Freitag, 5. Januar 2024

Boavista – Porto 1:1 (1:1)

Portugal, Primeira liga, jornada 16, 5.1.2024
Estádio do Bessa Século XXI, 13.945

Das Kräfteverhältnis im o Derby da Invicta in Porto ist eindeutig. Auf der einen Seite der Champions League-Verein FC Porto und auf der anderen Seite der kleinere Verein Boavista FC. Die Gäste gingen auch entsprechend nach etwas mehr als zwanzig Minuten in Führung. Diese dauerte aber nur fünf Minuten, da Boavista aus einem Freistoß heraus ausglich. Porto dominierte weiter das Spiel, aber konnte nichts mehr daraus machen. Die Derbystimmung brachte Rudelbildung am Feld mit Rot und auch rote Karten für Betreuer auf beiden Seiten mit sich. Boavista bejubelte das Remis wie einen Sieg. Die Porto-Mannschaft musste sich vom Anhang etwas anhören und wurde mit gellenden Pfiffen in die Kabinen geschickt.
Auch auf den Tribünen ist das Kräfteverhältnis eindeutig. Der Gästeblock füllte eine zweirangige Hintertortribüne und bestimmte mit lautstarken Gesängen die Atmosphäre. Die Panteras Negras Ultras 84 supporteten, schwenkten ihre Fahnen, es gab Pyro und sie haben auch ihre Tribüne mit Sempre Fiéis Panteras Negras Sector Ultras (immer treue Panteras Negras Sector Ultras) unten und Só os fracos desistem (nur die Schwachen geben auf) im oberen Rang gut behängt. Für Überrollfahnen-Choreographien sind Leinen von oben über den unteren Rang gespannt. Zahlenmäßig und qualitativ kommen sie mit dem Gegenüber aber nicht mit.
Der riesige, vierteilige Fetzen Curva Super Dragões 1986 auf der Gegenseite war durchaus auch ein Machtsymbol. Neben den Super Dragões im oberen Rang stand unten das Colectivo Ultras 95 mit ihren Freunden vom MSV Duisburg. Zu Spielbeginn schossen sie Rauch in die Höhe. Bemerkenswert war im Gästesektor die Pyroshow Mitte der ersten Hälfte. A invicta é azul e branca (Die Unbesiegte ist blau und weiß) verkündete ein pyrountermaltes Banner zu Spielbeginn. Invicta (die Unbesiegte) ist ein aus dem Bürgerkrieg des 19.Jh. stammender Name für die Stadt Porto.
Der Boavista FC (Boavista Futebol Clube) wurde 1903 mit englischem Namen The Boavista Footballers von Engländern und Portugiesen gegründet. Der Verein ist nach dem Stadtteil Boavista der Stadt Porto benannt. 1910 wurde der englischsprachige Vereinsname in den heutigen Namen geändert. Die größte Zeit hatte der Verein um die Jahrtausendwende, als man 2000/01 zum ersten und einzigen Mal portugiesischer Meister wurde und auch in den Jahren davor und danach mit zweiten Meisterschaftsplätzen 1998/99 und 2001/02, dem Semifinale im UEFA-Cup 2002/03 und drei Teilnahmen an der Champions League erfolgreich spielte. Portugiesischer Cupsieger war Boavista fünfmal 1974/75, 1975/76, 1978/79, 1991/92 und 1996/97. 2008 musste der Verein aufgrund der Bestechung von Schiedsrichtern in der Saison 2003/2004 zwangsweise in die zweite Liga absteigen. Dort stieg man prompt wieder ab und landete in der damaligen drittklassigen Segunda Divisão. Mit einer 2013 vor Gericht erfolgreichen Klage gegen den Zwangsabstieg prozessierte sich Boavista in die erste Liga zurück, in der man seit 2014/15 wieder spielt. Der Austrianer Hermann Stessl war hier einige Wochen anfangs der Saison 1982/83 Trainer nachdem er zuvor 1980/81 und 1981/82 Trainer des Stadtrivalen FC Porto gewesen war. Sein Co-Trainer bei Boavista war wie schon zuvor 1977 bis 1979 bei der Wiener Austria Ferdinand Smetana, der 1948/49 und 1949/59 insgesamt drei Pflichtspiele für Rapid absolviert hatte. Smetana folgte Stessl von Dezember 1982 bis Februar 1983 kurz als Cheftrainer nach.
Das Estádio do Bessa XXI (Stadion von Bessa des 21. Jahrhunderts) wurde 1998 bis 2003 für die EM 2004 durch schrittweisen Abriss und Neubau des aus dem Jahr 1972 stammenden alten Estádio do Bessa neu errichtet. Boavista spielt hier bereits seit 1911, als damals der Campo do Bessa an diesem Ort eröffnet wurde. Das heutige Stadion hat eine Kapazität von 28.263 Plätzen. Bei der EM 2004 fanden hier drei Gruppenspiele statt. Von außen wirkt das Stadion unspektakulär wie ein Parkhaus, doch innen eröffnet es seine Pracht eines geschlossenen, engen Stadions mit steilen Tribünen. Erinnert mit den leider mit Werbeplanen verhängten Stiegenaufgangs-Ecken ein wenig an Genua. Am Spielfeld war bei meiner Stadionbesichtigung im Jahr 2010 ein Kunstrasen verlegt gewesen, den man mittlerweile wieder durch einen Rasen ersetzt hat. Eine Figur eines schwarzen Panthers vor dem Stadion steht als Vereinssymbol für dessen Spitzname Panteras.

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