieviele der Zuschauerinnen und Zuschauer den „Nicht weinen!“-Choreospruch nicht verstanden haben, ist nicht festzustellen. Aber es gibt ja in den Weiten des Internetz Übersetzungshilfen für das österreichische Deutsch. Das interkulturell leichter verständliche „We are top of the league!“ konnten die Vienna-Fans ein zumindest in der Ostliga letztes Mal mit Inbrunst schmettern. Mit Aktionen in der zweiten Halbzeit wurden die Spieler gefeiert und schließlich gab es zur Feier des Tages auch noch ordentlich Pyro. Eine weitere Meisterfeier nächstes Jahr wird schließlich doch bedeutend schwieriger.
Zu Wochenbeginn hatten Vienna Rude Girls und Sektion Menstruation Unstimmigkeiten in der Vienna-Fanszene über den Umgang mit mehreren Fällen von sexuellen Übergriffen öffentlich gemacht. Die bereits vor knapp zwei Jahren ihre Aktivitäten ruhend gestellt habende Gruppe antifa döbling erklärte sich solidarisch und gab mit Bezug dazu die Einstellung ihrer Aktivitäten nun auch öffentlich bekannt. Ein die ganze Zeit über hängendes Banner am Gästesektor „Sexisten verpisst euch, niemand vermisst euch! Stay Rude Grrrls!“ solidarisierte sich mit den betroffenen Frauen.
„Hohe Warte – tiefer Fall. Seid's vuasichtig & losst's eich nix gfoin!“ richtete ein Spruchband der Friedhofstribüne in der zweiten Spielhälfte mit popkulturellem Zitat der Vienna aus. Die Sportclub-Mannschaft wurde für das Derby-Remis beim Meister nach Schlusspfiff vom Sportclub-Anhang gefeiert und mit Gesängen für das anstehende Ostligacup-Finale motiviert.
Die offizielle Zahl von 7.260 Besucherinnen und Besuchern hat an diesem Abend sogar die 6.554 Zuschauerinnen und Zuschauern beim mit Corona-Schutzmaßnahmen und Organisationsproblemen am Sportclub-Platz ausgetragenen Spiel im Herbst übertroffen. Die normale zugelassene Kapazität von 4.500 Plätzen auf Haupttribüne und Stahlrohr war mit einer Sondergenehmigung auf 7.500 erhöht worden. Mit Farbe und Absperrband waren Sektoren im frisch gemähten Gras am Hang markiert. Bereits mit Blick auf die Zweitliga-Anforderungen gibt es zusätzlich zum Haupttor jetzt auch einen über den Aussichtsweg auf der Nordseite erreichbaren Zugang für Auswärtsfans. Der für viele Leute wichtigste Kritikpunkt bei all den Derbys in den Jahren zuvor, blieb auch diesmal bestehen: Der Großteil des Publikums konnte wählen, hungrig und durstig zu bleiben, oder sehr lange an den Ständen Schlange zu stehen.
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