Sonntag, 23. Oktober 2022

Torres – Olbia 1:1 (0:0)

Italien, Serie C, girone B, 10a giornata, 23.10.2022
Stadio Vanni Sanna, 4.168
31°C

Ein offenes, emotionales Match im Derby del Nord-Sardegna mit dramatischem Schluss. Die besseren Chancen hatte Torres, die aber inklusive eines Elfmeters zunächst alle vergeben wurden. Vier Minuten vor Ablauf der regulären Spielzeit erzielte Torres das 1:0, womit der nahende Derbysieg groß bejubelt wurde. In der vierten Minute der Nachspielzeit schaffte Olbia aber den Ausgleich, der Olbiaspieler, Betreuerbank und Gästesektor wiederum emotional explodieren ließ. Das Spiel wurde dann nicht mehr angepfiffen. Das Tor war die letzte Aktion.
Vor eineinhalb Wochen erst hatte in Olbia im Cup (2:1 für Olbia) das erste Derby der Saison stattgefunden, das es durch den Aufstieg von Torres nunmehr auch in der Meisterschaft gibt.
Die Curva Nord um die 1989 gegründete Nuova Guardia war wie der Rest der verfügbaren Plätze des Sadions voll. Ultrà hatte hier Mitte der 1970er Jahre Fuß gefasst und im Lauf der Jahrzehnte in verschiedenen Gruppen Ausdruck gefunden. Optisch machte das ganze an diesem Nachmittag mehr her als atmosphärisch bei der Haupttribüne ankam, was aber auch an der offenen Stadionarchitektur liegen mag. Kontinuierliche Präsenz der Kurve von Torres ist jedenfalls beachtlich, auch angesichts der Konkurse des Vereins und der sportlichen Kluft zum Hauptrivalen auf der Insel. Die Hauptrivalität auf Sardinien besteht zwischen Torres und Cagliari. Dieses derby di Sardegna findet nur äußerst selten statt – zuletzt 1989. Dafür habe beide ein Freundschaften-Netz auf der Insel, sodass bei Begegnungen zwischen Vereinen aus diesen beiden Lagern immer die Konfliktlinie Torres/Cagliari präsent ist. Insbesondere gilt das auch für das Regionalderby gegen Olbia, da diese in Konfliktstellung mit Torres natürlich im Lager von Cagliari stehen.
Der gemeinsame Einmarsch der drei Busbesatzungen aus Oliba in den Gästesektor mitsamt dem großen Repertoire italienischer Verwünschungsgesten und das mit Inbrunst geschmetterte „Vaffanculo tutto lo stadio“ hatte was. Wie auch in der heimischen Curva Mare derzeit üblich, gab es keine besondere Optik mit Fetzen und Fahnen, dafür aber viel an mit Einsatz von Händen und Stimme deutlich gemachter Ablehnung von Sassari und Torres sowie Support von Olbia.
Torres wurde 1903 als Società per l'Educazione Fisica Torres in Sassari gegründet. 1982 wurde daraus Torres Calcio. 1931/32 bis 1934/35 spielte man in der damaligen Prima Divisione erstmals drittklassig. 1947/48 spielte Torres erstmals für eine Saison in der Serie C. Es folgten 1959/60 bis 1970/71, 1972/73 bis 1974/75 in der Serie C, 1981/82 bis 1986/87 in der Serie C2 und 1987/88 bis 1990/91 in der Serie C1. Nach der ersten Pleite wurde der Verein 1991 als Polisportiva Torres Calcio neu gegründet, änderte den Namen 1992 in Polisportiva Sassari Torres und schaffte es nach Unterhaus-Jahren 1993 wieder in die Serie C2. Nach 1993/94 bis 1999/2000 in der Serie C2 folgten 2000/01 bis 2005/06 in der Serie C1. Wie eineinhalb Jahrzehnte zuvor endete das in Pleite und Vereinsauflösung. Die neue Sassari Torres 1903 konnte 2006/07 und 2007/08 in der Serie C2 weitermachen, ging dort aber 2008 ebenfalls pleite. Die ASD Torres Calcio folgte ihr nach, musste 2008/09 in der Promozione Sardegna beginnen und schaffte gleich den Aufstieg in die Eccellenza. Dort ersetzte sie 2010 die SEF Torres 1903 als neuer Verein, die es 2013/14 wieder in die damalige Lega Pro Seconda Divisione (vormals Serie C2) und nach Ligenreform in die Lega Pro (entspricht Serie C) 2014/15 schaffte. Nach zwei Abstiegen ging der Verein aber 2017 wiederum pleite. Der in der Eccellenza spielende Verein ASDFC Tergu Plubium änderte seinen Namen in ASD Torres und trat die Nachfolge der Tradition an. 2018 stieg man in die Serie D auf und kehrte 2022 über die Play-offs in die Serie C zurück.
Auf Tourneen österreichischer Vereine waren hier Austria Klagenfurt im Dezember 1934 (3:2) und im Februar 1948 der Wiener Sport-Club (0:0) bei Torres zu Gast. Der Frauenfußball-Verein Torres ist mit sieben Titeln 1993/94 bis 2012/13 italienischer Rekordmeister (aber derzeit nur mehr in der Serie B) und spielte 2001/02 in der in Helsinki ausgespielten Gruppenphase des UEFA Women's Cup gegen USC Landhaus, 2009/10 im Achtelfinale der Women's Champions League gegen Neulengbach (zwei 4:1-Siege von Torres im Wienerwaldstadion vor 750 Zuschauerinnen und Zuschauern und hier im Stadio Vanni Sanna vor 444 Leuten) sowie 2013 gegen den FSK St. Pölten-Spratzern im Sechzehntelfinale der Women's Champions League (2:2 vor 1.150 Zuschauerinnen und Zuschauern am Voithplatz und 3:1 vor 343 Leuten hier in diesem Stadion) Das Stadio Vanni Sanna wurde 1922 als Stadio Torres eröffnet. Aufgrund des Baus des städtischen Aquädukts wurde das Stadion 1970 in Stadio Acquedotto umbenannt. Nach dem Tod von Giovanni Sanna wurde das Stadion 2001 nach der, den Verein über Jahrzehnte als Spieler, Trainer und Sportdirektor prägenden, Persönlichkeit benannt. Ursprünglich fasste das Stadion einmal 12.000 Zuschauerinnen und Zuschauer. Richtig voll war es zuletzt mit 9.900 Leuten beim Meisterschaftsspiel gegen das in die Serie C abgestürzte Napoli 2005/06. Nachdem die erlaubte Kapazität zwischenzeitlich auf 2.000 gesenkt worden war, stünden nach Renovierung 2022 derzeit 7.480 Plätze zur Verfügung, wovon aber nur 4.800 zugelassen sind.
Vor dem Spiel wurde die Stadt Sassari besichtigt.

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