Sonntag, 23. März 2025

Mariahilf-Frauen – Rapid-Frauen 0:13 (0:6)

Wiener Frauen-Landesliga, 11. Runde, 23.3.2025
SGP-Platz, 200

High Noon in Simmering. Mit dem zehnten Sieg im zehnten Meisterschaftsspiel ziehen die Rapid-Frauen weiter souverän ihren Runden an der Tabellenspitze. Wie beim 11:0-Sieg in der Hinrunde in Hütteldorf im Herbst zeigten sich die Mariahilferinnen engagiert, aber den klar spielstärkeren Rapidlerinnen unterlegen.
Vor und nach dem um 12 Uhr Mittags angepfiffenen Rapid-Spiel war volles Programm am neuen Kunstrasenplatz des FC Mariahilf. So spielte davor das dritte (!) und u.a. danach das zweite Mariahilfer Frauen-Team Meisterschaft und auch diverse Jugendteams hatten ihre Spiele.
„Authentisch erdig“ hatte ich die Atmosphäre bei meinem ersten Besuch hier im Jahr 2010 am Sportplatz des ehemaligen Werksvereins von Simmering-Graz-Pauker (SGP) bezeichnet. Ein Highlight war bereits vor fünfzehn Jahren das Kassenschild mit SGP-Aufschrift und Schilling-Eintrittspreisen. Am frisch gelb-schwarz gestrichenen historischen Kassenhaus prangt das herrliche Schild auch heute noch. Der früher auch Simmeringer Waggonfabrikplatz genannte Sportplatz war die Heimstätte des Werksfußballvereins der Simmeringer Waggonfabrik gewesen. „Denkmalgeschützt“ hatte ich vor fünfzehn Jahren das im Hintergrund zu sehende historische Gebäude der ÖBB-Werkstätte genannt. Nachdem dieses derzeit augenscheinlich abgerissen wird, trifft dies anscheinend nicht zu. In den grauen Hallen nebenan wartet die ÖBB die gern genutzten Nachtzüge.
Die Geschichte der Simmeringer Waggonfabrik geht auf die 1844 durch Übernahme des Vorgängerunternehmens durch den Fabriksleiter Heinrich Daniel Schmid gegründete k. k. landesbefugte Maschinenfabrik von H. D. Schmid, Nachfolger Rollé & Schwilgué zurück, die 1852 die Waggonproduktion von der Leopoldstadt nach Simmering verlagerte. 1869 wurde daraus die Maschinen- und Waggon-Fabriks-Aktien-Gesellschaft in Simmering vormals H. D. Schmid. Nach der Nazi-Machtübernahme und Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich vereinnahmten die Nazis das Unternehmen in 100%-igen Besitz ihrer Reichswerke Hermann Göring und benannten es 1939 in Simmeringer Maschinen- und Waggonbau-Aktiengesellschaft um. 1941 schlossen sie die Simmeringer Waggonfabrik, die Grazer Waggonfabrik und das Floridsdorfer Paukerwerk zur Simmering-Graz-Pauker Aktiengesellschaft für Maschinen-, Kessel- und Waggonbau zusammen, später kurz Simmering-Graz-Pauker (SGP) genannt. Der Großbetrieb – 1899 wurde der 40.000ste Eisenbahnwaggon ausgeliefert – war auch früh ein Zentrum der Arbeiterbewegung. Unter der Herrschaft der Nazis fanden sich im für die Kriegsproduktion arbeitenden Werk Widerstandsgruppen zusammen, welche den Betriebsablauf zu stören versuchten, Spenden für die Angehörigen von Inhaftierten sammelten und illegale Publikationen verbreiten, um der Propaganda der Nazis entgegenzuwirken. Im Sommer 1941 flog die Simmeringer Widerstandsgruppe auf. Die Nazis verhafteten mehr als 30 Personen. Nach der Befreiung 1945 wurde der Betrieb 1946 von der Republik Österreich verstaatlicht. Ab 1970 war SGP Teil der ÖIAG und das führende Maschinenbauunternehmen in Österreich. 1989 wurde SGP in mehrere kleinere Unternehmen aufgeteilt, die schrittweise an diverse Privateigentümer verkauft wurden. Seither produziert man im mittlerweile Siemens gehörenden Unternehmen nicht mehr zu fast 100% für die ÖBB sondern für verschiedene Auftraggeber.
Der Werksfußballverein hatte im Lauf seiner Geschichte verschiedene Namen. BSG Simmeringer Waggonfabrik 1935, 1939 als herausgelöste Fußballsektion SC MAWAS bis zur Einstellung des Spielbetriebs 1943, 1949 als Waggonfabrik Simmering neugegründet), 1950 bis 1979 nach Fusion mit dem mit dem SC Amateure XX SC Amateure-Waggonfabrik, nach Auflösung der Fusion wieder eigenständig SC Siemens-Graz-Pauker und nach 1992 nach Fusion mit dem SC Sturm-Amateure IX SC SGP-Sturm. 2001 war die Geschichte zuende. Der FC Mariahilf übernahm hier, zunächst mit dem Zusammenschluss SC SGP Mariahilf und dann ab 2003 nur mehr als FC Mariahilf.
Der FC Mariahilf wurde 1999 im VI. Wiener Gemeindebezirk Mariahilf gegründet, wo man bis heute in der Stumpergasse im Café-Restaurant Gschamster Diener des Vereinsgründers seinen Sitz hat. Da es dort aber keinen Fußballplatz gibt, spielte man 1999 zunächst auf der Schmelz und dann bald ab 2000 im XI. Bezirk. Internationale Aufmerksamkeit bekam der Verein zu seinem 20-jährigen Jubiläumsfest, da hier 2019 in ihrem ersten Spiel das neugebildete Frauen-Fußballteam des Vatikan zu Gast sein sollte. Die vom Apostolischen Nuntius, dem Botschafter des Staats Vatikans, angeführte Delegation ließ das Team aber noch vor Matchbeginn wieder abtreten und das Spiel absagen. Eine Gruppe der Mariahilf-Spielerinnen zeigte aufgemalte Protestbotschaften gegen die Politik der römisch-katholischen Kirche und für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen über ihren Körper. Im Publikum gab es auch ein Transparent gegen Homophobie. Der FC Mariahilf bat anschließend beim Vatikan und der Kirche um Entschuldigung.
Der Verein ist sozial engagiert und veranstaltet seit 2003 jährlich erfolgreiche Benefizturniere. 2024 wurde der sanierungsbedürftige Rasen am Spielfeld durch einen Kunstrasenbelag ersetzt. Auch das sichtlich ebenso stark genutzte Kleinfeld neben dem Kabinenhaus besitzt einen Kunstrasen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen