Freitag, 13. Mai 2022
Ascoli – Benevento 0:1 (0:1)
Italien, Serie B Playoff, turno preliminare, 13.5.2022
Stadio Cino e Lillo Del Duca, 10.797
Ascoli verlor das Playoff-Spiel im ausverkauften Stadion gegen Benevento und schied aus dem Rennen um die Serie A aus. Ascoli hätte als Tabellensechster durch die bessere Meisterschaftsplatzierung gegen den Siebten Benevento ein Remis gereicht. Benevento musste gewinnen und tat das mit einem Goldtor in Minute 38. Ascoli wollte die Rückkehr in die Serie A nach fünfzehn Jahren schaffen, drückte am Schluss auf das 1:1 und hatte wenige Minuten vor Schlusspfiff noch einen Matchball, den aber der Goalie abwehrte. Spannung war am Spielfeld ersichtlich. Mehrere Rudelbildungen gab es, sogar nach Spielende noch. Nach VAR-Kontrolle am Bildschirm wurde ein Ascoli-Spieler dabei für die letzten Minuten nach einer Insultierung ausgeschlossen.
Benevento trifft nun am Dienstag im Playoff-Semifinale auf den Tabellendritten Pisa. In der anderen Vorrundenbegegnung machen sich Brescia (5.) und Perugia (8.) den Semifinalgegner von Monza (4.) aus.
Die Spannung war nicht nur am Spielfeld zu sehen sondern auch auf den Rängen im Stadion zu spüren. Das Stadion war nach einer eintägigen geschützten Vorverkaufsphase im freien Verkauf nach zwei Stunden ausverkauft gewesen. Nur im Auswärtssektor blieben Plätze frei. Von den 900 aufgelegten Karten wurden dort 509 verkauft. Bereits vor dem Spielbeginn prägten Gesänge und die eine oder andere Pyro die Stadionatmosphäre. Die Ultras aus Benevento kamen ein wenig zu spät, zeigten dann aber einen immer wieder von Pyro unterstützten durchgehenden und anscheinend auch geschlossenen Support. Die Curva Nord, der Ausweichstandort der Ascoli-Ultras, war im oberen Rang brechend voll. Leere Plätze im unteren Rang deuten daraufhin, dass da wohl einige Leute den Weg nach oben fanden. Raggiungi l'obiettivo (Erreiche das Ziel) gab das von Pyro begleitete Spruchband die Richtung für Ascoli zu Spielbeginn vor. Selbst nach dem Rückschlag des Gegentors gab es das ganze Spiel über kräftigen Tifo.
Die Ultras 1898 wurde 2012 als Zusammenschluss zahlreicher Ultrasgruppen gegründet und führen die Kurve an. Daneben gibt es aber weiter kleinere Gruppen. Historische Ultrà-Hauptgruppe war bis 2005 Settembre Bianconero (SBN), die sich 1974 nach der für die Ermordung israelischer Sportler bei den Olympischen Spielen von München 1972 verantwortliche palästinensischen Terrorgruppe Schwarzer September benannt hatte. Bei einer Straßenschlacht, nachdem ein Bus der Skinheads von Inter an der Ascoli-Kurve vorbeigekommen war, wurde 1988 Nazareno Filippini, einer ihrer Anführer so schwer verletzt, sodass er drei Wochen später starb. Eine Gedenktafel erinnert an ihn auf der Brücke, die zum Stadion führt.
Nach dem Bau der neuen Längsseitentribüne und dem Abbau der Stahlrohrtribüne vor der Curva Sud zogen die Ultras zunächst 2019 dorthin. Da der Standort auch Probleme mit sich brachte, zog die Fanszene von Ascoli zuletzt weiter in die Curva Nord, wo man sich am entgegengesetzten Ende zum Auswärtssektor postiert.
Eine heftige Rivalität verbindet Ascoli mit Sambenedettese. Tote gab es dabei sowohl am Spielfeld als auch abseits davon. 1965 erlitt der Ascoli-Tormann Roberto Strulli durch das Knie eines Sambenedettese-Spieler einen Kieferbruch und starb nach 14 Stunden im Koma im Spital. 1986 starb ein Sambenedettese-Ultra an den Folgen eines Messerstichs bei einer Auseinandersetzung.
Auf der Längsseite gibt es u.a. den 1983 gegründeten Fanclub Vienna Bianconera, nach Eigendefinition „Dal Prater di Vienna ad Ascoli Piceno“.
