Sonntag, 5. April 2020

Brückengänger 1




Rezension


Brückengänger
#1
2019
176 S.









Der Weg der Osnabrücker Autoren ging von der Onlineveröffentlichung (brueckengaenger-os.de und facebook.com/brueckengaenger) hin zum Print-Fanzine. Begründet wurde dies Ende 2018 in einem Posting so: „Wir werden 2019 ,einen Schritt zurück gehen‘. Auch wenn wir über Facebook viele Menschen erreichen, wird uns Social-Media immer mehr ein Dorn im Auge, rechte Hetze hinter Katzenprofilbild hier, sinnlose Fakeuserkommentare dort. Außerdem sind wir beide passionierte Leser von Fanzines und so wollen auch wir endlich den Schritt wagen und unsere erste Printausgabe im kommenden Sommer veröffentlichen! Das bedeutet, dass es auf Facebook auch künftig keine Berichte mehr geben wird, aber Fotos der besuchten Spiele um euch einen Vorgeschmack auf das Heft zu geben.“

„Wir sind Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen!“ beginnt der erste Spielbericht im Heft (eine Zeile des Niedersachsenlieds). Dieser erste Bericht handelt gleich von einem Spiel des VfL Osnabrück. Dessen Spiele finden im Fanzine angemessen Platz. Ich schätze Hoppinghefte, die sich nicht nur ganz dem Reisen verschreiben, sondern deren Autoren auch an ihren Verein angebunden sind und dies ausdrücken, indem sie über dessen Spiele schreiben. Für die Osnabrücker war der Berichtszeitraum des Hefts von Dezember 2018 bis ins Frühjahr 2019 insofern speziell als der Aufstieg aus der 3. Liga in die 2. Bundesliga geschafft wurde. Beim entscheidenden Spiel war die Redaktion aber aufgeteilt, so kann man hier sowohl vom emotionalen Ausnahmezustand des Erlebens des Aufstiegs im eigenen Stadion lesen als auch vom Hopper, der dies aus der Ferne miterlebt, während er den Länderpunkt Malta absolviert.

Eine Rapid-Erwähnung gibt es auch, anlässlich einer Konfetti-Choreographie der Osnabrücker beim Auswärtsspiel in Kaiserslautern: „Habe ich in der Form glaube ich bislang nur bei Rapid gesehen.“ (Anm.: Derby 4.2.2018 und 30 Jahre Ultras Rapid 26.8.2018)

Groundhopping-Berichte aus 13 Ländern füllen darüber hinaus das Heft. Dass „die großen Exoten fehlen“ wie es im Vorwort heißt, macht gar nichts. Immer weiter weg und immer exotischer muss es nicht sein. Ich lese tatsächlich gerne von Spielen wie hier eines Holzwickeder SC in einem sogenannten Montanhydraulikstadion. Durch die unterschiedlichen Autoren gibt es Abwechslung und in der Beschränkung auf Europa hatte ich beim Lesen Anküpfungspunkte durch Stadien oder Gegenden, in denen ich selbst schon war. Dabei ist ja die Kontrastierung zum eigenen Erleben immer wieder spannend − sei es, dass ein Ziel mit Billigflieger angeflogen wurde, wo man selbst vor vielen Jahren ohne diese Möglichkeit war, oder sei es, dass mit diesem Uber herumgefahren wird, was man mangels Notwendigkeit auch noch nie getan hat. Den Eindruck von der Außerordentlichkeit des Estadi de Mestalla in Valencia muss man teilen und auch Elche habe ich in guter Erinnerung, wenngleich bei meinem Besuch das Stadion noch schütterer besucht war als hier. Exotik gibt es im Heft aber doch auch − für meine Begriffe − mit einer Marokkoreise.

Zum Abschluss gibt es noch ein interessantes Interview mit einem rumänischen Groundhopper, der zu dieser Leidenschaft über Facebook-Gruppen gekommen ist. Auch ein exotisches Terrain, das ich eher nicht zu erkunden beabsichtige. Aber spannend zu erfahren, dass man so zum Groundhopping finden kann. Man liest, um zu lernen, und diesen Sinn und Zweck erfüllt das Heft sehr gut.

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