Dienstag, 30. März 2021

Schwarzmalerei 7




Rezension


Schwarzmalerei
Offizielles Fanzine der Fangruppen der Nordkurve Graz
7
März 2021
220 S. + 24 S.








Sechs Jahre sind seit dem letzten Heft der Schwarzmalerei vergangen. Eigentlich hätte die Pause nur fünf Jahre betragen und das Heft im April 2020 erscheinen sollen. Aufgrund Corona wurde dies abgesagt. Stattdessen liegt die Ausgabe nun um einen Rückblick auf das ungewöhnliche Jahr 2020 aktualisiert vor.

„Sängerkurve“ ist ein Schlüsselwort, mit dem sich die Sturm-Kurve beschreibt. „Der Sound der Kurve“ ist das Titelthema des Hefts und beschäftigt sich damit. In einem Interview sprechen die drei Vorsänger der Brigata Graz über die Entstehung des ganzen. Dabei schildern sie auch durchaus eindrücklich, wie beschwerlich der Weg lange war, bis die Masse der Sturmfans ihn mitging. Es habe von Mitte der 1990er bis Mitte der 2000er zehn Jahre gedauert, bis die Vorsänger Reichweite und Akzeptanz hatten. Dabei hatte Sturm Graz in den erfolgreichsten Jahren seiner Vereinsgeschichte großen Zulauf. „In Parma sind wir gestanden mit unserem Megaphon, 2700 Leute, wir haben den Sektor nicht zum Singen gebracht.“ (UEFA-Cup-Sechzehntelfinale 1999) Wie es in einer „Sängerkurve“ sein soll, machen sie auch am Gegenbeispiel deutlich: „Da steht halt nicht das Drumherum im Vordergrund, wo es nicht auf die Choreographien ankommt, wo du reingehst ins Stadion und denkst, die machen eine geile Choreo und danach ist es ruhig. Das Römer Derby war immer das Paradebeispiel.“
Für den Außenstehenden, der bei Sturm-Spielbesuchen nicht unbedingt immer fokussiert auf die einzelnen Gesänge ihrer Kurve achtet, war eine Textstrecke interessant, in der erst auf „verlorenes und vergessenes Liedgut“ (samt abgedruckten Internetlinks und QR-Codes für akustisches Nachhören) und andererseits auf die Klassiker in ihren Gesängen genauer eingegangen wird. Welchen Eindruck sie auf das übrige Stadionpublikum machen, wird in Fragebogen-Interviews ergründet. Passend zum Titelthema ist im Heft der wie in den vorigen Ausgaben vorhandene „Stadtspaziergang“ zur näheren Erkundung der Stadt Graz: Hier geht es diesmal zu Orten der Musikgeschichte.

Dass die Spielberichte der Saison 2019/20 nicht im Corona-Nachhinein geschrieben wurden, verleiht ihnen historischen Wert. Man denkt an einen unbeschwertere Zeit zurück, wenn man dies liest. Nicht nur, wenn Erinnerungen an den Rapid-Auswärtssieg in Liebenau im August 2019, wo es die Brigata-Jubiläumschoreo zu sehen gab, oder das Heimspiel im November 2019 mit seiner großartigen bzw. „durchaus gelungenen“ Choreo im Block West hervorgerufen werden. Oder wenn es um weitere selbst besuchte Spiele wie das Cupspiel Kapfenberg-Sturm mit seinem auch am Titelblatt zu sehenden Pyrofestival oder das Cupspiel LASK-Sturm geht, das damals bemerkenswerterweise auf der Linzer Gugl stattfand. Es ist die Normalität der kontinuierlichen Folge an Erlebnissen bei Fußballspielen wiedergegeben, die damals so selbstverständlich war, während heute Trostlosigkeit herrscht. Weiters werden in der Ausgabe die Aktivitäten in Frühjahr und Herbst 2020 außerhalb des Stadions, wie Spruchbänder und ein Trainingsbesuch im Dezember, geschildert, sowie über das karitative Hilfsprojekt, die Lage des Vereins und den von österreichischen Fanszenen gemeinsam organisierten Alternativen Fankongress zu Jahresbeginn 2020 berichtet.

Etwas, was es vor Corona noch gab, waren weitere Reisen (die Älteren werden sich erinnern). Im Schlussteil des Hefts erfreuen Fußballreiseberichte aus Argentinien (für mich immer spannend), Griechenland (man sollte bei Olympiakos nicht seine Herkunft erwähnen, wenn man aus Österreich kommt – „nach fünfzehnminütiger Verfolgungsjagd war die größte Aufregung vorbei“) und Kroatien, wobei natürlich v.a. Imotski ein Traumziel ist. Von anderem als Fußball lese ich normalerweise nicht, den Bericht über den Besuch bei Ambri in der Schweiz las ich aber aus Interesse an der Kurve und dies dann nicht nur wegen der Anreiseanekdote zurecht.

Als Beilage im Hosentaschenformat gibt es passend zum Titelthema der Ausgabe ein 24-seitiges Liederbuch mit aktuellen Texten der Kurve. Dazu werden (meist) Liedtitel und Künstler/Künstlerin der Ursprungsmelodie angegeben. Über einen QR-Code ist ein Link zu einer Playlist im Internet abgedruckt. Für die Generation der Late-Adopter in diesem Neuland bietet das Heft auf der letzten Seite auch Raum für Notizen. Die Aussage des letzten Satzes hier kann man sich für das ganze Fanzine wünschen: „To be continued.“

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