Der Ascoli Calcio 1898 FC wurde 1898 als Società Sportiva Candido Augusto Vecchi gegründet. Der Vereinsname erinnerte an den 1869 verstorbenen Candido Augusto Vecchi, der als Offizier der Freiwilligenarmee von Garibaldi an den Kriegen zur Begründung eines einheitlichen Staats Italien teilgenommen hatte. Hauptsächlich widmete man sich dem italienischer Nationalsport jener Zeit, dem Fahrradsport. Es gab aber auch schon Fußball, bis 1907 aber ohne regulären Spielbetrieb nur in Freundschaftsspielen. 1905 benannte sich der Verein aus politischen Gründen in Circolo Sportivo Vigor um. Nach Unterbrechung im Ersten Weltkrieg begann man 1919 wieder Fußball zu spielen und 1921 wurde die US Ascolana gegründet, die sich 1926 wieder Circolo Sportivo Vigor nannte und aus der 1929 dann die S.S. Ascoli wurde. Aus finanziellen Gründen wurde dieser Verein zu Saisonende 1933/34 aufgelöst. Als Nachfolgeverein gab es unter faschistischen Vorzeichen die Fascio Giovanile di Combattimento (FGC) di Ascoli, die sich 1935 wieder sportgemäßer S.S. Ascoli benannte. Nach der erneuten Unterbrechung im Zweiten Weltkrieg begann 1945 die AS Ascoli neu. 1955 brachten der Abstieg in die fünftklassige Promozione und hohen Schulden den Verein in eine Existenzkrise. Man fragte beim aus der Provinz Ascoli stammenden Filmproduzenten Cino Del Duca an, der den als S.S. Lillo Del Duca spielenden Fußballverein seines Heimatorts Montedinove mit der AS Ascoli fusionieren ließ und mit Geld aushalf. Man trat nun als AS Del Duca Ascoli an. Der Verein wurde saniert und kletterte wieder die Ligen hinauf. 1972 stieg man erstmals in die Serie B auf, verzichtete nun auf den Namen des 1967 verstorbenen Del Duca und hieß nun Ascoli Calcio 1898. 1974 schaffte man den Aufstieg in die Serie A. Insgesamt 16 Saisonen hat Ascoli 1974/75 bis 1975/76, 1989/79 bis 1984/85, 1986/87 bis 1989/90 1991/92 sowie 2005/06 und 2006/07 in der Serie A gespielt. Der größte Erfolg war der vierte Tabellenplatz 1979/80. Am meisten Zeit war man in den vergangenen fünf Jahrzehnten in der Serie B: 25 Saisonen 1972/73 bis 2021/22. Im Dezember 2013 ging Ascoli Calcio 1898 in der drittklassigen Lega Pro pleite. Die Konkursmasse wurde versteigert und von einem Unternehmer gekauft, der einen neuen Ascoli Picchio FC 1898 geründete. Der Fußballverband FIGC übertrug die Rechte und Spielberechtigung des alten Vereins an den neuen Klub, sodass dieser in der Lega Pro weiterspielen konnte. 2018 verkaufte der Besitzer den Klub an neue Eigentümer, die ihn nunmehr Ascoli Calcio 1898 FC benannten.
Das Stadio Cino e Lillo Del Duca wurde 1962 nach sieben Jahren Bauzeit eröffnet und ersetzte die alte Spielstätte Stadio Ferruccio Corradino Squarcia, wo man seit 1925 gespielt hatte. Anfangs wurde das Stadion nach der Straße informell Stadio delle Zeppelle genannt und später offiziell nach den Brüdern Del Duca benannt, die Mäzene des Fußballs von Ascoli waren. Ursprünglich bestand das Stadion aus nur dem umlaufenden unteren Rang und zwei Längsseitentribünen mit überdachter Haupttribüne und unüberdachter Distinti mit Platz für 15.000 Zuschauerinnen und Zuschauer. Mit dem Aufstieg in der Serie A 1974 wurde mit zwei großern oberen Rängen der Kurven die Kapazität auf 36.000 Plätze erhöht. In den 2000er Jahren wurde die zugelassene Kapazität auf 20.550 Plätze reduziert. Aufgrund statischer Probleme wurde 2015 die unüberdachte Längsseitentribüne Tribuna Est abgerissen. Das schwere Erdbeben von 2016 beschädigte das Dach der Haupttribüne und die Struktur der Curva Sud. Die Kurve musste gesperrt werden. Für die Ultras wurde davor im Innenraum eine Stahlrohrtribüne errichtet. 2019 wurde die moderne neue Längsseitentribüne Tribuna Mazzone fertiggestellt. Die gesperrte Kurve wurde 2020 abgerissen. Da nach Eröffnung der neuen Längsseite auch die Stahlrohrtribüne abgebaut wurde, klafft seither südseitig im Stadion ein Loch. Aus Erdbebenhilfsgeldern soll hier eine neue Tribüne gebaut werden. Irgendwann.
Vor dem Spiel wurde die Stadt Ascoli Piceno besichtigt.
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