Dienstag, 28. April 2020

Höllenritt 5




Rezension


Höllenritt
elitär unterwegs
Ausgabe 5
128 S.









Im Fanzine Höllenritt – elitär unterwegs liest man von den Spielbesuchen des Fanclubs Höllenreiter – Das Elite-Gesindel bei der BSG Chemie Leipzig sowie von Groundhopping in acht Ländern.

41 der 82 Spielberichte im Heft behandeln die Chemie-Spiele der Saison 2018/19: Alle Spiele in der Oberliga Nordost Staffel Süd zwischen Regionalliga-Abstieg und Regionalliga-Aufstieg, die Highlights im DFB-Pokal und Testspiele. Der erste Bericht im Heft ist ein Chemie-Sommertestspiel im Juni 2018. Weitaus spannender wurde dann aber der Bericht vom Wintertrainingslager in Pilsen, wo die Fanszene von Viktoria Plzeň erst durch Mobilisierung ein Testspiel ihrer U21 gegen Chemie Leipzig zur Absage aus Sicherheitsgründen brachte (Hintergrund ist hier wohl v.a. die politische Differenz) und es dann auch noch zu einem Aufeinandertreffen in der Hotellobby kam.
Saisonhöhepunkt war der DFB-Pokal-Erstrundensieg des Fünftligisten Chemie Leipzig gegen den Zweitligisten Jahn Regensburg. „Dies war definitiv das beste was ich je in Leutzsch erlebt habe.“ wird dieser Tag euphorisch bilanziert. Der Sieg brachte aufgrund der Weigerung des DFB, das Zweitrundenspiel am Feiertag-Nachmittag auszutragen, das erste Flutlichtspiel in der Geschichte des Alfred-Kunze-Sportparks − mit aus England per LKW herangekarrten mobilem Flutlicht. Denn die Benefizspieleserie zur Finanzierung des Flutlichts läuft noch, im Heft findet sich der Bericht vom Spiel gegen Fortuna Düsseldorf im Rahmen dieser Kampagne.

Einiges an internationalen Reiseberichten im Heft kommt durch berufsbedingten Fahrten eines Mitglieds zu Europacupspielen von RB Leipzig zustanden. Weiters ist man neben einer Schweden-Reise (in unterschiedlicher Zusammensetzung) gleich zweimal beim tschechischen Mostecký FK in Most zu Gast. Bei ersten Besuch gab es Klobása, beim zweiten nicht − aber aber dafür ein anderes Erlebnis mit den bei fast jedem tschechischen Spiel in dieser Gegend so auch dort zahlreich anwesenden Fußballtouristen: „Neben ein paar Auern, die man kannte und mit denen man kurz quasselte, befanden sich unter den 100 Zuschauern auch Hopper aus Bremen, Braunschweig, Offenbach, Siegen, Kassel und Halle. Die Kollegen aus der Assistadt an der Saale schossen dabei aber den Vogel ab. Diese setzen sich hinter die Auer mit denen wir gerade redeten und checkten äußerst lautstark die Groundhopper App, wobei sie fast schon schreiend mit den Worten ,Boar zweimal Chemie, viermal Schacht!‘ feststellten, wer da ist.“

Neben dem internationalen Reisen gibt es vor allem aus dem deutschen Fußball einige Berichte. So liest man hier etwa vom 125-jährigen Jubiläumsspiel des ältesten Fußballvereins Sachsens, SV Lipisia 93 Eutritsch, zu dem dieser 2018 standesgemäß den ältesten Fußballverein der Welt, den Sheffield FC, zu Gast hatte. Oder man liest von BSG Motor Zschopau gegen FSV Zschopau/Krumhermersdorf im dortigen Stadion in der Sandgrube. Geographische Horizonterweiterung ist immer gut.

Sonntag, 26. April 2020

Athleticker, April 2020




Rezension


Athleticker
So tickt die Kurve
April 2020
46 S.









Ein halbes Jahr nach dem letzten Heft erschien die fünfte Ausgabe des Fanzines der Landstrassler des LASK, doch diesmal aufgrund der Umstände des Wegfalls des Fußballs in der Coronaviruskrise nur online. „In Zeiten von Corona-induzierter (in der restlichen Ausgabe wird dieser unsägliche Virus in keinem Wort mehr erwähnt, versprochen) Quarantäne, Selbstisolation und Einsamkeit vertreiben die folgenden Berichte vielleicht zumindest für einige Momente die Langeweile.“ heißt es im Vorwort.

Ein besonderes Schmankerl bietet erneut der Geschichtsrückblick in die Europacup-Vergangenheit von einem Zeitzeugen. Er erzählt von der Auswährtsfahrt zu Baník Ostrava 1985. Zwölf Fans wagten es, die Reise in den Ostblock anzutreten und im Bus der Mannschaft mitzufahren. Der Verein übernahm die Abwicklung der Einreiseformalitäten und Visa. Der Autor betätigte sich auch als Schmuggler, indem er der Oma einer Freundin Lebens- und Genussmittel über die Grenze mitbrachte und dafür im Gegenzug Porzellan für die Rückreise nach Linz erhielt. Von der Stadt Ostrava gewann man einen positiven Eindruck, „hatten wir doch stets das Bild der grauen, tristen sozialistischen Stadt vermittelt bekommen. Stattdessen standen wir auf einem wunderschönen, lebendigen Stadtplatz, der sich in seiner Form bis heute kaum veränderte. Außerdem waren in der ganzen Stadt verteilt Ankündigungsplakate zu sehen, die der Bevölkerung das Spiel gegen ‚LASK Linec‘ anpriesen.“ Die Aufnahme der Gäste im Stadion Bazaly war freundlich, trotz des LASK-Siegs und Weiterkommens im UEFA-Cup: „Nach dem Spiel belagerten viele junge Burschen unseren Bus um Nettigkeiten auszutauschen, allerdings im wörtlichen Sinne: Sie wollten Schals tauschen und sich von den Spielern Autogramme holen. Andere Zeiten, andere Sitten.“

