Donnerstag, 16. August 2012
Ultras Italien
Rezension
Josef Gruber
Ultras Italien
Passione e Mentalità
Freital OT Pesterwitz 2012
(Burkhardt & Partner Verlag)
320 S.
Auf eine faszinierende Zeitreise lädt dieses Buch ein. Josef Gruber bereiste seit Mitte der 90er Jahre die Stadien Italiens und dokumentierte die Ultrakultur und ihre Atmosphäre. Sein Schatz an unzähligen Fotos liegt nun in einem Bildband vor.
Versammelt sind Bilder von 89 Spielen aus den Jahren 1998 bis 2006. Aufgrund der Zäsur von 2007 ist es eine historische Dokumentation. Zusätzlich zu den Bildern gibt es Texte und Informationen über die Fankurven aus der jeweiligen Zeit, veröffentlicht in Grubers damaligem Fanzine Unterwegs. Die Texte allein gäben für sich genommen schon genug Stoff für ein gutes Buch.
Im Interview erzählt Josef Gruber von seinem Werdegang. „Was mich bewegt, wenn ich an diese Zeiten zurückdenke? 1. Daß es diese farbenprächtigen Kurven in der damaligen Art nie mehr geben wird. 2. Daß es keine Corteos mehr gibt, die damals sogar in der Zeitung angekündigt wurden. 3. Daß es so viele historische Gruppen nicht mehr gibt.“
Beeindruckend an den vielen Bildern ist ihre Qualität und die Vielfalt, Größe und Farbenpracht der Kurven. Durch seine Kontakte konnte Josef Gruber manche Fotos machen, wie sie so wohl kein anderer und schon gar kein Außenstehender zuwegegebracht hätte. Sie lassen die Stimmung erahnen. Im Fokus der Bilder wie der Fanzine-Texte stehen die Kurven und ihre Aktionen, das sportliche Geschehen am Platz kommt selten und nur am Rande vor. Die Motive sind hier die Ultras, ihr Tifo und Support, sowie auch die Gewalttätigkeiten. Auch wenn man kein Ultra und auch sehr friedliebend ist, ist es eine spannende Fülle an Bildern und ein interessanter historischer Einblick.
Heute ist in Italien nicht alles, aber sehr vieles anders geworden. Das Jahr 2007 mit staatlichem Bemühen um Beendigung der Ultraszenen kam allerdings auch nicht ganz von ungefähr. Gruber selbst spricht von Livorno − kein pars pro toto, aber ein Beispiel der Entwicklung: „Vom Gesamtpaket war zu der Zeit, in der ich unten war, Livorno (Pisa Merde!) das Maß aller Dinge für mich. [...] Leider haben sie ihren Fokus zu sehr auf die Gewalt gelegt, was ihnen meiner Meinung nach das Genick brach. Sicher war es immer leiwand, es hat immer und an jeder Ecke gekracht, wenn du mit denen unterwegs warst. Aber es war schnell klar: Das kann nicht lange gutgehen. Wo sie heute angekommen sind, kann man an der leeren Kurve gut sehen ...“
Es ist schwer, viele Worte über einen Bildband zu verlieren. Um die Bilder für sich sprechen zu lassen, gibt es einen kleinen Vorgeschmack hier.
© Josef Gruber / Burkhardt & Partner Verlag
Nach der Lektüre des Buchs ist ein Vorbeischauen auf Josef Grubers Seite Unterwegs − der Blog empfehlenswert, wo man sein Archiv für Fanzines, Videos und Fotos findet.
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