Mittwoch, 26. März 2025

Giulianova – Barletta 3:4 i.E. (2:2, 2:1)

Italien, Coppa Italia Dilettanti, Semifinale, ritorno, 26.3.2025
Stadio Rubens Fadini, 1.996

Ein großes Spiel in Italien bot das Semifinale der Coppa Italia der Eccellenza. Nachdem dem 1:1 im Hinspiel begann das Rückspiel quasi wieder bei null. Für Spannung war gesorgt. Giulianova schien die Trümpfe in der Hand zu haben und ging binnen weniger Minuten 2:0 in Führung. Noch vor dem Ende der ersten Hälfte konnte Barletta aber aus einem Elfmeter den Anschlusstreffer erzielen und nach etwas mehr als einer Stunde Spielzeit aus einem weiteren Elfmeter den Ausgleichstreffer zum 2:2. Die Elfmeter blieben an diesem Abend der Weg zum Ziel für Barletta. Verlängerung gab es keine, sondern man schritt nach Ablauf der 90 Minuten sogleich zum Elfmeterschießen. Hier war Barletta siegreich und konnte jubeln. Das Semifinalspiel hatten sie in ihren violett-weißen Ausweichdressen bestritten. Die Farbwahl des Vereins für dieses in der Saison 2024/25 als Spezialdress eingeführte vierte Trikot (Heimdress rot-weiß gestreift, Auswärtsdress weiß, drittes Dress rot) ist in der Freundschaft zu Austria Salzburg begründet.
Giulianova hatte den Regionalbewerb der Coppa Italia Dilettanti Abruzzo 2024/25 gewonnen und sich so für die Fase nazionale qualifiziert. Barletta hatte sich über den Cup in Apulien qualifiziert. 2025 wird Barletta nunmehr im Finale auf Rovato Vertovese treffen, die ihr Semifinale ebenfalls im Elfmeterschießen gewonnen hatten. Barletta hat die Meisterschaft der Eccellenza Puglia überlegen gewonnen und damit bereits den Direktaufstieg in die Serie D geschafft. Ein Aufstiegsplatz in die viertklassige Serie D ist auch der Hauptpreis für den landesweiten Cupsieger auf der Stufe der fünftklassigen Eccellenza. Sollte Barletta den Cup nach 2021/22 erneut gewinnen und der Aufstiegsplatz nicht benötigt werden, wird dieser an den in der Meisterschaft bestplatzierten Semifinalisten vergeben. Giulianova steht auch an der Tabellenspitze der Eccellenza in der Region Abruzzo, ist aber noch nicht Meister.
Das bisher daher größte Saisonspiel in Giulianova zelebrierte die Curva Ovest herausragend. Lange vor Spielbeginn wurde die eintreffende Mannschaft schon mit Gesängen motiviert. Es herrschte knisternde Spannung. „Amore incondizionato... al di là del risultato“ (Bedingungslose Liebe ... über das Ergebnis hinaus“) stand als Banner an der randvollen Kurve. Zu Matchbeginn gab es im Mittelblock eine „Curva Ovest“-Überrollfahne und links und rechts davon Pyrotechnik. Auch in der Mitte leuchteten im zweiten Schritt dann rote Fackeln.
Die Geschichte der Ultras begann hier 1979 mit dem Commando Ultrà Giulianova. Damals stand man noch auf der Distinti. Erst mit dem Neubau der Hintertortribüne 1994 zog man von der Längsseite in die Curva Ovest. 1989 kamen zum CUG die Brigate Giallorosse hinzu und in den 1990er Jahren weitere Gruppen, die sich 1998 zu Ultras Giulianova zusammenschlossen. In den 2000er Jahren zerfiel der Zusammenschluss zu mehreren kleineren Gruppen. Seit 2024 tritt man aber nunmehr wieder gemeinsam als Curva Ovest Giulianova auf. Zu nennen sind die Gruppen Ultras 1924 und Vecchio Stile. Gemellaggio besteht keines. In Amicizia freundschaftlich verbunden ist man derzeit vor allem mit der Santegidiese, die bei diesem Spiel auch in stattlicher höherer zweistelliger Anzahl dabei waren. Eine eher ältere Geschichte ist die Verbindung zu Contro Tendenza Bologna. Hauptgegner ist seit ersten Zwischenfällen in den 1930er Jahren Teramo.
Auffällig war in der Curva Ovest ein Spruchband als Stellungnahme gegen Zweitmannschaften im Ligabetrieb. Ein heißes Thema mit Protesten vieler Kurven spätestens seit nunmehr bereits in jeder Staffel der Serie C eine solche „Squadra B“ teilnimmt. Von Mentalität zeugten Spruchband und Gesänge für den im Herbst im Zuge eines Autounfalls mehrerer Foggia-Ultras verstorbenen Gaetano. Da sein Vater Antonio ein alter Barletta-Ultrà ist, wurde ihm Beileid ausgesprochen. Der Barletta-Block applaudierte.