Im Fanzene-internen Interview ist diesmal nach einer Gruppe im letzten Heft der Athletik-Sprühklub zu Gast, also die Sprayer. Gefragt zur Präsenz ihrer Graffiti auch außerhalb der Stadtgrenzen von Linz sagen sie etwa: „Eine einfache Frage, welche sich sehr gut mit der allgemeinen Anhängerstruktur des LASK erklären lässt. Wie die breite Masse an LASK-Fans, sind auch die Leute unserer Gruppe nicht nur in Linz wohnhaft, sondern auf den gesamten Zentralraum verteilt.“ Erschreckend ist die Erzählung, dass vor der Polizei flüchtenden Sprayern einmal tatsächlich „Stehenbleiben, oder ich schieße!“ nachgerufen und Warnschüsse abgefeuert wurden. Schusswaffengebrauch wegen Farbe an der Wand!

In einem interessanten Rückblick wird das vergangene Jahrzehnt reflektiert. Beginnend mit LASK-Rapid am 12.2.2010 mit Halbzeit-Stimmungsboykott über das erste Linzer Derby nach dem LASK-Abstieg 2011, anlässlich dessen man zu den Linzer Verhältnissen feststellt: „Dass die Machtverschiebungen im Laufe des Jahrzehnts immer mehr zu einem Gewaltmonopol des Glorreichen bis hin zum allgemeinen Selbstverständnis einer schwarz-weißen Hegemonialmacht führen sollten, ist aus heutiger Sicht unstrittig.“ In der Regionalliga angekommen trat der LASK 2012 in Vöcklamarkt an.
„Da bereits im Vorfeld absehbar war, dass man sich auf Seiten des Heimpublikums mit fremden Federn schmücken würde, ergriff man die Möglichkeit, die beschauliche Marktgemeinde der geballten Stahlstädter Asozialität auszusetzen. ‚Fans des LASK verbreiteten in Vöcklamarkt Angst und Schrecken‘ titelte eine renommierte österreichische Tageszeitung darauf. Pflicht erfüllt.“
An die Kuriosität des Austragungsort des Spiels Austria Salzburg gegen den LASK in Wien-Floridsdorf 2015 wird erinnert und dies als „Highlight der etwas anderen Art und Weise des abgelaufenen Jahrzehnts“ bilanziert (in der Rückrunde wurde diese Begegnung 2016 in St. Pölten ausgetragen, was hier aber nicht vorkommt). Gebührenden Platz nehmen in der Aufzählung markanter Spiele des Jahrzehnts natürlich auch das fest in Erinnerung gebliebende Cup-Semifinale in Hütteldorf 2017 ein oder die erste Europacupauswärtsreise in zwei Jahrzehnten nach dem Hinspielsieg gegen Lillestrøm 2018 sowie das Auswärtsspiel in Basel 2019.

Eine schöne Sache in Fanzines ist es, sich mit eigenen Fangesängen näher auseinanderzusetzen. Dieser heute oft verschüttete Gedanke, dazu ein wenig Hintergründe zu bieten, wird hier mit einem 2010 erfundenen und seither oft zu hörenden Gesang umgesetzt. Weiters gibt es im Heft einen Comic und im Rahmen einer Mediensatire verpackt einen Aufruf zur Unterstützung der Rettungskampagne für den Ballesterer rettet.den.ballesterer.at.

Grundsätzliche Worte zum Verhalten im Fanblock finden sich auch im Athleticker − hier zum Becherwerfen. Als „wichtigster aller Gründe“ (nach mehreren anderen durchdiskutierten Punkten) wird genannt: „Man schüttet ganz einfach kein Bier weg.“ Wie es sich mit Fischen verhält, wird leider nicht geklärt.

Donnerstag, 23. April 2020

Erlebnis Fußball, 80





Rezension

Erlebnis Fußball
Ausgabe 80
April 2020
194 S.










Von Taranto im Süden Italiens hat man viel Gutes gehört. Abgesehen von einem Umstieg am Bahnhof auf der Durchreise (von Foggia nach Crotone), wo ich außer dem Bahnsteig nichts gesehen habe, hat es mich dort allerdings noch nie hinverschlagen. Daher bietet ein Schwerpunkt über Tarantos Ultraszene in Zeiten, wo Reisen auf noch unabsehbare Zeit nicht mehr möglich sein werden, hier das Eintauchen und Informationssammeln in der dortigen Welt. Man liest Interviews mit den Ultrapaz und Gruppo Zuffa und kann durch eine chronologische Anordnung auch das Zustandekommen der Texte nachvollziehen: Von sich mit Saarbrücken entwickelnden Kontakten über Einführung der Leserinnen und Leser mit einem in Übersetzung abgedruckten Interview von sportpeople.net bis hin zu einem Reisetagebuch. Mitsamt sehr guten Fotos sind das über sechzig Seiten, die einen zwischen Staunen und Faszinieren schwanken lassen.

