Deutschland, 3. Liga, 14. Spieltag, 3.11.2019
Ernst-Abbe-Sportfeld, 7.353
Heimspiel des sieglosen Stockletzten in der 3. Liga und dennoch kamen 7.353 zum Spiel gegen Hansa Rostock ins Paradies von Jena (der Stadtteil heißt so). Sie sahen den ersten Saisonsieg nachdem man in 13 Runden bislang nur zwei Punkte gesammelt hatte. Entgegen den Spielverlauf schaffte Carl Zeiss Jena mit einem Solo die Halbzeitführung. Die Gäste glichen mit einem Weitschuss nach der Pause aus, trafen aber ansonsten nur mehr Latte und Stange, während die Heimmannschaft Chancen verwertete und den 3:1-Vorsprung verteidigte.
Eine Besonderheit der Stadiongestaltung ist hier die unmittelbare räumliche Nähe von Heimkurve und Auswärtssektor in derselben Stadionkurve.
Zu Spielbeginn gab es in der Südkurve um die Ultras der 2001 gegründeten Horda Azzuro (dass der italienische Name grammatikalisch falsch formuliert ist, wissen sie mittlerweile) in der Mitte geschwenkte Fahnen und an beiden Seiten davon diverse Doppelhalter. Auf Seiten der Gäste war eine Choreographie in den blau-weißen Vereinsfarben zu sehen, bei der auch Papierrollen geworfen wurden.
Nach Schlusspfiff winkte die siegreiche Mannschaft der Südkurve nur von weitem zu ohne den Rasen zu verlassen und klatschte dann mit den Interessierten in der ersten Reihe der Längsseite ab.
Bei Carl Zeiss Jena spielte der Niederösterreicher Manuel Maranda, der zuletzt 2018/19 bei Wacker Innsbruck gespielt hat.
Der FC Carl Zeiss Jena wurde 1966 gegründet, im Zuge der Welle von Neugründungen reiner Fußballvereine durch eine Änderung der DDR-Sportpolitik. Die Vereinsgeschichte geht aber auf den bereits 1903 gegründeten Fußball-Klub der Firma Carl Zeiß Jena zurück, der 1945 im Zuge der Auflösung aller Vereine in der Sowjetischen Besatzungszone aufgelöst wurde. 1946 wurde die SG Ernst Abbe Jena, die schließlich nach mehreren Namensänderungen (BSG Carl Zeiss Jena, BSG Mechani Jenak, BSG Motor Jena) als Betriebssportgemeinschaft 1952/53 erstmals in der DDR-Oberliga spielte. Nach Abstieg in die zweitklassige DDR-Liga kam der nunmehrige SC Motor 1957 (Ganzjahresmeisterschaft) in die Oberliga zurück, in der Motor bis zur Neugründung 1966 spielte. Der FC Carl Zeiss Jena spielte dann bis zur letzten Saison des eigenständigen ostdeutschen Fußballs 1990/91 in der Oberliga. 1962/63 (noch als Motor) sowie 1967/68 und 1969/70 wurde man unter Georg Buschner als Trainer (1958–1970) DDR-Meister. Prägender Spieler jener Jahre war Roland Ducke, nachdem eine Straße beim Stadion benannt wurde. Größter internationaler Erfolg war das Erreichen des Europacupfinale im Cup der Cupsieger 1980/81 unter seinem Nachfolger Hans Meyer als Trainer (1971–1983, später nocheinmal 1993–1994). Carl Zeiss Jena verlor das Finale gegen die sowjetische Spitzenmannschaft Dinamo Tiflis 2:1. Die DDR erlaubte nur 1.000 handverlesenen Leuten die Fahrt in einem Sonderzug zum Finale nach Düsseldorf, keine Anhängerinnen und Anhänger sondern hauptsächlich Funktionärinnen und Funktionäre, von denen viele noch nie zuvor bei einem Spiel gewesen waren. Im großen Rund des Düsseldorfer Rheinstadion verloren sich 4.750 Leute auf den 68.000 Plätzen. Die Fortuna Düsseldorf war im Semifinale ausgeschieden und die westdeutschen Medien hatten den Besuch eines Spiels zweier Ostblock-Mannschaften vorab als uninteressant beschrieben. Carl Zeiss Jena hatte am Weg ins Finale die AS Roma, den Valencia CF, den walisischen Newport County AFC sowie Benfica ausgeschaltet. Nach der deutschen Wiedervereinigung spielte Carl Zeiss Jena 1991/92 bis 1993/94, 1995/96 bis 1997/98 sowie 2006/07 und 2007/08 in der 2. Bundesliga und ansonsten dritt- oder viertklassig. 2007/08 erreichte man in der Abstiegssaison im DFB-Pokal das Semifinale. In der dritten Saison in Folge in der 3. Liga schaut es derzeit nach Wiederabstieg in die Regionalliga aus.
Das Ernst-Abbe-Sportfeld wurde 1924 als Jenaer Stadion eröffnet und zum 15. Jahrestag 1939 nach dem Physiker und Sozialreformer Ernst Abbe benannt. Die nur 420 Plätze bietende alte Holztribüne aus dem Jahr 1924 wurde 1997 abgerissen und durch die heutige, 4.000 Sitzplätze bietende Haupttribüne ersetzt. Den Rekordbesuch gab es hier 1962 im Semifinale des Europacups der Cupsieger zwischen SC Motor Jena und Atlético de Madrid mit 27.500 Zuschauerinnen und Zuschauern, obwohl eigentlich nur 20.000 zugelassen waren.
Markant waren hier die 1974 errichteten, geneigten Flutlichtmasten („Giraffen“). Aufgrund Rostschäden mussten sie 2013 abgerissen werden und wurden schließlich 2018 durch die heutigen geraden Masten ersetzt.
Seit Jahren läuft in Jena eine Debatte um einen Umbau des Stadions zu einem reinen Fußballstadion. Unter dem Motto Südkurve bleibt kämpft die Jenaer Fanszene dabei einen langanhaltenden Kampf gegen ihre Absiedlung auf die Nordseite eines neuen Stadions.
Vor dem Spiel wurde die Stadt Jena besichtigt.
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