Freitag, 12. Juni 2020

1899fm – Folgen 30 und 31




Rezension


Heinz Deutsch
1899fm
Rapidfunk
1899fm.net







Roman Horak, Kulturwissenschaftler, erzählt in Folge 30 des 1899fm-Podcasts von Heinz Deutsch, wie er aus der Forschung wieder zum Fußball und zu Rapid zurückgefunden hat. Aufgewachsen ist er in einem Dorf am Land, wo zeitgebunden anfangs der 1960er Jahren die Kinder entweder Sportclub- oder Austriaanhänger waren. Er wurde Rapidler, nachdem Rapid in einem Nachbardorf zu einem Spiel zu Gast gewesen war. Der wiedergewonnenen Zugang zu Rapid kam dann als junger Wissenschaftler aus der Forschungspraxis, nicht nur aus der Distanz über Fans zu schreiben, sondern mit ihnen mitzufahren. So war er in den frühe 1980er Jahren dadurch bei Auswärtsfahrten und im Stadion dabei. In seiner Wissenschaftlerbiographie ging er dann weiter zur Fußballgeschichte über und war für wesentliche Beiträge über Wien in der Zwischenkriegszeit mitverantwortlich. Seit circa 1984 geht er jetzt auch privat regelmäßig zu Rapid ins Stadion, in einer gewachsenen Freundesrunde von mittlerweile 15 Abonnenten.
Im Fanverhalten „geht ja nicht um den Fußball an sich“, hält Horak fest, „es geht um etwas Besonderes: Eine eigenartige, kaum erklärbare, aber doch da seiende Bindung an einen bestimmten Verein.“ Zum Fußball gehörten nicht nur Spieler sondern es gehören dazu auch die Zuschauerinnen und Zuschauer dazu. Sich ein Geisterspiel im Fernsehen ansehen zu müssen ist ein ganz anderes Erlebnis als im Stadion dabei zu sein: „Ich sehe nicht nur einen beschränkten Ausschnitt in diesem komischen Fernsehkastl, sondern ich bin Teil desselben. Das ist der wesentliche Unterschied: Ich bin als Zuseher im Stadion Teil des Geschehens.“
Horak geht auch auf die Abgrenzung zu Rivalen ein. „Die Zurückweisung und die Verachtung von Red Bull ist vor allem auch eine Verachtung dieses Nicht-Fußballvereins. Das sind eigentlich keine Gegner, weil das ist kein wirklicher Verein.“ Die Austria wäre hingegen ein jahrzehntelanger Gegner, „auf den man so bös sein kann, der einem so viel Leid zugefügt hat und manchmal auch Freude gewährt hat. Das ist eine ganz andere Qualität.“ Denn: „Ein Sieg gegen Red Bull ist ein Sieg des Fußballs per se, wie wir ihn seit über hundert Jahren verstehen. Ein Sieg über die Austria ist ein Sieg gegen jemand, der auch zu unserer Kultur gehört, aber das andere ist. Aber innerhalb einer Struktur. Red Bull ist eine andere Welt. Das ist die Antithese zu dem, was Fußball immer war.“
Gegenüber der gegenwärtigen Rapid der letzten Jahre ist Horak kritisch. So habe er „seit Jahren keine gescheite Partie mehr gesehen, wo ich mich gefreut habe vom Anfang bis zum Schluss.“ Es wären keine schlechten Fußballer, aber es passe nicht zu den Erwartungshaltungen, die man mit einem Rapidler verbinde. „Das Besondere geht mir irgendwie ab.“ erklärt er zum Stadiongefühl im neuen Weststadion. „Das Hanappi-Stadion war als Stadion etwas Besonderes.“
Spannend war Horaks deutlich artikulierte negative Bewertung der Gestaltung des FAK-Museums („völlig überladen“, „völlig angeramscht“, „ästhetisch letztklassig“, „ganz missglückt“). Das weckte erstmals den Gedanken, sich dieses vielleicht doch einmal anzuschauen.

Alexander Huber, langjähriger Rapid-Experte der Tageszeitung Kurier, bietet im Gespräch in Folge 31 seinen analytischen Blick von außen auf den Verein. Zu seiner persönlichen Geschichte erzählt er eingangs, dass er zweimal mit Herzogenburg in Testspielen gegen Rapid gespielt hat, seit 20 Jahren im Journalismus ist, seit 16 Jahren fix im Kurier ist und seit 2006 für den Kurier über Rapid berichtet.
Zur Bewertung der Geisterspiele verweist Huber auf die körperlichen Voraussetzungen: „Man darf nicht vergessen: Es war die längste Pause, die Profifußballer bisher in ihrem Leben hatten.“ Spielerisch seien die Spiele natürlich ausbaufähig, aber die Spieler sind eben keine Maschinen. Die Spiele würden über die Körperlichkeit entschieden werden. Im Gespräch mit Heinz Deutsch wird auch der Einfluss des Publikums auf ein Spiel diskutiert und Huber gibt dazu die Einschätzung, dass nach den Geisterspielen der Hunger der Fußballöffentlichkeit auf Stimmung in Stadien größer sein werde als er davor gewesen ist.
Rapid leide am meisten in der Krise, weil der größte Brocken in der Finanzierung jetzt weggefallen ist. Der nächste Kader werde nach der Krise billiger, jünger und „rapid-authentischer“ sein, meint Huber. Eine Hilfe werde dabei die gemeinsame Herangehensweise von Kühbauer und Barišić mit der Vorliebe für sinnvolles und gegen nicht sinnvolles Geldausgeben sein. Themen sind darüber hinaus die Verletzungsanfälligkeit, das LASK-Skandal, negative Energien im Verein, Fans und Medien, Transfers und einiges andere.

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