Samstag, 18. März 2023

Kematen – Wacker Innsbruck 2:1 (0:1)

Tirol, Tiroler Liga, 16. Runde, 18.3.2023
Melach Road, 1.563

Fußballfest in Kematen in Tirol beim Gastspiel von Wacker Innsbruck zum Frühjahrsauftakt der Tiroler Liga. Kurz vor der Pause konnten die Gäste ihren Führungstreffer bejubeln. In der zweiten Hälfte entschieden nicht nur zwei Kematner Tore nach einem Corner und einem Freistoß sondern auch zwei Ausschlüsse für die Innsbrucker danach (einmal glatt Rot fur Kritik und einmal Gelb-Rot für ein Foul) das Spiel zugunsten des SV Kematen.
„Winter ade! Aloha FCW!“ war zu Spielbeginn auf der Choreographie von Unterland zu lesen. Nach der monatelangen Winterpause ging es wieder los und als hätten sie die sommerlichen Verhältnisse vorausgeahnt, war der Frühjahrssaisonauftakt unter das Motto „Die Winterpause war lange genug! Zeit für Sommer, Sonne und Wacker Innsbruck“ gestellt worden. Dementsprechend war ein guter Teil des Gästeblocks im Sommer-Outfit angezogen, es waren Luftmatratze, Wasserbälle und diverse Freibadutensilien dabei.
Für die Tivoli Nord war es das historische erste Pflichtspiel nach der im Jänner 2023 erfolgten Auflösung der 1991 gegründeten Verrückten Köpfe. In Kematen konnte der Innsbrucker Anhang nach einem kurzen Marsch vom Bahnhof zum Sportplatz auf einer eigens aufgestellte Tribüne am Nordende ihren Platz einnehmen, womit die Tivoli Nord hier auch geographisch passend und mit ähnlichem Bergpanorama im Rücken stand. Gesanglich wurde u.a. das 2023 anstehende 110-jährige Jubiläum des FC Wacker Innsbruck thematisiert. Dazu hing auch ein Jubiläumslogo über dem Tivoli-Nord-Fetzen.
Den Wiederbeginn nach der Pause leitete Wacker Unser mit ihrem Spruch „Rebellisch bleiben“ und einem Che mit 13-Jahre-Aufschrift ein. WU wurde 2010 gegründet. Von ihnen gab es auch ein Spruchband für die in der Türkei bedrängten und zuletzt in Bursa attackierten Amedspor. Dazu hing auch ein Wimpel der in Syrien aktiven kurdischen Miliz YPG.
„Come on you Blues“ war in Kematen oft zu lesen. Die blaue Vereinsfarbe ist hier sehr präsent. Sei es an der Farbgebung in den Gebäuden, am Matchprogramm auf blauem Papier oder beim Transparent Blues Brothers. Hier wird sichtlich engagiert und mit großer Liebe für den Verein gearbeitet. Die Vielfalt an Fanartikeln im eigenen Fanshop übertrumpft so manchen österreichischen Bundesligisten.
Die Fußballgeschichte des SV Kematen geht auf das 1946 bis 1960 bestehende Flüchtlingslager Kematen zurück. In diesem lebten nach 1945 „Volksdeutsche“ aus Rumänien, Ungarn und oder Jugoslawien, die mit der Niederlage der Nazis im Zweiten Weltkrieg entweder aus Angst vor Rache für die NS-Verbrechen mit der zurückziehenden deutschen Wehrmacht geflohen oder nach Kriegsende vertrieben worden waren. Das damalige UNO-Flüchtlingshilfswerk UNNRA nutzte zu ihrer Unterbringung Baracken des vorherigen Zwangsarbeitslagers der Nazis in Kematen. Die Flüchtlinge bildeten 1946 einen SV Süd-Ost, als ausländischen Staatsbürgern wurde ihnen aber vom Tiroler Fußballverband die Aufnahme verweigert. 1947 gelang das aber dann dem Arbeiter-Sportverein ASV Kematen mit Tiroler Gründungsmitgliedern. Verstärkt durch ungarische Flüchtlinge nach dem niedergeschlagenen Volksaufstand in Ungarn 1956 erlebte der Verein eine Hochblüte, in der man u.a. den FC Wacker Innsbruck 11:0 schlug. 1960 schaffte man den Aufstieg in die Tiroler Landesliga. 1962 wurde aus dem ASV Kematen nach Beitritt zum Dachverband ASVÖ der SV Kematen. Den größten Vereinserfolg erreichte man 1977 mit dem Aufstieg in die aus Tirol und Salzburg gebildete Alpenliga, in der Kematen von 1977/78 bis 1979/80 drittklassig spielte. Mit Ausnahme eines Ausrutschers in die Gebietsliga Mitte der 2000er Jahre spielt Kematen seither in der fünftklassigen Landesliga oder viertklassigen Tiroler Liga.
Der Sportplatz wurde 1968 eröffnet. Er liegt am Melachweg nach dem Fluss Melach. In den Jahren 2014 und 2015 wurde die Anlage neu gestaltet. Auffällig ist der Schriftzug FUSSBALL am neuen Kabinentrakt. 2022 hat man den Eingangsbereich erneuert und den Sportplatz dabei auch Melach Road benannt. Eine wahre Attraktion sind die Turnstiles aus dem leider abgerissenen Londoner Boleyn Ground (Upton Park). Obmann Arno Bucher ist Fan von West Ham United, hat die Drehkreuze ersteigert und hierher bringen lassen. So herrscht hier ein Hauch an britischer Fußballkultur zu Füßen der imposanten Martinswand. Die Berge sind hier omnipräsent. Von der Alpinen Skiweltmeisterschaft 1978 in Garmisch-Partenkirchen stammt das markante Haus mit Spitzdach am Eingang.
Vor dem Spiel wurde der Ort Kematen in Tirol besichtigt.

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