Ähnlich ist das mit einem zweiten spannenden Block, nämlich über das bosnisch-herzegovinische Velež Mostar. Da gibt es einerseits eine Einführung in die Geschichte der Stadt, des Vereins und der mit der Aufteilung der Stadt im gegenseitigen Massenmorden des Bürgerkriegs der 1990er Jahre untrennbar verbundenen Entstehung des Derbys mit dem als kroatischem Stadtverein wieder- bzw. neuentstandenen Zrinjski Mostar. Ohne den geschichtlichen Zusammenhang kann man das Derby nicht verstehen. Weiter hinten im Heft gibt es noch einen aktuellen Derbybesuchsbericht eines Redaktionsmitglieds vom Juli 2019.

Mittlerweile schon von gewohnter Reiselust machender Stärke ist wieder der Italien-Groundhopping-Teil, darunter u.a. mit dem beachtlichen Giro d'Italia von Klemens G. im Oktober 2019. In diesem Heftteil ist für den Vergleich der Eindrücke durchaus interessant, dass hier manche Vereine/Stadien im Verlauf des Berichtszeitraums bei verschiedenen Spielen von unterschiedlichen Fußballreisenden besucht wurden.

Weiters gibt es im Heft u.a. Berichte von einem Streifzug durch Łódź und von Slovan Bratislava gegen PAOK (mit Bildern von mir), eine Buchvorstellung samt Interview zur Übersetzung des Buchs Stadionrebellen sowie einen Bericht vom Erfurter Besuch bei der Hundertjahrfeier von Massese.

Montag, 20. April 2020

Ya Basta! 42




Rezension


Ya Basta!
Ausgabe 42
April 2015
156 S.









Im April 2015, vor fünf Jahren, erschien eine Ausgabe des 2017 eingestellten Nürnberger Fanzines Ya Basta! mit einem lesenswerten Schwerpunkt zur Nürnberger Fanzine-Geschichte. Dem Thema nähert man sich hier mit einer Einführung und einer Periodisierung in drei Abschnitte. Einleitend wird zunächst eine Definition eines Fanzines gegeben und eine allgemeine Geschichte der Fanzine-Kultur geschrieben. Sie führt lehrreich in das Jahr 1930 in die USA, wo mit dem Science-Fiction-Heft The Comet das erste Fanzine erstellt wurde, und führt über verschiedene Genres (v.a. Musik-Fanzines) zum Fußball sowie über den Ozean nach Europa und nach Deutschland.

In der Nürnberger Fanzine-Geschichte geht es zunächst um die Anfänge bis Mitte der 1990er Jahre. Den Begriff Fanzine kannte man damals noch nicht und auch vom inhaltlichen Profil passend sprach man eher von Fanclub-Zeitung. Das erste aufgefundene Nürnberger Heft stammt aus dem Jahr 1985 und vom Fanclub Eibach Gebersdorf. Um was es ist Fanzines geht, ist heute wie damals recht gleich. Das wird anhand eines hier wiedergegebenen prägnanten Zitats aus deren ersten Ausgabe deutlich: „Schickt mir auch ruhig Vorstellungen eurer Fan Clubs, Berichte von Fahrten zu Spielen, sonstige interessante Neuigkeiten aus der Szene, egal um was es sich handelt. Auch Fotos werden berücksichtigt (schwarz-weiß!!). Auch Augenzeugenberichte von Randale, Besäufnissen etc. werden immer berücksichtigt.“ Mit nur geringen Abstrichen würde das 35 Jahre später auch auf Hefte im Jahr 2020 passen. Dazu gibt es ein ausführliches Interview mit einem Fanzinemacher der Jahre 1986 bis 1992 über diese Zeit und eine anschauliche Leseprobe aus seinem Heft.

Im zweiten Abschnitt berichtet die Nürnberger Fanzine-Geschichte von der Hochphase bis Mitte der 2000er Jahre. Fanzines waren allgemein verbreitetes Kommunikationsmittel in der Fanszene und viele Personen schrieben unterschiedliche Hefte. Mit Alles für den Glubb gab es dann auch schon ein Fanzine der Ultras Nürnberg. Über dessen Entstehungsgeschichte und Entwicklung gibt es ebenso ein Interview mit einem Protagonisten. Im Vergleich der Interviews wird hier der Unterschied in Generation und Fankultur deutlich. Während beim Fanzine der 1980er/90er Jahre der Tausch mit anderen Fanzinemachern 100 von 600 Heften ausmachte, wie zu lesen war, ist dies nun anders: „Die Zeit, von der wir jetzt reden, ist ja nicht mehr die ganz frühe Anfangsphase der Ultras in Deutschland. Ich habe auch oft gehört, dass ganz zu Beginn Collagen und was auch immer getauscht wurde. Spätestens Mitte der 2000er Jahre waren die Rivalitäten schon reichlich ausgewachsen – da gab es von unserer Seite kein Angebot mehr mit irgendwelchen Szenen Hefte zu tauschen.“

