Donnerstag, 11. Mai 2017

Der tödliche Pass, 84


Rezension


Der tödliche Pass
Magazin zur näheren Betrachtung des Fußballspiels
Heft 84, April 2017
87 S.





Als „21st century schizoid man“ beschreibt sich 1860 München-Anhänger und Buchautor Claus Melchior angesichts der Situation seines Vereins (in Anlehnung an einen Song der 1960er Jahre). In einem der besten Artikel dieser Zeitschrift in den letzten Jahren holt er in seiner Analyse weit aus. Er beginnt in den Anfangsjahren des Vereins und erzählt von Höhe- und Tiefpunkten, um den Leserinnen und Lesern die aktuelle Malaise aus der Tiefe der Geschichte darzustellen. Interessant sind seine Darstellung der Anhänglichkeit vieler Fans an einen „starken Mann“, der den Verein wieder an die Spitze führen solle und wofür man viel aufzugeben bereit ist. Das zeige sich heute und habe sich schon in der sportlich erfolgreichen Wildmoser-Präsidentschafts-Zeit gezeigt, der den Verein mit Aufgabe des Grünwalder Stadions und dem Umzug ins Olympiastadion in seinem Bemühen, den FC Bayern nachzuahmen, der Möglichkeit der Entwicklung einer eigenen Identität als alternativer zweiter Stadtverein wie etwa St. Pauli in Hamburg genommen habe. „Dazu hätte auch eine eigene Spielstätte gehört. In den Boomjahren zum Ende des 20. Jahrhunderts wäre es vielleicht noch möglich gewesen, den Ausbau des Sechzgerstadions in eine zukunftstaugliche und den Ansprüchen des TSV 1860 genügende Heimstätte sowohl zu finanzieren wie auch baurechtlich genehmigt durchzusetzen.“ Stattdessen führte Wildmoser 1860 in die Beteiligung am Bayern-Stadionprojekt, das 1860 auch nach Abgabe aller Anteile an den FC Bayern mit seinen Betriebskosten ein im Spielbetrieb der 2. Bundesliga nicht wegzubekommendes strukturelles Defizit verursacht. Die beständige Finanzkrise führte 1860 zur Rettung vor der Insolvenz in den Besitz eines Investors, der seither mit großen Reden und hoher Personalfluktuation dem Gedeihen des Vereins im Wege steht und wohl eines Tages nach seinem Abgang den Verein die Insolvenz bringen wird. Die vielen Details, die Melchior hierzu bietet, sind in der Kürze hier nicht wiederzugeben.

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