Dienstag, 13. März 2018

Ballesterer 130




Rezension


Ballesterer
Nr. 130, April 2018
84 S.







„Dynamo ist Dresden, Dresden ist Dynamo“ lautet ein markanter Leitspruch von Dynamo Dresden. In der Titelgeschichte beschreibt Jakob Rosenberg das enge Verhältnis und die wechselseitige Identifikation von Verein, Fans und Stadt. „Das Besondere an uns ist, dass der Verein ohne die Fans nicht mehr existieren würde.“ sagt der Fanbeauftragte mit Blick auf sportlich triste und finanziell existenzbedrohende Zeiten: „Uns ist allen noch das Spiel gegen Wacker Nordhausen 2001 in der Oberliga mit 920 Zuschauern in Erinnerung. Ein Tiefpunkt.“ Aktuell spielt Dynamo seine erst siebente Saison in der 2. deutschen Bundesliga, vor 28.000 Zuschauerinnen und Zuschauern.
Die Ultras Dynamo erzählen, dass sie sich nicht als klassische Ultras verstehen würden und eben anders seien. Zum Thema Gewalt heißt es: „Wir haben uns den schlechten Ruf schon auch hart erarbeitet.“ Aufgrund medial aufgebauschter Vorfälle kommentiert der Vereine solche erst nach Rücksprache bei Fanprojekt und Fanszene über die tatsächlichen Ereignisse. Dem „Stereotyp des Dresdner Rechtsextremen“ hält der Artikel positive Entwicklungen entgegen wie antirassistische Aktivitäten des Vereins und Stellungnahmen der Ultras Dynamo gegen die politische Vereinnahmung Dynamos durch den Anführer der Dresdner rechtsextremen „Pegida“. Es werden in der Reportage wichtige Gegenstandpunkte zum angesprochenen Stereotyp herausgestrichen, da Gegenbeispiele ohnehin oft mehr Aufmerksamkeit erhalten, aber vielleicht ist der Blick hier auch ein wenig zu optimistisch. Klar positiv ist die beschriebene Entwicklung zum traditionsbewussten Mitgliederverein.
Ein weiterer Artikel im Rahmen des Schwerpunkts widmet sich der Aktion „Krieg dem DFB“ und ihreren Folgen: Einerseits Entgegenkommen des DFB und andererseits Ermittlungen, Hausdurchschuchungen, Beschlagnahmen und Verfahren durch Polizei und Staatsanwaltschaft. Dazu gibt es ein Interview mit dem ehemaligen Spieler und jetzigen Geschäftsführer Ralf Minge.

Der ominöse Drei-Stufen-Plan zum Spielabbruch, Verbandskapriolen in Italien, Absurditäten in den USA und Blicke nach St. Gallen und Bochum sind gute Lektüre. Das Interview mit dem bei Ajax spielenden Rapidler Max Wöber macht Freude. Weiters ist hier eine großartige Fotoreportage von einem angesichts der Bodenverhältnisse dem Wasserball näher als dem Fußball gewesenen Spielbesuch im Kosovo zu finden und eine Betrachtung des Karrierewegs des GAKlers Wilhelm Huberts, der in den 1960er Jahren in den USA und der deutschen Bundesliga spielte.

Angesichts der Reportagen von Martin Schreiber (Winfred und Charles Amoah) und Hannes Gaisberger (Steuerhinterziehung der Fußballstars) frage ich mich, ob ich von ihnen in ihren jeweiligen Spezialgebieten (Sturm Graz und Spanien) schon jemals uninteressante Texte gelesen habe, die kein Genuss waren. Mir fällt keiner ein.

Von mir selbst gibt es eine Buchrezension von 92 − Eine Reise durch das Mutterland des Fußballs und in der Serie Nebenschauplätze schreibe ich diesmal über den Salzburger SAK.

Sogar über die „Kraftwerk“-Satire habe ich diesmal geschmunzelt. Ein gutes Heft.

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