Das dritte Kapitel der Fanzine-Geschichte beleuchtete die aktuelle Situation in Nürnberg (notabene Stand 2015), wo es mit Ya Basta, dem Hefdla von Heflda-Hannes („Hannes schreibt seine Erlebnisse nieder und kommentiert in der ihm unnachahmlichen Art und Weise“), dem Achterwahn des Supporters Club Nürnberg und dem Daggl eine immer noch breit aufgestellte Publikationslandschaft gab. Mit Benny vom Daggl gibt es das Generationen-Interview für diese Epoche. Er spricht zu Profil und Entwicklung des Hefts und äußert Unverständnis über die Annahme von Fanzines als Informationsmedium in der Gegenwart: „Ich kann zum Beispiel nicht nachvollziehen warum ein Heft wie das Ya Basta! keine Auflage von, sagen wir mal 5.000 Heften hat. Es stehen/sitzen 12.000 Leute in der Nordkurve, in den Stimmungsblöcken stehen knapp 4.000 Menschen. Da kann es doch nicht sein, dass lediglich 1.500 Exemplare verkauft werden?!“) Den 40-seitigen Schwerpunkt abschließend gibt es dann noch eine Rundumschau zu sonstigem Wissenswerten sowie bilanzierende und in die Zukunft blickende Schlussbetrachtungen.

Abseits des Schwerpunkts liest man im Heft – wie es sich für ein Fanzine gehört – Berichte von den Spielen des 1. FC Nürnberg von Dezember 2014 bis Februar 2015, diverse Texte und Artikel, einen Bericht vom Besuch beim Rapidspiel mit Pyroshow angesichts Bundesligastrafe 2015 und einen informationsreichen längeren Block über die befreundeten Ultras Göteborg samt Interview. Höhepunkt des Hefts neben dem Titelthema ist der Bericht einer zehnköpfigen Gruppe Nürnberger, die gut unterwegs in zehn Tagen im Jänner 2015 eine Tour über einen Besuch bei den befreundeten Monsters von AEL im griechischen Larissa zu einem FCN-Trainingslagerbesuch im türkischen Belek und von dort nach einigen Tagen direkt ins schwedische Göteborg zur Zehnjahresfeier der Ultras Göteborg unternommen haben. Darunter war auch eine kurzentschlossene vierstündige Fahrt zum Spielbesuch bei Konyaspor. „Am Stadion angekommen wurde gleich der Ticketschalter erspäht, als das Wort ,Passolig‘ plötzlich die Alarmglocken läuten ließ... da war ja was, aber so recht hatte man es nicht mehr im Kopf, irgendeine Art ,Tessera‘ für die Türkei. Für einen Tribünenplatz sollte das aber doch keine Probleme ergeben, oder?! Falsch gedacht.“ Nach zunächst erfolglosem Bemühen von einer Stunde vor Anpiff hinweg, schaffte man es zur Pause doch noch hinein und konnte die zweite Hälfte sehen. Happy End.

Freitag, 17. April 2020

1899fm – Folgen 26 und 27




Rezension


Heinz Deutsch
1899fm
Rapidfunk
1899fm.net







Zum Thema des Umgangs Rapids mit der Coronakrise spricht Heinz Deutsch in Folge 26 des Podcasts mit Geschäftsführer Christoph Peschek. Dieser ist damit zum zweiten Mal zu Gast. Peschek berichtet, dass bei Rapid alle gesund sind und er hoffe, dass dies auch so bleiben möge. Er schätzt den finanziellen Schaden im Worst Case im laufenden Geschäftsjahr (bis 30.6.) auf sechs Mio. €. Man habe daher verschiedene Maßnahmen ergriffen. Auf die Dauer werde es Rapid aber nicht bewältigen können, Fixkosten ohne Erlöse zu haben. Für alles, was Kosten betreffe, habe man „derzeit die Pausetaste gedrückt.“ Ein Meisterschaftabbruch würde viele rechtliche Fragen aufwerfen, daher sei es das Ziel, die Meisterschaft sportlich zu beenden. Er verweist aber auch darauf, dass „wenn es jetzt zu einem Abbruch käme, wir die fairste Tabelle in Europa hätten,“ da ja jeder gegen jeden einmal daheim und auswärts gespielt hat. Er kommuniziere mit Sponsoren, Fans, Funktionären und Mitarbeitern und stellt fest, dass man merke, dass alle Rapid gut durch diese Phase der Ausnahmesituation führen wollen.

Für eine Spezialausgabe unter dem Titel „Mein erstes Mal“ hatte Heinz Deutsch einen Aufruf an seine Hörerinnen und Hörer gestartet, sich mit der Erzählung ihres ersten Rapidspielerlebnisses zu beteiligen. Einleitend erzählt Deutsch hier in Folge 27 von seinem ersten Besuch eines Rapidspiels im April 1977 (siehe dazu auch Folge 1). Es bietet sich dann ein vielfältiger Querschnitt verschiedener Generationen und Erfahrungen, beginnend mit der Zwölfjährigen Rosi Bachinger, deren erstes Rapidspiel mit dem Abschiedsspiel des Hanappi-Stadions 2014 gleich ein ganz besonderes war. Die Choreo und das Singen von „Rapid Wien Lebenssinn“ hat sie fasziniert. Peter Klinglmüller erzählt vom Rapidspiel bei der Union Wels 1983, einem 2:2 nach 0:2 in Unterzahl mit den Rapidtoren in der Rapidviertelstunde. Renata vom Fanklub Die Klempner stieg bei einem Derby im Praterstadion 1990 ein und „Masseneuphorie, Hexenkessel, Gänsehaut, Enthusiamus“ waren ihre Eindrücke vom 3:0-Sieg. Fredi vom Xindl erzählt, wie er gleich bei seinem ersten Spielbesuch im Herbst 1977 am Sportclubplatz Teil eines vom verstorbenen Koby veranlassten Corteo wurde, „ohne dass wir damals gewusst haben, dass das überhaupt so heißt.“

Dienstag, 14. April 2020

When Saturday Comes, 397



Rezension


When Saturday Comes
The Half Decent Football Magazine
Issue 397, April 2020
48 S.









