Deutschland, 3. Liga, 23. Spieltag, 9.2.2020
Stadion an der Gellertstraße, 6.910
Mit einem wichtigen Sieg gegen den Halleschen FC schob sich der Chemnitzer FC erstmals seit Wochen über den Strich in der deutschen 3. Liga. Das Spiel war kein Spektakel bis der Schiedsrichter zum Elfmeter pfiff und der Ex-Lilane im Chemnitzer Sturm das 1:0 erzielte und zehn Minuten später noch ein Tor draufsetzte. Ein vermeintlich schneller HFC-Ausgleich wurde wegen Abseits aberkannt. Der Hallesche FC mit dem sich seinerzeit zum Dosenkonzern auf Nimmerwiedersehen verabschiedet habenden Ex-Rapidler Terrence Boyd im Sturm machte keinen Stich.
So hatten nach dem Match Spieler und Auswärtsfans einiges zu reden. Im HFC-Auswärtssektor, mit sichtlicher Unterstützung von Freunden des 1. FC Lokomotive Leipzig, war zu Spielbeginn eine glitzernde Choreographie mit Chemie-Banner vorne am Zaun gezeigt und Chemie Halle besungen worden.
Auf Chemnitzer Seite wurde der FCK, also der frühere FC Karl-Marx-Stadt, besungen. Gut sichtbar ist hinter dem Tor ein Banner „eingetragener Verein seit 1990“ angebracht. Vor einem Jahr war der Profifußball auch beim CFC aus dem Verein in eine GmbH ausgelagert worden. Kritisch befasste sich ein Spruchband mit der Häufung von Pleiten: „Chemnitz, Erfurt, Plauen, Wattenscheid ... – Verbände: Sicher, dass ihr auf dem richtigen Weg seid?!“ Ein anderes war offenbar ein Insider mit Bezug zu den Grasshoppers.
Der Chemnitzer FC wurde im Zuge der Umordnung der DDR-Fußballwelt durch Gründung reiner Fußballvereine zur Jahreswende 1965/66 im Jänner 1966 als FC Karl-Marx-Stadt gegründet. Nach der Befreiung 1945 waren in der sowjetischen Besatzungszone alle bisherigen Vereine aufgelöst worden. 1946 entstand die SG Chemnitz Nord neben anderen Sportgemeinschaften neu. 1948 wurde sie mit der Einführung des Systems der Betriebssportgemeinschaften von den Fewa-Werken übernommen und zur BSG Fewa Chemnitz dieses Unternehmens der chemischen Industrie. 1951 wurde eine zentrale Sportvereinigung für die Chemieindustrie gegründet und daraus Chemie Chemnitz. Nach der Umbenennung der Stadt Chemnitz in Karl-Marx-Stadt 1953 wurde man dann auch zur BSG Chemie Karl-Marx-Stadt. 1956 wurde die BSG in den SC Motor Karl-Marx-Stadt umgewandelt. 1963 wurde der Beiname gestrichen und man hieß SC Karl-Marx-Stadt. Die Sportclubs dienten im DDR-Sportsystem dem Leistungssport in verschiedenen Disziplinen. Als Bezirkssportclub existierte der SC Karl-Marx-Stadt bis zum Ende der DDR 1990, seither SC Chemnitz. Die Fußballabteilung spielte von 1954 bis 1957 und ab 1962 in der DDR-Oberliga bis im Laufe der Saison 1965/66 der FC Karl-Marx-Stadt als eigener Fußballverein herausgelöst wurde. Nach dreijähriger Aufbauarbeit unter Trainer Horst Scherbaum folgte 1966/67 mit dem DDR-Meistertitel der größte Erfolg der Chemnitzer Fußballgeschichte. Allerdings hielt der Erfolg nicht an und 1970/71 musste man sogar eine Saison in die Zweitklassigkeit hinunter bevor der sofortige Wiederaufstieg gelang. Bis zum Ende der DDR spielte der FC Karl-Marx-Stadt im weiteren Verlauf in der Oberliga erstklassig. Im FDGB-Pokal erreichte man 1969, 1983 und 1989 man dreimal das Finale, gewann aber nie. Im DFB-Pokal erreichte man dann 1992/93 das Semifinale. Im Europacup der Meister scheiterte der FC Karl-Marx-Stadt 1967 in der ersten Runde am RSC Anderlecht. Größter Erfolg im Europacup war das Achtelfinale im UEFA-Cup 1989/90, wo man nach Siegen gegen Boavista Boavista und gegen Juventus ausschied. Im UEFA-Cup 1990 traf man in der ersten Runde in einer innerdeutschen Begegnung auf Borussia Dortmund, gegen die man klar unterlag. Die Europacupspiele wurden alle aber nicht hier sondern im damaligen Ernst-Thälmann-Stadion und heutigen Sportforum Chemnitz ausgetragen
Nach der Wende und wenige Monate vor dem Ende der DDR wurde im Juni 1990 aus dem FC Karl-Marx-Stadt der Chemnitzer FC. Mit dem fünften Tabellenrang in der letzten Oberligasaison 1990/91 qualifizierte sich der neue CFC für die gesamtdeutsche 2. Bundesliga, in der man bis 1995/96 sowie 1999/2000 und 2000/01 spielte. Seit 2010/11 spielte man in der 3. Liga, stieg nach Pleite für die Saison 2018/19 in die Regionalliga Nordost ab, aber sogleich wieder auf sodass man nun wieder in der 3. Liga ist. Für ein negatives Bild sorgten 2019 die Trauerfeiern für einen Verstorbenen, der als Gründer der Hooligans Nazis Rassisten (HooNaRa) in den 1990er Jahren bedeutend in der Fanszene war und auch bis 2007 als Chef einer Sicherheitsfirma für den Verein arbeitete. Zuletzt trennte der Verein von seinem Kapitän Daniel Frahn, der sich bei der Trauerfeier im Stadion mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „Support your local Hools“ beteiligt und das Hinspiel gegen den Halleschen FC im Herbst 2019 (verletzungsbedingt nicht im Kader) im Gästesektor im Umfeld der entsprechend einschlägigen Kaotic Chemnitz und NS-Boys verbracht hatte. Frahn kehrte kurioserweise zu einem Heimatverein mit linker Fanszene, SV Babelsberg 03, zurück.
Das Stadion an der Gellertstraße wurde 1934 als Stadion an der Planitzstraße eröffnet und war bis zum Zweiten Weltkrieg die Heimstätte des Polizeisportvereins Chemnitz. 1950 wurde es nach dem verstorbenen Kommunisten und DDR-Politiker Kurt Fischer Dr.-Kurt-Fischer-Stadion benannt, wodurch sich der allgemein gebräuchliche Name „Fischerwiese“ einbürgerte. Nach der Wende erhielt das Stadion seinen heutigen Namen. 2014 bis 2016 wurde das alte Stadion bei laufendem Spielbetrieb schrittweise komplett abgerissen und für 27 Mio. € neu gebaut. 15.000 Plätze gibt es hier heute. Rekordbesuch im alten Oval waren 28.000 Leute beim Oberligaspiel gegen Vorwärts Frankfurt 1966.
Vor dem Spiel wurde die Stadt Chemnitz besichtigt.
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