Freitag, 13. Januar 2023
Das Fußballstadion
Rezension
Josef Gruber
Das Fußballstadion
Lost Grounds und Stadien abseits der Moderne
Unterwegs Fanzine Verlag 2022
230 S.
„Nostalgie pur und immer abseits der Moderne!“ lautet ein Satz des Vorworts, in dem Josef Gruber den Inhalt seines Buchs über Fußballstadien beschreibt. Als Fanzineautor (Unterwegs Fanzine) und Buchautor (zuletzt Lo stile di vita) zu Ultras und Fankultur ist er bekannt. Hier zeigt er erstmals gesammelt eine zweite Leidenschaft: „Vor 25 Jahren habe ich (Jahrgang 1975) begonnen, leere Grounds zu fotografieren.“ In bewährter Manier erklärt Gruber in einem Interview im Buch die Beweggründe zur Entstehung dieses Werks und die Kriterien der Auswahl. Zu sehen sind Bilder leerer Stadien aus Österreich und seinen Nachbarländern sowie Polen, die Gruber selbst besucht und fotografiert hat. Nicht jedes in Frage kommende Stadion passte „dem eigenen Ordnungswahn geschuldet“ in dieses Konzept. Die auf den 230 Seiten versammelten Bilder aus einem Vierteljahrhundert Stadionfotografie sind aber mehr als genug, um so richtig ins Staunen zu kommen. Da ist etwa gleich das Format des Buchs voll ausnützend auf den Seiten 10/11 über zwei ganze Seiten die Tribüne des Stadio della Vittoria in Macerata abgebildet und man kann nicht anders als sie mit großen Augen zu bewundern. Seite um Seite beinhaltet das Buch hunderte Fotos herrlicher alter Stadien aus Deutschland, Italien, Österreich, Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn. Die Liste reicht von der Adolf-Jäger-Kampfbahn in Hamburg-Altona bis zum Várkői Ferenc Diáksport Központ in Pécs. Es ist aber keineswegs ein reines Fotobuch. Josef Gruber hat zu jedem Stadion einen Text verfasst, in dem er seine Eindrücke und die Zeitumstände des Besuchs und der Besichtigung ebenso verarbeitet wie eine penibel recherchierte Stadiongeschichte. Die abgedruckte Quellensammlung zeigt, dass er dabei umsichtig vorging und auch schon mal offene Fragen im direktem Kontakt klärte. So holte er bei der Adolf-Jäger-Kampfbahn eine schriftliche Auskunft des Denkmalamts zum Denkmalschutzstatus ein. Der kolportierte Denkmalschutz des älter aussehenden, aber nach 1945 errichteten Eingangstors „geht auf einen falschen Eintrag bei Wikipedia zurück“ schrieb man ihm dort. Es geht eben doch nichts über gewissenhaftes Vorgehen und auf fundierten Quellen anstelle Copy/Paste basierendem, überlegten Schreiben. Bei eigenen Stadionbesuchen interessiert mich die Geschichte auch immer sehr, wie Leserinnen und Leser meines Blogs wohl nicht entgangen sein wird. Obwohl ich durchaus mit Know How ausgestattet bin und versuche, das ordentlich zu machen, kann ich dabei letztlich aus Zeitgründen viel zu oft nur an der Oberfläche kratzen. So ein Buch ist da schon ein ganz anderes Kaliber. Ein wenig durfte ich bei der Entstehung helfen und werde an der einen oder anderen Stelle im Text sogar zitiert. Die viele Arbeit, die Josef Gruber hineingesteckt hat, merkt man dem Buch an und macht es sehr wertvoll. Es reiht sich in die Reihe großer Stadionbücher ein.
A4 Format / 28,90 € / Kontakt unterwegsfanzineverlag.at
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