Das Stadion des St. Johnstone FC im schottischen Perth wurde 1989 bereits vor Veröffentlichung des Taylor-Reports als reines Sitzplatzstadion errichtet. Ein kurzer Artikel blickt darauf zurück. “In the same month that the report was published, August 1989, St Johnstone opened McDiarmid Park, Britain’s first purpose-built allseat stadium, with a capacity of 10,696. Other clubs claim the title of being the first all-seat ground but their efforts were wooden benches crudely hammered onto terracing. McDiarmid Park is the stadium that every other club has followed; Lord Taylor even came to inspect it as part of his report.”

Aufsehenerregende Artikel in Heft 394 hatten sich mit der Frage des drohenden Verlusts von Objekten der britischen Fußballgeschichte durch die Zeitläufte beschäftigt, wie dem Aussterbens von Traditionen wie den Matchprogrammen einerseits aber auch der Sammler selbst. Dies löste eine riesige Welle an Reaktionen aus. “The issue struck a nerve, to judge by the 229 responses received. This is an important and emotional subject, certainly for owners, and some collections are at risk of destruction. A third of collectors aged 55 and over thought their stuff would be chucked after their death.”

Weitere Themen im Heft sind ein interessanter Report von Ipswich Town gegen Oxford United (“Oxford United are a difficult club for neutrals to like. Their manager Karl Robinson is as charmless as their ground, which is miles out of town and has three sides: even some of their own supporters refer to it as ʻthat dumpʼ.)” als Match of The Month, Homophobie in Brasilien oder ein Artikel darüber, wie unglücklich Jüdinnen und Juden über leichtfertigen Gebrauch des beleidigenden Yid als ironische Selbstbezeichnung imTottenham-Anhang sind.

Samstag, 11. April 2020

Go West Corona-Spezial – Grantler Sonderausgabe





Rezension

Go West
Fanzine der Ultras Rapid #3/2020
9.4.2020
Corona Spezial #1

Grantler
Kurvenflyer der Tornados Rapid
Sonderausgabe 1 – Ausgangsbeschränkung Tag 25
10.4.2020



„Leider ist zur Zeit nichts mehr normal und wir befinden uns seit fast vier Wochen in einem Ausnahmezustand.“ schreiben die Ultras Rapid und veröffentlichten daher eine digitale Sonderausgabe ihres Matchtagshefts Go West als PDF auf ultrasrapid.at. Die ersten Ausgaben des Go West! der Ultras Rapid erschienen 1994/95, weiß die Hütteldorfer Fanzine-Geschichte in Unterwegs 11. Nach Zwischenstationen von Infoflyern unter anderen Namen erscheint das Go West seit 2003 wieder unter diesem Namen regelmäßig zu jedem Heimspiel.
Wie gewohnt gibt es auf den vier Seiten zunächst einen Rückblick auf die Geschehnisse der letzten Rapidspiele: Das Heimspiel gegen Mattersburg mit dem Gedenken an Alfred Körner und das WAC-Auswärtsspiel, welches das letzte Rapidspiel werden sollte. Ob und wie es diese Saison oder dieses Jahr mit einer Meisterschaft weitergeht und wann und ob es einen Europacup gibt, ist offen. „In Anbetracht der aktuellen Situation samt aller möglichen Szenarien gewinnt übrigens dieses Last-Minute-Tor immer mehr an Bedeutung.“ heißt es zu Max Hofmanns Treffer in der Nachspielzeit.
„Wir werden zwar früher oder später wieder im Stadion stehen und für unsere Rapid singen, allerdings würde wohl jeder von uns das gschissnste oder zachste Match gegen die jetzige Abstinenz eintauschen.“ heißt es in einem Kommentar zur gegenwärtigen Lage, in welcher der Fußball in der Coronavirus-Gesundheitskrise und ihren sozialen und wirtschaftlichen Folgen nebensächlich wurde. Aber: „Die Situation in unserem Land mag herausfordernd sein, jedoch zerreißen einem die Bilder aus Italien oder Spanien das Herz. Solidarität ist unsere stärkste Waffe. Dies gilt jetzt gerade mehr denn je. Zu guter Letzt wollen wir allen Rapidlern Mut spenden, um auch die nächsten Wochen durchzuhalten.“ Ein Stück des grün-weißen Alltags zurückzugeben, wurde eingangs im Heft als Zielsetzung formuliert. Dies ist mit der Online-Ausgabe gelungen.

