Donnerstag, 6. März 2025

Borac Banja Luka – Rapid 1:1 (0:1)

UEFA Conference League, Achtelfinale, Hinspiel, 6.3.2025
Gradski stadion Banja Luka, 9.500

Rapid spielte im Hinspiel des Europacup-Achtelfinale 1:1. Vor der Abschaffung der Auswärtstorregel wäre das ein besseres Ergebnis für das Rückspiel gewesen. Es war ein hitziges Match, was einen unruhig werden ließ. Beljo erzielte die Führung und hätte auch fast einen Assist gehabt, aber Sangaré vergab bemerkenswert. Statt 2:0 oder 3:0 für Rapid stand es am Ende nach Elfmeter 1:1.
In Minute 58 wurde bei Borac Ex-Rapidler Srđan Grahovac eingewechselt. Er war 2014 von Borac zu Rapid gewechselt, bis 2017 geblieben und war 2019 bis 2022 noch eine zweite dreijährige Zeit Rapidspieler gewesen. Nach dem Ende kam er auch noch applaudierend zum Rapidblock und wurde gefeiert.
Während die Individualreisenden schon ab zwei Stunden vor Spielbeginn Einlass hatten, kamen die Busse erste eine halbe Stunde vorher am Stadion an. Die Fahnen in den Farben Rapids wehten als Intro erst zur zweiten Hälfte. 670 Rapidfans im Block und noch einmal rund 200 auf der Haupttribüne waren ihrem Verein nach Bosnien gefolgt und unterstützten ihren Verein lautstark.
Den Traum vom Europacup machten die Lešinari (Лешинари) („Geier“) zum Thema ihrer Choreographie. Sie supporteten erwartungsgemäß mächtig und Wechselgesänge mit den anderen Tribünen hatten eine hohe Mitmachquote. Man hörte den Vorsänger aber auch auf der Längsseite in voller Lautstärke. Vor dem Spiel zog der Fanblock pyroschießend eine Runde zu ihrem Sektor und warf nach Spielende auch noch diverse Artikel und Steine Richtung der Rapidfans. Das Buch Navijači berichtet in seiner 2023 erschienen deutschen Übersetzung des polnischen Originals aus dem Jahr 2020 auf sechs Seiten über die Geschichte der 1987 gegründeten Lešinari und hält auch die Unterschiede zwischen der ersten Generation von 1987, die mit den Leuten vom FK Sarajevo befreundet und ein Spielbild einer ethnisch gemischten vielfältigen Stadt waren, und der Gegenwart einer rein serbisch-nationalistischen Gruppe fest. „Die Lešinari von damals und die Lešinari von heute sind lediglich durch das Gründungsdatum und den Gruppennamen verbunden. Viele derjenigen, die die Gruppe einst gründeten, starben während der Kämpfe um die Republika Srpska, fast alle muslimischen Anhänger verließen Banja Luka oder wurden vertrieben. Ebenso verlor ein nicht geringer Teil im Zuge der Kriegswirren die Lust am aktiven Fandasein.“ Als bemerkenswert ist im Buch auch noch festgehalten, dass Banja Luka (neben in geringerem Ausmaß auch die Stadt Kragujevac) die einzige serbische Stadt am Balkan ist, in der es keine organisierten Gruppen von Partizan und Crvena zvezda gibt, da die Lešinari dominieren.
Rapid steht zum 22. Mal in der Vereinsgeschichte in einem Europacup-Achtelfinale (zuvor 1955/56, 1956/57, 1960/61, 1963/64, 1964/65, 1966/67, 1967/68, 1968/69, 1971/72, 1972/73, 1973/74, 1981/82, 1982/83, 1983/84, 1984/85, 1985/86, 1986/87, 1987/88, 1989/90, 1995/96 und 1997/98). Bereits das erste Europacupspiel Rapids gegen PSV Eindhoven 1955 war ein Achtelfinalspiel, da in der ersten Saison des neu eingeführten Bewerbs 1955/56 noch nicht so viele Vereine teilnahmen. Auch in den folgenden Jahrzehnten kam man schon nach wenigen Runden ins Achtelfinale. Als Rapid im UEFA-Cup 1997/98 bislang zum letzten Mal ein Europacup-Achtelfinale erreicht hatte, hatte man schon eine Qualifikationsrunde (FC Boby Brno) und zwei reguläre Runden (Hapoel Petah-Tikva FC und TSV 1860 München) überstehen müssen, bevor man im Achtelfinale dem späteren Finalisten S.S. Lazio unterlag.