Erst am Montagnachmittag, drei Tage vor dem Spiel, hatten sich die Behörden zu einer Sitzung zusammengefunden, um über die zugelassene Kapazität für dieses Match zu befinden. 1973 hatten zum Rekordspiel gegen die Sambenedettese 8.000 Leute im Stadion mehr oder weniger Platz. Von den insgesamt vorhandenen 4.347 Plätzen sind heute grundsätzlich 2.700 zugelassen. Die Behörden erlaubten für das Spiel 1.996 Zuschauerinnen und Zuschauer. Die Vereine hatten sich um ein Gästekontingent von 450 Karten bemüht. Erlaubt wurden nur 375 Karten, die ab 18:00 Uhr am Montagabend in Barletta verkauft wurden und nach einer Dreiviertelstunde ausverkauft waren. Am Dienstag schickte der Verein SSD Barletta noch ein offizielles Ansuchen um Erhöhung der Kartenanzahl mit Verwies auf die gute Beziehung zwischen den Vereinen und ihrem Anhang. Der eigentliche Gästesektor, eine Stahlrohrtribüne in der Curva Est, ist seit 2010 gesperrt, sodass die Gäste seither im Eck der Längsseite stehen. Dieser Bereich war so sehr überfüllt, dass dies kaum nur 375 Leute waren. Das müssen mehr gewesen sein. Auch auf Haupttribüne und Hintertortribüne war kein freier Aufgang zu sehen und alles so gesteckt voll, dass es wohl auch insgesamt deutlich mehr Leute im Stadion waren.
Gruppo Erotico, Mele Marce, Bulldog und Curva Sud hingen am Zaun des Auswärtssektors. Sehr viele große Schwenkfahnen wehten im Sektor und man ließ einen wiederholt guten Tifo hören und sehen.
Die ASD Giulianova Calcio 1924 wurde 1924 als Società Sportiva Giuliese gegründet. Damals trug man die farben Blau-Weiß. 1929 wurde daraus die Società Sportiva Pro Italia mit blauer Farbe und 1933 die Federazione Sportiva Giuliese, die 1925 ihre Aktivität einstellte. 1936 wurde die Società Polisportiva Castrum als neuer Verein gegründet und erstmals hatte man nun die Vereinsfarben Gelb und Rot. 1940 änderte man den Namen in AS Giulianova, musste aber bald im Zweiten Weltkrieg den Betrieb einstellen. Nach der Befreiung 1945 begann man als Società Sportiva Giulianova neu. Nach Ausschreitungen mit Platzsturm gegen Fermana und Prügel für den Schiedsrichter durch Zuschauer in einem Spiel gegen Avezzano in der Serie C 1947/48 wurde der Verein ausgeschlossen und aufgelöst. Mit Freccia d'Oro wurde ein neuer Verein gegründet, der im Unterhaus neu begann. 1951 hieß man wieder Società Polisportiva Giulianova und schaffte es nach zwei Jahrzehnten zurück in die Serie C. 1971/72 bis 1977/78 spielte Giulianova in der Serie C, 1978/79 und 1979/80 in der neuen Serie C2, 1980/81 und 1981/82 in der Serie C1, 1982/83 bis 1991/92 sowie 1994/95 und 1995/96 in der Serie C2, 1996/97 bis 2006/07 in der Serie C1, 2007/08 und 2008/09 in der Serie C2 bzw. Lega Pro Seconda Divisione, 2009/10 nocheinmal eine Saison in der Lega Pro Prima Divisione (vormals Serie C1) und 2010/11 und 2011/12 in wieder in der Lega Pro Seconda Divisione. Seit 1979 hieß der Verein dabei Giulianova Calcio. Nach dem Abstiegsplatz 2012 löste sich der Verein aus finanziellen Gründen auf. Stattdessen wurde die ASD Cologna Paese übernommen, zur ASD Città di Giulianova 1924 umbenannt, begann 2012/13 den Spielbetrieb in der Eccellenza Abruzzo und spielte 2013/14 bis 2015/16 in der Serie D. Nach dem Abstieg ging der Verein pleite und wurde aufgelöst. Stattdessen gründete man die ASD Real Giulianova und kaufte die Spielberechtigung der ASD Castellalto, mit der man in der Promozione antreten konnte. Nach zwei Aufstiegen war der Verein 2018/19 wieder in der Serie D. Nach dem Abstiegsplatz 2020/21 fusionierte man mit Nereto Calcio 1914 zur neuen ASD Giulianova, die in der Eccellenza antrat und auch wieder die historischen Vereinssymbole und das Wappen von Giulianova Calcio verwenden durfte. 2013 hatte diese der Fanverein ASD Giuliesi per sempre samt dem Sporttitel des historischen Vereins vom Gericht von Teramo erworben, hatte selbst aber keinen Spielbetrieb gestartet. Nun stellte er dies 2021 dem neuen Verein zur Verfügung. 2023 erwarb der Verein dies auch formell, womit die ASD Giulianova Calcio 1924 offizieller Nachfolgeverein der Giulianova Calcio ist.
Das Stadio Rubens Fadini wurde 1924 von der Giuliese als Sportplatz Campo della Fiera eröffnet. Nach Benennung als Castrum unter faschistischer Herrschaft hieß die Anlage nach der Befreiung schlicht Comunale. 1951 wurde das Stadion nach Rubens Fadini benannt, einem Spieler der 1949 beim Flugzeugabsturz von Superga getöteten Mannschaft Grande Torino. Die Benennung nach Rubens Fadini erfolgte dabei durch das Los einer Verlosung unter den Namen der verunglückten Fußballer. Die Tribünen wurden von den 1950er bis 1980er Jahren schrittweise gebaut. Zuletzt wurde 1994 die Curva Ovest anstelle einer Vorgängertribüne aus den 1960er Jahren neu errichtet. 2021 schuf der Künstler Marco Tentarelli an der Halle nebenan ein Wandgemälde, das verschiedene Persönlichkeiten aus der Vereinsgeschichte zeigt.
Vor dem Spiel habe ich die Stadt Giulianova besichtigt.

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