Am 25. Tag der Ausgangsbeschränkung stellten auch die Tornados Rapid eine Sonderausgabe ihres seit der Weststadioneröffnung in unregelmäßigen Abständen bei Rapid-Heimspielen erscheinenden Spieltagsflyers Grantler auf tornadosrapid.at online (PDF) – „wir durchleben gerade eine surreale Zeit, die für uns alle vor ein paar Wochen noch unvorstellbar gewesen wäre.“ Auf gleich zwölf Seiten wird einiges geboten, doch zunächst die nüchterne Realität angesprochen: „Nach aktuellem Stand ist es jedenfalls unrealistisch, dass wir in den nächsten Monaten wie gewohnt ins Stadion gehen können. Die Gesundheit ist und bleibt das höchste Gut und demnach ist es enorm wichtig, weiterhin unseren Teil zum Kampf gegen das Virus beizutragen.“
Aus Anlass dieser Sonderausgabe stellten die Tornados das Archiv der bisherigen Grantler-Ausgaben online (tornadosrapid.at/grantler.php) und kündigen an, dies auch mit den künftigen Ausgaben in Zukunft so zu handhaben. „Wir wollen gar nicht leugnen, dass uns die derzeitige Situation dazu zwingt, uns kritisch mit unserem Standpunkt hinsichtlich Internet und sozialen Netzwerken auseinanderzusetzen. Ohne digitale Kommunikation und soziale Medien wäre unser derzeitiges Leben nämlich ziemlich asozial. Jetzt, wo auch Andy Marek einen Instagram-Account hat, Papst Franziskus über Twitter kommuniziert und sogar die SPÖ das Internet entdeckt, ist es zumindest an der Zeit, darüber nachzudenken, wie die Rapid-Fanszene in Zukunft mit diesem Thema umgehen soll. Vorerst bleibt aber abgesehen vom online stellen unserer Postille definitiv alles beim Alten.“
Der Inhalt des Grantler dreht sich naturgemäß ganz um die aktuelle Coronavirus-Ausnahmesituation. Es wird geschrieben, wie jede und jeder einen kleinen Beitrag leisten könne, um die Situation gemeinsam zu meistern. Es wird die Situation Rapids beleuchtet (und dabei auch auf augenzwinkernden Humor nicht verzichtet). Gerade angesichts der jetzt unabdingbaren digitalen Kommunkation wird dazu aufgerufen, sichere Dienste zu nutzen und sich darüber schlau zu machen. Interessant ist ein Blick zu den TR-Freunden, wo es gegenwärtig in Parma und Budapest recht unterschiedliche Lagen gibt.
Ein besonderes Angebot haben sich die Tornados für die Überbrückung der fußballlosen Zeit einfallen lassen. So gibt es in einer Leseecke Lektüreempfehlungen an Fanzines und Magazinen samt Unterstützung der Kampagne Ballesterer brennt für den Weiterbestand des Ballesterer: „Den Ballesterer muss es geben, solange es möglich ist, Papier zu bedrucken.“ Für Rätselfreundinnen und -freunde gibt es ein Block-West-Quiz und ein Sudoku. Ein fideles Schmankerl ist die Rubrik (Schlechte) Witze. Ob die Klammern hier berechtigt sind, bleibt dem eigenen Geschmack überlassen. Daher kommt man um Download und Lektüre des Hefts nicht herum, um dies herauszufinden. Ein kulinarisches Schmankerl bietet die Kochkunst-Abteilung mit einem Tafelspitz-Rezept, um nicht vom Fleisch zu fallen. Für die Kinder – „und Junggebliebene“ – finden sich zwei Ausmalbilder samt Aufforderung, das Ergebnis einzusenden. Während Rapidfans sonst also bei Spielen von Seiten der Tornados ihre Kreativität in Choreos und Tifo zu sehen bekommen, ist hier nun der Spieß umgedreht und es wird an das kreative Potential im Fannachwuchs appelliert. Da darf man auf die Resultate gespannt sein. Den Abschluss bildet eine Palette an Musikempfehlungen für die Zeit der Ausgangsbeschränkung.

In beiden Heften lautet die Devise: „Egal wos kummt im Lebn ... Rapid wird's immer gebn.“

Mittwoch, 8. April 2020

11 Freunde, 221




Rezension


11 Freunde
Magazin für Fußballkultur
Nr. 221, April 2020
116 S.









Ein Artikel beleuchtet den Protest bei West Ham United gegen die Eigentümer und spricht auch die Immobilienspekulation als Grundlage für den Verlust des angestammten Boleyn Ground an, weswegen der Verein jetzt in einer stimmungslosen Schüssel spielt: „In den Jahren vor dem Umzug nannte man den Fans alle möglichen Gründe dafür, warum der Upton Park nicht umgebaut oder erweitert werden könne. Wegen des nahen Busdepots, hieß es, sei man sehr eingeschränkt. Und eine Aufstockung der Osttribüne, sagte man, hätte zur Folge, dass die umliegenden Gebäude nicht mehr genug Licht bekämen. Inzwischen ist das Busdepot nicht mehr da, und die neuen Apartmenthäuser werden höher, als es die Osttribüne je hätte sein können. Boleyn Phoenix, die Gesellschaft, die gegründet wurde, um den Upton Park von West Ham zu erwerben, bezahlte 40 Millionen Pfund für das Gelände, verkaufte es sogleich wieder für 60 Millionen und zahlte seinen Direktoren Prämien von 16 Millionen aus.“

Spannende Informationen bringt ein Text von Florian Haupt über die Spaltung im spanischen Salamanca, wo zwei Vereine sich als Nachfolgevereine der 2013 pleitegegangenen UD Salamanca sehen und parallel in Nachbarstadien in derselben Liga (Segunda División B) spielen: Der demokratisch organisierte Fanverein Unionistas de Salamanca CF und der einem mexikanischen Unternehmer gehörende und von den rechten Ultras unterstützte Investorenverein Salamanca CF UDS.

