Mittwoch, 5. Dezember 2018

Ballesterer 137




Rezension


Ballesterer
Nr. 137, Dezember 2018
84 S.








„Früher waren wir der Gastarbeiterklub, dann der Ausländerverein, jetzt der Migrantenverein,“ sagt Harald Aumeier vom ehemaligen Berliner Ober- und Regionalligisten Türkiyemspor. „Vielleicht werden wir irgendwann transnational genannt. Die Veränderungen spiegeln den Umgang mit Migration wider.“ Die Integrationsdebatte im Fußball ist das Thema der Titelgeschichte von Benjamin Schacherl und Nicole Selmer. Sie sprachen dafür auch mit einem Praktiker im Wiener Unterhausfußball beim vor einem Jahrhundert tschechischen und heute vielfältigen Migrantenverein Slovan HAC („Wir reden nicht von Integration, wir machen einfach,“ sagt dort Sektionsleiter Matthias Sodl, „Ich glaube, dass es gar nicht anders geht.“), einem Wissenschaftler, einem ÖFB-Vertreter, einem Politiker und dem Wiener Flüchtlingsprojekt Kicken ohne Grenzen.

Eindrücklich ist die persönliche Erzählung des ehemaligen Ost- und Zweitligafußballer Mirnel Sadović, der 1991 als Kind mit seiner Familie vor dem Krieg nach Österreich flüchtete. „Ich habe als Kind Menschen sterben sehen und fast jede Nacht Albträume gehabt. Man kann sich gar nicht vorstellen, was für eine Panik nach einem Bombentreffer herrscht. [...] Wir sind zu meinem Onkel gezogen, der schon in Wien gelebt hat. [...] Ich war in einer Flüchtlingsklasse und habe kein Wort Deutsch gesprochen. In dieser Klasse waren wir von den anderen Kindern komplett isoliert. [...] Erst als ich in einer normalen Klasse war, habe ich langsam begonnen, Deutsch zu verstehen. [...] In der Klasse war ich der Außenseiter. Ich konnte kein Deutsch und war nicht so angezogen wie die anderen. Das Einzige, was ich gut konnte, war Fußball spielen. Ich habe mich dadurch beliebter gemacht. Es ist enorm wichtig, über diesem Weg Anerkennung zu bekommen, wenn es in anderen Bereichen nicht möglich ist.“ Ebenso eindrücklich ist die persönliche Erzählung von Siba al-Younes, die mit ihrer Familie vor dem Krieg in Syrien flüchtete und jetzt in Österreich Fußball spielt. Eine weitere stammt von Muhammet Akagündüz.

Weitere Themen im Heft sind die Krise der Rapid und die Debatte über sie, die Moritz Ablinger kritisch betrachtet, der große Korruptionsskandal in Belgien, italienisches Ligenchaos in der Serie B, die Diskussion um den Verkauf des Wembley-Stadions, Fußball in Hongkong oder der Abschied vom Welser Union-Stadion. Daniel Shaked hat Spieler der Special Needs Teams von Rapid und FAK in Fotos portaitiert.

Der FC Schladming wird von mir in meiner Amateurfußballserie Nebenschauplätze vorgestellt.

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