Freitag, 17. Januar 2025

Ballesterer 193




Rezension


ballesterer
Nr. 193
Jänner 2025
84 S.







Fußballerfamilien gilt die Titelgeschichte des Hefts von Jan Mohnhaupt. Von dem hier ein wenig im Zentrum stehenden Marcel S. habe ich vor allem den von Red-Bull-typischen Lug und Trug begleiteten Abgang nach ordentlicher Rapid-Zeit zum Dosenkonzern in Erinnerung. Sein weiterer Weg, nachdem er aus der Bundesliga verschwunden ist, war mir dann völlig egal. Sein Vater hat als jahrelanger Gegenspieler Rapids in den 1990er jedenfalls viel stärkeren Eindruck hinterlassen. Den im Text hinterfragten Bezug zum Vater in einem Sturm-Spruchband gegen den Sohn („Schnauze, kleiner Herfried!“) vor dem Hintergrund der GAK-Vergangenheit kann ich eigentlich nachvollziehen.

Zum doch erstaunlichen sportlichen Erfolg Rapids im letzten Halbjahr spricht Sport-Geschäftsführer Markus Katzer im Interview. Eine offensichtlich beachtliche Leistung, die er da offensichtlich gebracht hat. Rapid ist auch nur ein kleines Teilchen im System, was Sätze zeigen wie „Ich habe ein Profil gekauft, weil ich gewusst habe, dass der Markt es sucht. Und ich habe recht gehabt. Er hat 39 Prozent der Spielminuten gemacht, er war nicht einmal Stammspieler, aber wir haben ihn um ein Vielfaches dessen, was uns der Österreicher-Topf gebracht hätte, verkauft.“ (am Beispiel Mayulu). Der moderne Fußball ist vom Sport zum Monopoly-Spiel verkommen.

Mit den Morden und Polizeiermittlungen in der Ultraswelt Mailands, und was die Parkplatzpreise am Stadion damit zu tun haben, beschäftigt sich Thomas Lanz im Heft. Finnland ist für mich weit weg, daher erfahre ich hier aus einem Artikel von Armin Grasberger, dass in Tampere gar nicht mehr in der großen Stadionschüssel gespielt wird, sondern der dortige Verein Ilves einen Neubau hat. Dr. Pennwieser beschäftigt sich in seiner Notfallambulanz-Kolumne hier mit Opium des Volkes.

Über die „Droge Grabern“ berichte ich in meiner Amateurfußballserie Nebenschauplätze diesmal aus dem niederösterreichischen Grabern.


A4 / 7,50 € / erhältlich im Zeitschriftenhandel

Sonntag, 12. Januar 2025

Fossombrone – Chieti 1:1 (0:0)

Italien, Serie D, girone F, 19a giornata, 12.1.2025
Stadio Marcello Bonci, ca. 700

Mit einem Elfmeter errang der Chieti FC einen Punkt in Fossombrone. Es war ein zähes Match zwischen dem heimischen Tabellenmittelständler und den Gästen, die als Tabellendritter Play-off-Ambitionen haben. Mit einer schönen Einzelaktion erzielte Kyeremateng wenige Minuten nach der Pause das 1:0. Ein Foul-Elfmeter eine Viertelstunde vor Schluss brachte allerdings Chieti den Ausgleich.
Der Anhang des 1994 gegründeten Botty Club '94 unterstützte Fossombrone mit Fahnen und Gesängen. „Biancoazzurri alé“.
„Noi siamo la Curva Volpi“ stellten sich die Gäste aus den Abruzzen gleich zu Beginn einmal vor und supporteten gut. Bei windig frischer Witterung und Temperaturen knapp über dem Nullpunkt tat das einer von ihnen zeitweise unerschrocken oberkörperfrei.
Fossombrone Calcio wurde 1949 als Polisportiva Forsempronese im in der Region Marken (Marche) liegenden Fossombrone gegründet. Höher als in die Eccellenza war der seit 2002 als US Fossombrone Calcio auftretende Verein nicht hinausgekommen, als im Jahr 2005 ein belgischer Modeschöpfer namens Dirk Bikkembergs sich den Klub kaufte, ihn FC Bikkembergs Fossombrone benannte und die Spieler als lebende Modelle für seine Kleidung nutzte. Die Dressen jener Zeit waren besonders designt und sind nunmehr auch im Kabinengang ausgestellt. Nach einigen vergeblichen Anläufen schaffte der Verein 2008/09 den Eccellenza-Meistertitel und den ersehnten Aufstieg in die Serie D. Dort spielte der Verein 2009/10 und 2010/11 zwei Saisonen. Aber schon 2010 hatte Bikkembergs Fossombrone wieder verlassen, nachdem die italienischen Finanzbehörden gegen ihn wegen Steuerhinterziehung ermittelten. Nach dem Abstieg spielte Fossombrone wieder im regionalen Fußball bis man 2022/23 über den zweiten Platz in der Eccellenza Marche und siegreiche Play-offs die Rückkehr in die Serie D schaffte. Hier spielt man nach 2023/24 nunmehr 2024/25 die insgesamt vierte Saison der Vereinsgeschichte und dürfte auch den Klassenerhalt schaffen.
Das Stadio Marcello Bonci wurde zuletzt 2023 für die Anforderungen der Serie D renoviert. 2016 war das vormalige Stadio Comunale nach einem 2015 verstorbenen verdienten Mäzen des Fußballs in Fossombrone benannt worden. Der Vorplatz ist in Erinnerung an die Katastrophe von Superga 1949 nach Grande Torino benannt. 2021 hat hier die ANPI Valmetauro auch eine Gedenktafel für zwei junge Leute aus Fossombrone errichtet, die 1944 beide 21-jährig als Partisanen im Freiheitskampf getötet wurden. Das Stadion bietet mit einer einzigen Tribünenseite eine Kapazität von 1.000 Plätzen mit überdachtem Teil in der Mitte.