Die Interviews mit diversen Akteuren des Fußballbetriebs gehören stets zum Belanglosesten in den Heften, zu oft wird von großen Plänen und Strategien gesprochen und wenige Wochen später ist alles anders. Das Interview mit dem zwischen Bayern München und Borussia Dortmund hin und her pendelnden Spieler Mats Himmels hebt sich davon nur geringfügig ab. Bemerkenswert ist dann aber doch eine Passage zu seinem erwachten politischen Bewusstein:
Sie folgen auf Twitter sehr wenigen Leuten, aber der österreichischen Politkwissenschafterin Natascha Strobl, die vor allem über Rechtsradikalismus publiziert. Drückt sich darain ein politisches Interesse aus?
„Ich folge ihr seit einigen Monaten, weil sie meiner Ansicht nach viele richtige Sachen geschrieben hat. Und es ist wirklich so, dass bei mit ein Interesse an Politik entflammt ist. Das war nicht immer so, aber seit einigen Monaten haben sich bei mir einige Sorgen aufgetan.“


Zum zwanzigjährigen Jubiläum der im April 2000 erstmals erschienenen Zeitschrift werden Anekdoten aus zwei Jahrzehnten abgedruckt, die einen durchaus das eine oder andere Mal zum Schmunzeln brachten. Das Leben ist dann doch meist amüsanter als die im Heft als Satire gemeinten Seiten.

Sonntag, 5. April 2020

Brückengänger 1




Rezension


Brückengänger
#1
2019
176 S.









Der Weg der Osnabrücker Autoren ging von der Onlineveröffentlichung (brueckengaenger-os.de und facebook.com/brueckengaenger) hin zum Print-Fanzine. Begründet wurde dies Ende 2018 in einem Posting so: „Wir werden 2019 ,einen Schritt zurück gehen‘. Auch wenn wir über Facebook viele Menschen erreichen, wird uns Social-Media immer mehr ein Dorn im Auge, rechte Hetze hinter Katzenprofilbild hier, sinnlose Fakeuserkommentare dort. Außerdem sind wir beide passionierte Leser von Fanzines und so wollen auch wir endlich den Schritt wagen und unsere erste Printausgabe im kommenden Sommer veröffentlichen! Das bedeutet, dass es auf Facebook auch künftig keine Berichte mehr geben wird, aber Fotos der besuchten Spiele um euch einen Vorgeschmack auf das Heft zu geben.“

„Wir sind Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen!“ beginnt der erste Spielbericht im Heft (eine Zeile des Niedersachsenlieds). Dieser erste Bericht handelt gleich von einem Spiel des VfL Osnabrück. Dessen Spiele finden im Fanzine angemessen Platz. Ich schätze Hoppinghefte, die sich nicht nur ganz dem Reisen verschreiben, sondern deren Autoren auch an ihren Verein angebunden sind und dies ausdrücken, indem sie über dessen Spiele schreiben. Für die Osnabrücker war der Berichtszeitraum des Hefts von Dezember 2018 bis ins Frühjahr 2019 insofern speziell als der Aufstieg aus der 3. Liga in die 2. Bundesliga geschafft wurde. Beim entscheidenden Spiel war die Redaktion aber aufgeteilt, so kann man hier sowohl vom emotionalen Ausnahmezustand des Erlebens des Aufstiegs im eigenen Stadion lesen als auch vom Hopper, der dies aus der Ferne miterlebt, während er den Länderpunkt Malta absolviert.

Eine Rapid-Erwähnung gibt es auch, anlässlich einer Konfetti-Choreographie der Osnabrücker beim Auswärtsspiel in Kaiserslautern: „Habe ich in der Form glaube ich bislang nur bei Rapid gesehen.“ (Anm.: Derby 4.2.2018 und 30 Jahre Ultras Rapid 26.8.2018)

Groundhopping-Berichte aus 13 Ländern füllen darüber hinaus das Heft. Dass „die großen Exoten fehlen“ wie es im Vorwort heißt, macht gar nichts. Immer weiter weg und immer exotischer muss es nicht sein. Ich lese tatsächlich gerne von Spielen wie hier eines Holzwickeder SC in einem sogenannten Montanhydraulikstadion. Durch die unterschiedlichen Autoren gibt es Abwechslung und in der Beschränkung auf Europa hatte ich beim Lesen Anküpfungspunkte durch Stadien oder Gegenden, in denen ich selbst schon war. Dabei ist ja die Kontrastierung zum eigenen Erleben immer wieder spannend − sei es, dass ein Ziel mit Billigflieger angeflogen wurde, wo man selbst vor vielen Jahren ohne diese Möglichkeit war, oder sei es, dass mit diesem Uber herumgefahren wird, was man mangels Notwendigkeit auch noch nie getan hat. Den Eindruck von der Außerordentlichkeit des Estadi de Mestalla in Valencia muss man teilen und auch Elche habe ich in guter Erinnerung, wenngleich bei meinem Besuch das Stadion noch schütterer besucht war als hier. Exotik gibt es im Heft aber doch auch − für meine Begriffe − mit einer Marokkoreise.

Zum Abschluss gibt es noch ein interessantes Interview mit einem rumänischen Groundhopper, der zu dieser Leidenschaft über Facebook-Gruppen gekommen ist. Auch ein exotisches Terrain, das ich eher nicht zu erkunden beabsichtige. Aber spannend zu erfahren, dass man so zum Groundhopping finden kann. Man liest, um zu lernen, und diesen Sinn und Zweck erfüllt das Heft sehr gut.

