Italien, Serie A, 17a giornata, 20.12.2019
Stadio Artemio Franchi, 33.055
Deutliche Niederlage der Fiorentina gegen die AS Roma bei teils strömendem Regen am Freitagabend. Die Fiorentina begann gar nicht schlecht, doch mit einem Doppelschlag binnen zweier Minuten stellte die Roma auf 0:2. Es gab zwar noch den Anschlusstreffer in der ersten Hälfte, aber die Roma gewann abgeklärt.
In der Curva Fiesole, deren wurde lautstark Abneigung gegen die Roma kundgetan. „Giallorosso bastardo“ oder „Roma merda“ etc. Die ersten sechs Spielminuten waren eine reine Abfolge von Antigesängen bis sich der Schwerpunkt der Gesänge auf Firenze verlagerte. Auffällig waren zwei sehr laute Böller. Zur Minute 13 (seiner Rückennummer) wurde für David Astori gesungen, was von der Tribüne zumindest teilweise von Applaus erwidert wurde. Der plötzliche Tod des beliebten Kapitäns hatte 2018 Florenz erschüttert und das Andenken an ihn wird weiter hochgehalten.
Im bummvollen Roma-Auswärtssektor konnte man feiern. Per Spruchband schickten sie Weihnachtsgrüße an Eingesperrte und Ausgesperrte.
Groß sind die Veränderungen im Stadio Artemio Franchi zu Florenz gegenüber meinem Besuch hier vor elf Jahren nicht. An einigen Details wie kleinen Dächern über neuen lila Sitzen im unteren Rang der offenen Längsseitentribüne sind Umbauten feststellbar.
Die Associazione Calcio Firenze Fiorentina entstand 1926 als AC Firenze aus der Fusion der Fußballsektionen des Club Sportivo Firenze (1870 gegründet) und der Polisportiva Giovanile Libertas (1877 gegründet). 1929/30 spielte man bereits als Fiorentina zum ersten Mal in der Serie B und 1931/32 zum ersten Mal in der Serie A. Die größten Erfolge waren die beiden italienischen Meistertitel 1955/56 und 1968/69, sechs Cupsiege der Coppa Italia 1939/40, 1960/61, 1965/66, 1974/75, 1995/96 und 2000/01 sowie der Europacupsieg im Cup der Cupsieger 1960/61.
In den 1990er Jahren hatte man mit Fiorentina-Rekordtorschützen Gabriel Batistuta den besten Stürmer der Serie A (Torschützenkönig 1994/95), gewann 1996 den Cup und spielte 1999/2000 in der Cahmpions League. Mit dem Ausscheiden gegen den FC Tirol in der ersten Runde des UEFA-Cups 2000 begann allerdings das Finanzloch immer größer zu werden, sodass Mitte 2001 bereits die Spielergehälter nicht mehr bezahlt werden konnten. Die Fiorentina ging mit Saisonende pleite und ihr wurde die Lienz entzogen. Unter dem Namen Florentia Viola wurde ein neuer Verein gegründet, der 2002/03 nicht im Amateurbereich starten musste sondern in der viertklassigen Serie C2 beginnen konnte. Das war nicht im Reglement vorgesehen, aber wurde außertourlich beschlossen. Die Liga wurde gewonnen und aus der Konkursmasse der Vereinsname ACF Fiorentina zurückgekauft. 2003/04 konnte die neue Fiorentina nach einem heftig umstrittenen Beschluss des Verbands die Serie C1 einfach überspringen und gleich in der Serie B weiterspielen. In den Play-offs schaffte man dann den Aufstieg in die Serie A. Unter Trainer Cesare Prandelli erlebte die Fiorentina vor einem Jahrzehnt einen erneuten Aufschwung: 2007/08 wurde das Semifinale des UEFA-Cups und 2009/10 das Achtelfinale der Champions League erreicht. 2018/19 schloss man die Serie A am schlechten 16. Tabellenplatz ab.
Rapid spielte 1961 in der zweiten Runde (Achtelfinale) des Europacups der Cupsieger gegen die Fiorentina und schied mit 3:1-Niederlage hier und 2:6 im Rückspiel im Wiener Praterstadion aus. 1965 gab es eine weitere Begegnung im damals allerdings schon bedeutungslosen Mitropacup, bei der Rapid ebenfalls im Prater 0:3 unterlag.
Das Stadio Artemio Franchi wurde 1931 als Stadio Giovanni Berta, benannt nach einem Faschisten, mit einem Spiel gegen die Admira eröffnet (auch wenn die Fiorentina zuvor hier bereits gegen Montevarchi gespielt hatte). Berühmt wurde dabei der aus Turin stammende Fiorentina-Spieler Bruno Neri, der als einziger der Mannschaft der Ehrentribüne nicht den faschistischen Gruß zeigte. 1944 wurde er als Partisanenkämpfer von deutschen Soldaten umgebracht. Das vom berühmten Architekten Pier Luigi Nervi geplante Stadion war ein hochmoderner architektonischer Meilenstein seiner Zeit (Stiegenaufgänge außen, freitragendes Dach ohne Stützen etc.), und mit seiner Form als D für „Duce“ Mussolini zugleich ein Ausdruck faschistischer Propaganda. Charakteristisch ist der als Landmark und Symbol für Kampfkraft von Athleten errichtete Turm, Torre di Maratona. Im März 1944 töteten Soldaten des italienischen faschistischen Reststaats im deutsch besetzten Norditalien am Turm fünf 21-jährige Italiener, die der Kriegsdienstverweigerung und damit der Sympathie mit den antifaschistischen Partisanen beschuldigt wurden.
Nach der Befreiung vom Faschismus wurde das Stadion nur mehr Stadio Comunale genannt bis es 1991 nach dem Funktionär Artemio Franchi benannt wurde. Für die WM 1990 (Entfernung ünd Überbauung der Laufbahn) und zuletzt nocheinmal 2013 wurde renoviert und umgebaut. Heute gibt es hier 43.147 Plätze. Den Rekordbesuch gab es 1952 bei einem Länderspiel zwischen Italien und England. Mit Stahlrohr-Zusatztribünen wurde eine Kapazität von 70.000 erreicht, es wurden aber 84.000 Karten verkauft und schließlich waren geschätzt 95.000 im Stadion. Es fanden hier 1934 und 1990 WM-Spiele statt, 1968 ein EM-Spiel (Semifinale) und 1960 Spiele des Fußballturniers der Olympischen Spiele von Rom. In den letzten Jahren gibt es immer wieder Diskussionen um einen Umbau oder Neubau.
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