Sonntag, 18. April 2021

Fußballsucht




Rezension


Heiko Lükemann
Fußballsucht
Wenn Alte Herren groundhoppen
Göttingen 2020
(Die Werkstatt)
160 S.









Groundhopping hat sich zu einem Phänomen entwickelt, dem tausende Fußballbegeisterte folgen. Mit den wenigen Ausnahmen derjenigen, die das schon seit den 1990er Jahren tun, betreiben es vorwiegend Männer in ihren 20ern bis 40ern. Der 1963 geborene Heiko Lükemann aus dem norddeutschen Bundesland Schleswig-Holstein war dem Fußball schon lang verbunden, kam allerdings erst im fortgeschrittenen Alter über seinen Schwiegersohn in spe dazu. Der Untertitel „Wenn Alte Herren groundhoppen“ fasst das Thema des Buchs zusammen. Lükemann schreibt von seiner späten Begeisterung und den Erlebnissen beim „Grounden“, wie er seine Leidenschaft mit einem ungewöhnlichen Begriff bezeichnet, der eigentlich aus der Luftfahrt bekannt ist.

Eine zentrale Rolle spielt für ihn eine App, die das Fußballreisen zu einem Handyspiel macht. Lükemann stellt sie als Schlüssel zu seinem Groundhopping vor. Für Spielbesuche erhält man „bunte Badges“, wie er begeistert schreibt. Ein Praxisbeispiel im Buch ist ein Wien-Urlaub mit seiner Frau: Im Hotel öffnet er die App, die ihm über die Funktion „Spiele in der Nähe“ ein Europacupspiel von Slovan Bratislava am nächsten Tag anzeigt, woraufhin er nach einer kurzen Diskussion dort hinfährt. Das machen nicht alle so. Jedenfalls setzt Groundhopping aber Organisationsfähigkeit und Rücksichtnahme voraus. Lükemann zeigt das anschaulich bei der Kombination einer Schottland-Reise mit Freunden mit Rückflug am Tag seiner Silbernen Hochzeit, die er mit seiner Frau dann nach seiner Ankunft am Abend feiert.

Kenner werden hier zwar nichts Neues erfahren, allen anderen Lesern gewährt das Buch aber einen Einblick in die Erlebnisse eines an Lebensjahren älteren und Groundhoppingjahren jüngeren Fußballsüchtigen.

Diese Rezension ist zuerst in ballesterer 153 erschienen.

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