Donnerstag, 2. April 2020

1899fm – Folgen 24 und 25




Rezension


Heinz Deutsch
1899fm
Rapidfunk
1899fm.net







Stefan Singer von den Flo Town Boys, Mitglied des neugewählten Rapid-Präsidiums, ist in Folge 24 des Podcasts von Heinz Deutsch zu Gast. Eingangs erzählt er wie alle Gäste seine persönliche Fangeschichte, vom ersten Spielbesuch 1976 bei einem Derby im Praterstadion und dem darauffolgenden zweiten Spiel bereits auf der Pfarrwiese. Dabei hatte er, wie er erzählt, bereits eine selbstgemachte Fahne mit, da ihm beim ersten Spiel die damaligen „Fahnenschwenker“ (die am Beginn der Fanszene bei Rapid standen) faszinierten. 1980 war er Gründungsmitglied des Fanklubs Löwen, aus dem die heutigen Flo Town Boys hervorgingen. Ende der 80er Jahre wurde er Vereinsmitglied und Ende der 90er Jahre hatte er erste Funktionen im Verein, wurde Mitgliederreferent, Mitglied des Vorstands, des Kuratoriums sowie jetzt des Präsidiums. Heinz Deutsch fragt ihn nach der Doppelrolle als Fan und Funktionär, da ja Fans oft sehr kritisch sind. Singer hält es „sogar für wichtig, dass Funktionäre nicht seelenlose Apparatschiks sind, denen nur Zahlen wichtig sind“. Es unterscheide den Fußball vom normalem Wirtschaftsbetrieb, dass das Herz dabei ist. Zum Spannungsfeld zwischen den unterschiedlichen Tribünen (Block West, VIP, Osttribüne), meint er, dass die Rapidfans „ein vielfältiges Völkchen“ seien und die Liebe zum Verein unterschiedlich ausgelebt werde. Das sehe er auch im eigenen Fanklub: „Wir sind ein bißchen aktive Fanszene, aber doch nicht so richtig.“ und so gebe es auch verschiedene Herangehensweisen. Die Vielfalt bringe vielleicht manchmal Konflikte, mache die Sache auch schön. Weitere Themen im Gespräch sind die Hopp-Debatte in Deutschland und das Rapid-Nachwuchszentrum.

Ballesterer brennt! ist das Thema der Folge 25. Die erste Ausgabe des 1899fm-Podcasts, die sich aus aktuellem Anlass nicht spezifisch um Rapid dreht. Ballesterer-Chefredakteur Jakob Rosenberg spricht mit Heinz Deutsch zunächst über seine Fanbiographie und wie er zum Ballesterer kam und erklärt dann die Situation, die durch die allgemeine Unsicherheit in der Coronaviruskrise noch an Brisanz gewonnen hat: Niemand weiß wann und wie es mit dem Fußball und der Wirtschaft weitergeht, Firmen haben Inserate storniert und die wie alle Schwerpunktausgaben zu Nationenwettkampfturnieren sich besonders gut verkaufende EM-Ausgabe wird ausfallen. Generell erklärt er, dass die finanzielle Situation seit zwanzig Jahren immer schwierig war und jetzt dramatisch war. Die ersten Reaktionen auf den Hilferuf waren aber sehr positiv. Es laufe eine „Solidaritätswelle,“ die ihnen auch sehr nahe gehe. Für die Zukunft zeige dies auch, dass das Potential noch nicht ausgeschöpft sei. In der Vergangenheit sei das Hauptaugenmerk auf der inhaltlichen Professionalisierung gelegen und dabei wären die wirtschaftlichen Strukturen vernachlässigt worden. Als „Kernstück der Kampagne“ nennt er den Supporters Club, wofür man rund 400 Leute gewinnen möchte, die dem Ballesterer auf einer regelmäßigen Basis Geld spenden und dadurch langfristig finanzielle Planungssicherheit geben. Der Medienwandel treffe ein Magazin wie den Ballesterer insofern weniger als die Zeit, die für Tagesaktualität fehle, dafür da sei, mehr in die Tiefe zu gehen.
Weiters erzählt Jakob Rosenberg aus der Geschichte des Hefts, von den Anfängen von Gründer Reinhard Krennhuber und diversen Meilensteinen in zwei Jahrzehnten. Vereinsübergreifend zu sein, sei für den Ballesterer immer wichtig und wesentlich gewesen, so Rosenberg. Red-Bull-Fan gäbe es keinen, aber sonst gebe es aus allen großen Vereinen Österreichs Leute in der Redaktion. Gerade beim emotionalisierten Thema des eigenen Fantums schaue man sehr genau drauf, gleichzeitig wäre das aber auch ein Thema, wo man es nie allen recht machen könne. „Was bei uns anders ist als bei anderen Medien, ist, dass wir Ultras oder Fans zu Wort kommen lassen.“ Damit, journalistisch sauber zu arbeiten, fair und transparent, habe man sich gegenseitigen Respekt erarbeitet.
Zur aktuellen Situation des Fußballs tut sich auch Jakob Rosenberg schwer, Prognosen zu machen. Fußball vor leeren Rängen hält er nicht für ein taugliches Modell. Der Fußball wisse auch, woher das Geld herkomme – dass sie nicht nur eine sportliche Leistung sondern auch eine Stimmung verkaufen und dafür auch die Fans brauchen.