Freitag, 28. Juni 2024

Wherever I may roam, 1




Rezension


Wherever I may roam
Ausgabe 1
2023
300 S.








„Wherever I may roam. Wo auch immer ich mich herumtreibe. Der fünfte Song aus dem schwarzen Album von Metallica.“ Gleich zu Beginn erklärt der Autor in der Einleitung den Titel seines Fanzines und stellt sich mit seinem persönlichen Heft vor. 125 Exemplare gab es davon, von denen ich Nummer 59 mit Widmung erhalten durfte. Erfreulich viel Italien findet sich unter den in Tagebuchform verfassten Texten von Reisen und Spielbesuchen von Oktober 2021 bis Juni 2022. Schön ist beim Lesen immer, wenn man sich an eigene Erfahrungen vor Ort erinnert. So war in Perugia auch mein Aufstieg vom Bahnhof zur Altstadt durchaus schweißtreibend und ich genoss ebenfalls den Museumsbesuch dort sehr. Ergänzt werden einige der ausführlichen Berichte durch Interviews und Hintergrundtexte. Spannend zu lesen ist die intensive Beschäftigung mit Liedtexten der Kurven oder Fahnen. Das hat mich hier am meisten beeindruckt. Der Autor hat sichtlich den Blick und das Gespür für spannende Details und analysiert sie. Den unermüdlichen Simone Meloni hat er auch getroffen und druckt einen übersetzten Text von ihm ab.

Beim Besuch des Kracher-Spiel von Olympique de Marseille gegen PAOK war der Autor schlauer als ich ein Jahr später. Die Kollegen stolperten hier auch über die im Internetz zu findenden alten Stadionpläne, recherchierten aber weiter und setzten sich daher auf die richtige Längsseite, da der Auswärtssektor beim Stadionumbau verlegt wurde. Ich tappte in die Falle und sollte bei meinem Besuch keinen Blick auf den Gästesektor haben.

Neben Italien gibt es Berichte von Reisen in die Schweiz, nach Frankreich, aus Deutschland, Polen, einmal Tschechien – samt amüsanten Eindrücken, von den grimmigen Gesichtsausdrücken gegeneinander und Ausweichmanövern der deutschen Fußballreisenden unterschiedlicher Provenienz bei einem landestypischen 10:00-Uhr Termin – und einmal Österreich bzw. genauer Austria Salzburg. Ein starker Fanzine-Rezensionsteil und Grüße wie in alten Zeiten schließen ein ausgezeichnetes Heft ab.


A5 / nicht frei erhältlich

Samstag, 22. Juni 2024

SG Groß Gaglow III /​ TSV Cottbus II – Rot-Weiss Merzdorf 4:1 n.V. (1:1, 0:1)

Deutschland, Brandenburg, Kreispokal Niederlausitz, Finale, 22.6.2024
Alfred-Scholz-Kampfbahn Welzow, 480

Beachtliches Kreispokalfinale in der Niederlausitz. Die Mannschaft des 1952 gegründeten SV Rot-Weiss Merzdorf aus der zehntklassigen Kreisliga Niederlausitz, wo sie 2023/24 Tabellendritter waren, ging nach zwölf Minuten in Führung und hielt diese bis zwanzig Minuten vor Schluss. Dann erfolgte der Ausgleich. In der zur Saison 2023/24 gebildeten Spielgemeinschaft aus der 1957 gegründeten SG Groß Glagow und dem 1966 gegründeten TSV Cottbus gibt es die in der neuntklassigen Kreisoberliga spielende Mannschaft TSV Cottbus I / SG Groß Gaglow II und die hier zu sehende, in der elftklassigen 1. Kreisklasse spielende Mannschaft SG Groß Gaglow III / TSV Cottbus II. Diese wurde in der abgelaufenen Saison dort Tabellenvierter. Die Verlängerung entschieden sie mit drei Toren klar für sich und konnten den Pokalsieg feiern.
Die Regie spielte zwar schon zum Halbzeitpfiff der Verlängerung über die Lautsprecher „We are the Champions“ von Queen ein – was allenthalben Verwunderung auslöste – eine Regelung mit Silver Goal gibt es hier aber doch nicht (Spielstand war 3:1) und so schritt man erst nach Absolvierung der zweiten Hälfte der Verlängerung und Endstand von 4:1 zu den Ehrungen und letztendlich zur Pokalübergabe.
„Alle in rot!“ hatte die seit 2015 bestehende Fanszene des BLOCK M Merzdorf als Devise ausgegeben, was überwiegend auch befolgt wurde. Eine ordentliche Menge von gut 200 Leuten versammelte sich auf der Gegengerade. Zu Spielbeginn gab es von ihnen ein schönes Intro zu sehen. Große Doppelhaltern zeigten RWM, die geläufige Abkürzung des Vereinsnamens von Rot-Weiss Merzdorf. Dazu gab es roten Rauch. Mit zwei Spruchbändern wurde der Fußball-Landesverband Brandenburg (FLB) zum Thema Pyro-Strafen kritisiert: „Emotionen hoch – Strafen runter / was ist bloß euer scheiß Problem?“ und „Pyrotechnik ist kein Verbrechen!“ Zum Wiederbeginn nach der Pause gab es eine Aktion von mit Shootern hochgeschossenen roten und weißen Konfettischlangen und während der zweiten Hälfte ein großes Banner mit „RWM Ahu“ zu sehen. Nach Schlusspfiff gab es dann noch Fackeln und Trost für die geschlagenen Spieler.
Mit grün-weiß leuchtender und rauchender Pyro leitete der Anhang der Spielgemeinschaft die zweite Spielhälfte der regulären 90 Minuten ein, die den Umschwung im Spielstand bringen sollte. Mit grün weißen Groß-Glagow-Fischerhüten waren einige Leute ausstaffiert und es gab auch Leiberl mit Aufschrift „Cottbus Süd lebt den Pokaltraum“ auf der Vorderseite und hinten einer Auflistung der Spiele am Weg ins Finale. Nach Schlusspfiff feierte man mit der Mannschaft und zündete erneut. Ein Banner hatte die Aufschrift „Temuto SGGG“. Ich vermute, dass das italienisch sein wird, wo temuto „gefürchtet“ heißt.
Die Alfred-Scholz-Kampfbahn liegt in der Stadt Welzow, in der Niederlausitz im Südosten des Landes Brandenburg. 3.200 Menschen leben hier. Die Sportanlage ist die Heimstätte des Welzower Sportvereins WSV Borussia 09, welcher derzeit in der Kreisoberliga Niederlausitz spielt. 1909 war in der Stadt Welzow der Fußballklub Borussia gegründet worden. Als Arbeiterverein wurde man wie alle anderen entsprechenden Organisationen nach der Machtübernahme der Nazis 1933 verboten und aufgelöst. 1945 wurde der Sportverein als SG Welzow wieder gegründet. Daraus wurde 1949 die ZSG Welzow und mit der Übernahme durch den Braunkohletagebau 1951 die BSG Aktivist Welzow. Größter Erfolg war die Zeit in der drittklassigen II. DDR-Liga in der Jahresmeisterschaft 1959. Mit der Wende 1990 benannte sich der Verein wieder Borussia.
Als traditionelle Sportanlage mit Erhöhung durch Stehplatzstufen ringsum im Oval war die Alfred-Scholz-Kampfbahn ein ansprechender Finalort für ein Kreispokalfinale.