Mittwoch, 12. Februar 2020

1899fm – Folgen 19, 20 und 21




Rezension


Heinz Deutsch
1899fm
Rapidfunk
1899fm.net







Domenico Jacono ist in der 19. Folge des Podcasts von Heinz Deutsch zum Thema Rapid muss wieder wie früher werden zu Gast. Wie hier üblich, erzählt er zunächst von seiner Fankarriere – „war bei einigen Fanklubs dabei, auch bei einem berüchtigten“ – über den von ihm gebastelten ersten Rauchtopf bei Rapid 1984 in der Gruabn, das erste bengalische Feuer 1987 und eine längere Pause, nach der er einen anderen Zugang zu Rapid gewonnen hat: Über die Geschichte, über sein Fangeschichtsbuchprojekt und das Rapideum. Bis heute sein „Liebkind“ sei die von ihm im ersten Jahr mitaufgebaute Rechtshilfe Rapid und er hat auch in der Reformkommission 2013 mitgearbeitet. Als Neuigkeit verkündet er, dass er sein begonnenes, aber dann nicht weitergeführtes Fangeschichtsprojekt fanszenenintern übergeben habe es und von anderen jetzt demnächst abgeschlossen werde.
Im Gespräch mit dem Blick des Historikers bilanziert Jacono die heutige Rapid, von der er sich abgewendet hat, kritisch. Zur VIP-Tribüne im Stadionneubau hält er selbstkritisch fest, dass es in den Diskussionen der Initiative 2020 nicht darum ging, wie die Logen im Stadion integriert werden können ohne die Atmosphäre nachhaltig zu verändern und ohne baulich eine Zweiklassengesellschaft zu manifestieren. Es sei ein Fehler gewesen, keinen Vorschlag zur baulichen Umsetzung zu liefern. Das Rapideum-Konzept werde im neuen Weststadion fortgeführt, aber als Anschluss zum Fanshop. Er hatte eine andere Vision und wollte das Rapideum zur Begegnungsstätte weiterentwickeln. Dazu kam es nicht. Grundsätzlich äußert Jacono eine Aufhorchen lassende Ansicht: „Das Erfolgsgebot ist überholt.“ Rapid sollte Erfolg nicht mehr an sportlichem Erfolg festmachen sondern sich darauf konzentrieren, eine Gemeinschaft mit Werten zu sein. Dann könne der Erfolg auf eine „ehrliche Art und Weise“ zurückkommen. Vom profitorientierten Profifußball müsste man sich abwenden, um die Werte zu leben.

In der langen Jubiläumsfolge 20 ist Andy Marek zu Gast. Es gehe ihm „recht gut“, auch wenn er Tage mit Schmerzen habe. Auch Marek erzählt anfangs über seine Jugend sowie die Anfänge seines Fanlebens und seiner Tätigkeit bei Rapid in den 1990er Jahren. Die ersten fünf Jahre ab 1992 seien ein Kennenlernen von ihm und den Fans gewesen. Er wäre schon damals offen empfangen worden und habe begonnen, den Vereinsverantwortlichen Wünsche der Fans weiterzugeben. Der erste Schritt näher zur Mannschaft sei unter Dokupil gewesen, der ihm erlaubt hatte, sich nicht oben im Sprecherkammerl sondern unten am Spielfeld aufzuhalten. Eindrücklich schildert Marek, wie die Erfolge 1996 die schwache Struktur des Vereins überrannt haben, oder, wie Anfang der 2000er mit dem Einzug des Internets über Mails Beschwerden in größerer Zahl kamen und dann die Fanforen im Internet entstanden. Diskussionen, die man früher nicht mitbekommen hatte, bekam man im Verein jetzt alle mit und musste damit umgehen. Als Positives daraus nennt Marek die Ideen zur Abopreisneugestaltung Anfang der 2000er Jahre, die zum Boom des Block West beigetragen haben.
Heinz Deutsch konfrontiert Marek mit einer alten Aussage, dass Rapid wie eine Droge sei – wie will er den Entzug schaffen? Mareks Antwort ist klar: „Der Entzug wird sich in Grenzen halten, weil ich seit vielen, vielen Jahren kein Spiel mehr genießen kann.“ Der Aufgabenbereich in der Spieltagsorganisation und die Anspannung ist so groß derzeit, dass er glaubt, nach dem 16.2. ein Spiel seines Herzensklubs wieder genießen zu können. In der schwierigen Zeit nach dem Platzsturm 2011 habe er natürlich auch hinterfragt, ob gescheitert sei. Der Weg des Dialogs zwischen Verein und Fanszene sei aber alternativlos. Er spricht auch an, dass der Dialog nicht nur wegen des medialen Feuers von außen sondern auch wegen Stimmen von Rapid-Fans und auch in der Geschäftsstelle selbst schwierig war. Stolz sei er darauf, dass ihm gegebene Zusagen immer eingehalten wurden. Nicht gelungen ist, das neue Stadion am Beginn auszuverkaufen. Es sei Jammern auf hohem Niveau mit 20.000 Zuschauerinnen und Zuschauern, aber das hätte er gern gehabt. Gegen Ende kommt man aus dem Schmunzeln nicht heraus, wenn Andy Marek die herrlichen Anekdoten aus Kasan 2004 erzählt. Von Heinz Deutsch gefragt, wo man ihn in fünf Jahren sehen wird, sagt Marek: „Hoffentlich ganz gesund, und dann werde ich pendeln zwischen Block West und VIP-Tribüne.“ Am 16. Februar wird Andy Marek zum letzten Mal einen Rapid-Spieltag mit voller Verantwortung haben und verabschiedet werden.

Folge 21 ist einem traurigen Anlass gewidmet, denn Heinz Deutsch spricht kurze persönliche Worte in Gedenken an die verstorbenen Alfred Körner und Rudolf Koblowsky. Zu beiden Personen habe er „direkt oder indirekt eine Beziehung“ gehabt. Ultras Rapid-Mitgründer Koblowsky habe seit den 1970er Jahren die Fanszene mitgeprägt, sodass sie heute so ist wie sie ist und war durch seine seinerzeitige Arbeit österreichweit anerkannt. Anfang der 1980er Jahre hatten sich ihre Wege erstmals gekreuzt. Mit Alfred Körner sei eine der letzten Persönlichkeiten verstorben, die den „Mythos Rapid in sich getragen“ habe. Körner habe er ein- oder zweimal persönlich getroffen, ihn also nicht gut gekannt, aber er habe dennoch das verkörpert, was man Rapidgeist bezeichnet. Ihn habe eine gewisse Aura umgeben und er sei ein richtiger Wiener gewesen. Alfred Körner wurde am 6. Februar zu Grabe getragen, Rudolf Koblowsky wird am 15. Februar bestattet werden.

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