Der FK Borac Banja Luka (ФК Борац Бања Лука) wurde 1926 als Раднички спортски клуб Борац Radnički sportski klub Borac („Arbeitersportklub Borac“) gegründet. Das Wort Borac heißt „Kämpfer“. In den ersten Jahren stand der Arbeiterverein im Schatten des größeren und sportlich erfolgreicheren ŠK Krajišnik Banja Luka (ШК Крајишник Бања Лука). Dieser seit 1919 bestehende Verein des Bürgertums der Stadt wurde ebenso wie Borac und andere Vereine unter der kroatischen Ustascha-Herrschaft 1941 verboten und aufgelöst. Im neuen kommunistischen Jugoslawien 1945 konnte nur mehr Borac wiederentstehen und entwickelte sich zum fußballerischen Ausgängeschild der Stadt. 1974 erreichte man erstmals das jugoslawische Cupfinale. Darin unterlag der Verein zwar Hajduk Split, da diese 1974/75 aber auch Meister waren, konnte Borac 1975/76 im Cup der Cupsieger erstmals im Europacup antreten. In der ersten Runde schoss man die US Rumelange aus Luxemburg 9:0 und 5:1 ab und unterlag dann in der zweiten Runde dem späteren Europacupsieger RSC Anderlecht. Seinen größten Erfolg im jugoslawischen Fußball schaffte Borac mit dem Cupsieg 1987/88. Das Finale wurde im Belgrader Stadion JNA vor 25.000 Zuschauerinnen und Zuschauern (darunter 2.000 aus Banja Luka) gegen Crvena zvezda gewonnen. Im Europacup schied man diesmal in der ersten Runde gegen Metalist Charkiw aus.
1992 war Jugoslawien in jahrelangem blutigen Krieg und Staatszerfall. Borac war in jenem Jahr letzter Sieger des Mitropacups, der in seiner zweiten Auflage 1955 bis 1992 aber als niederrangiger Bewerb nicht vergleichbar mit der dem Stellenwert der Champions League entsprechenden Mitropacup der Zwischenkriegszeit war. 1992 gab es ein Viererturnier an 27.5. und 29.5.1992 in Foggia mit dem Meister der Serie B 1990/91 Foggia Calcio, Borac Banja Luka als jugoslawischer Tabellenfünfter, dem DAC als tschechoslowakischem Tabellenvierten und dem BVSC als Zweitliga-Meister Ungarns.
In den Kriegsjahren nach der bosnischen Unabhängigkeit 1992 mit seinen 100.000 Toten nahm Borac Banja Luka 1992/93 bis 1994/95 am Ligabetrieb des nur mehr aus Serbien und Montenegro bestehenden Restjugoslawien teil (1992/93 in der ersten Liga und dann zwei Saisonen in der zweiten Liga), wobei die Heimspiele aufgrund des Kriegs nicht zuhause sondern im westserbischen Vajlevo ausgetragen wurden. Danach spielte Borac in der Liga der bosnisch-serbischen Republika Srpska und spielt seit 2002/03 mit wenigen Abstiegssaisonen Unterbrechung in der seit 2000/01 bestehenden gemeinsamen ersten Liga Bosnien und Herzegovina. Mit drei Meistertiteln 2010/11, 2020/21 und 2023/24 und einem Cupsieg 2009/10 gehört man zu den erfolgreichen Fußballvereinen des Landes und ist mittlerweile regelmäßiger Europacupteilnehmer. Dabei unterlag Borac u.a. zuletzt leider 2023 dem FAK. Im Herbst dieser Saison gewannen sie in der Conference League Liga gegen den LASK.
Das Gradski stadion Banja Luka (Градски стадион Бања Лука), das städtische Stadion von Banja Luka, wurde 1937 als Stadion des ŠK Krajišnik unter dem Namen Stadion Bana Kujundžića (Стадион Бана Кујунџића), benannt nach dem Politiker Bogoljub Kujundžić, eröffnet. Da dieser mit den Nazis kollaborierte, wurde der Stadionname nach der Befreiung 1945 geändert. Seither hat hier auch Borac seine Heimstätte. 1987 gab es hier ein Länderspiel der von Ivica Osim trainierten jugoslawischen Nationalmannschaft gegen Österreich, das Jugoslawien vor 25.000 Zuschauerinnen und Zuschauern überlegen 4:0 gewann. So viele Leute dürfen hier heute nicht mehr herein. 9.730 Sitzplätze gibt es hier nun.
Vor dem Spiel habe ich die Stadt Banja Luka besichtigt.

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