Deutschland, 2. Bundesliga, 11. Runde, 31.10.2016
Millerntor-Stadion, 29.546
Ein vielumjubeltes Führungstor nach fünf Minuten, das mit Song 2 zelebriert wurde, ließ den Tabellenletzten St. Pauli hoffen. Der Nürnberger Torschütze vom Dienst, Ex-Rapidler Guido Burgstaller, sorgte aber eine Viertelstunde später für den Ausgleich. Nürnberg konnte seine Siegesserie nicht weiter fortsetzen. St. Pauli bleibt weiter auf Abstiegskurs.
Im Rahmen der Gastfreundschaft wurde wie sonst auch für die Gäste eine Viertelstunde vor Ankick ihre Hymne gespielt, an diesem Abend für die Nürnberger Die Legende lebt. Der Nürnberger Auswärtsblock antwortete hernach standesgemäß mit einem herzhaften Scheiß St. Pauli! Wesentlich lauter tönte später Das Herz von St. Pauli im Stadion vom Band, bis dann die Konserve in der Mitte des Lieds aufhörte und das Stadion weitersang.
Eine Choreographie mit einer Überrollfahne gab es nicht im Ultrasektor hinter dem Tor, sondern im oberen Sitzplatzbereich der Gegengerade, wo die Skinheads St. Pauli ihr zwanzigjähriges Bestehen feierten. Wenn die Südtribüne mit Ultrà St. Pauli und der viel größere Stehplatzbereich der Gegengerade, der alte Fansektor, gemeinsam oder im Wechselgesang sangen, dann war es schon laut.
Aus den besetzten Häusern der nahen Hamburger Hafenstraße war in den 1980er Jahren eine linke Fanszene entstanden. Sie veränderte den zuvor grauen Stadtteilverein. Durch kreative Fanaktionen bei den häufigen Finanzkrisen der Vergangenheit und ihrem offensiven Antifaschismus machte die Fanszene von sich reden und schuf den Mythos St. Pauli, der nun über Vermarktung das finanzielle Standbein des Vereins stellt.
Der FC St. Pauli wurde 1910 gegründet, wobei man bis 1924 die Fußballabteilung des Hamburg-St. Pauli Turnverein 1862 war. Man spielte wechselnd in der ersten oder zweiten norddeutschen Spielklasse. 1977/78 stieg St. Pauli erstmals für eine Saison in die erste Bundesliga auf. Von wenigen Jahren in der Bundesliga (1977/78, 1995 bis 1997, 2001/02, 2010/11) und in der Drittklassigkeit (zuletzt 2003 bis 2007) abgesehen, spielt St. Pauli seit Jahrzehnten zumeist zweitklassig.
Rapid spielte 2002 in Würmla (2:4), 2009 im Rahmen eines Turniers auf Zypern (3:3) und 2016 im Trainingslager in der Türkei (1:1) Vorbereitungsspiele gegen den FC St. Pauli.
Das Millerntor-Stadion wurde 1963 auf dem Hamburger Heiligengeistfeld eröffnet. Von 1970 bis 1998 hieß das Stadion nach einem ehemaligen Vereinspräsidenten Wilhelm-Koch-Stadion, wurde dann aber wieder rückbenannt nachdem bekannt worden war, dass Koch NSDAP-Mitglied war. Das alte Oval wurde einige Male umgebaut und zuletzt mit Stahlrohrgerüsttribünen ausgebaut. Von 2006 bis 2015 wurde das Stadion in einem fast ein Jahrzehnt dauernden Umbau komplett erneuert. Schritt für Schritt wurde nacheinander je eine Tribünenseite abgerissen und neu gebaut bis das heutige Stadion mit vier freistehenden Tribünen fertiggestellt war. Das Stadion hat nun eine Kapazität von 29.546 Plätzen, davon 16.940 Stehplätze. Zwei Drittel des Raums der Gegengerade sind Stehplätze, auf den Hintertortribünen ist es das untere Drittel. Die Logen hat man eingedenk der Prostitution auf der nahen Reeperbahn Séparées genannt. Die auf den Tribünen verewigten Statements Kein Mensch ist illegal und Kein Fußball den Faschisten (eine Umwandlung der Parole Kein Fußbreit den Faschisten) sind unmissverständlich. Die Stadionmusik ist hier eher punklastig. Lieder wie Antifa Hooligans hört man sonst nicht über Stadionlautsprecher.
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