Dienstag, 20. Oktober 2020

Ballesterer 155




Rezension


ballesterer
Nr. 155, Oktober 2020
84 S.










„Die Pandemieprotokolle der Ligen und der UEFA mögen ausgefeilt sein, zu Ende gedacht sind sie nicht. Denn die Inkubationszeit des Virus richtet sich nicht nach den Spielplänen des Fußballbetriebs. Aus gesundheitspolitischer Sicht hätte es eine massive Terminreduktion gebraucht, um Raum für Nachtragsbegegnungen zu lassen. Darauf konnten sich die Ligen und Verbände aber nicht einigen, die Spielpläne sind beinahe so voll wie immer.“ schreibt Jakob Rosenberg in seinem Leitartikel. Wahre Worte zum Umgang des Fußballgeschäfts mit der Pandemie.

Das Titelthema des Hefts widmet sich dem Gegenpressing – oder, wie es der Artikeltitel schön formuliert, „Angriff ist die beste Verteidigung.“ Weiters gibt es im Heft über einen Austrianer, die ambitionierten Frauen des FC Dornbirn oder die für ihr Leben und ihre Karriere riskante Beteiligung von Fußballern und Funktionären an Protesten gegen das Regime in Belarus zu lesen. Domenico Mungo stellt in seiner Kolumne Nanni Balestrinis I Furiosi in die Reihe großer Bildungsromane.

Mit Politisierung im Sport in den USA setzt sich Nicole Selmer auseinander. „Der Kampf gegen Rassismus und Polizeigewalt im Sport wird derzeit von den Aktiven getragen. Sie stehen in der Hierarchie des Fußballs jedoch unten auf dem Platz und müssen sehr laut werden, um Gehör zu finden.“ schreibt sie und zitiert die Historikerin Brenda Elsey: „Die Stimmen der Sportler sind im Moment sehr präsent. Aber die Eigentümer werden weiter Spendensammlungen für Trump veranstalten.“

Hochspannend ist Georg Spitalers Interview mit Michal Vaněk, dem Kurator einer derzeit in Bratislava zu sehenden Austellung über das unbekannte jüdische Leben von Leopold Šťastný, der v.a. als langjähriger Teamchef und Erfinder der Schülerliga tiefe Spuren in der österreichischen Nachkriegs-Fußballgeschichte hinterlassen hat. Šťastnýs Eltern waren von den Nazis ermordet worden und auch Šťastný selbst hatte sich nach einigen Jahren, in denen er im mit Hitler verbündeten faschistischen slowakischen Staat noch im Fußball arbeiten konnte, 1944 verstecken und untertauchen müssen, um sein Leben zu retten. Wenn die Pandemie nicht wäre, wäre ich wohl bald nach Lektüre aufgebrochen, um mir die Ausstellung im Múzeum židovskej kultúry anzusehen. Bis 28. Februar läuft sie noch.

Der FC Klostertal ist Thema der diesmaligen Folge meiner Amateurfußballreihe Nebenschauplätze. Weitere Beiträge von mir im Heft handeln vom Lindenstadion in Eisenstadt und dem FC Obermais.

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