Samstag, 19. Oktober 2024

Sturm Graz – GAK 5:2 (2:0)

Bundesliga, 10. Runde, 19.10.2024
Stadion Liebenau, 15.717

Eine Stadt, zwei Vereine, sieben Tore, neun Minuten Nachspielzeit und Derby No. 200: Nach zwei Cup-Derbys vor auf den Tag genau zwei Jahren 2022 und noch einmal 2023 trafen Sturm Graz und GAK erstmals seit 2006/07 wieder in der Bundesliga aufeinander. Das 1:0 feierten die Sturm-Spieler hinauf deutend und in Richtung der Auswärtsfans jubelnd springend direkt vor dem gerade pyro-rot leuchtenden Gästesektor. GAK-Spieler taten ihren Gegenübern robust kund, dass dies nicht gern gesehen wird. Der Schiedsrichter vergab eine gelbe Karte. Nach dem Pausenstand von 2:0 bot die zweite Hälfte nocheinmal eine richtige Draufgabe an Spannung. Während eines wieder beachtlichen Sturm-Feuerwerks fiel ein Treffer für den GAK, der den Gästesektor freudig eskalieren ließ, aber wegen Abseits nicht galt. Postwendend erhöhte Sturm auf 3:0. Das war aber kein Genickschlag für den GAK, sondern binnen zweier Minuten kamen die Roten mit Biss gegen eine plötzlich unaufmerksame Sturm-Mannschaft auf 3:2 heran. Die Schwarzen erfingen sich aber wieder und gewannen 5:2.
„Ein jeder Junge weiß, Graz ist nur schwarz-weiß!“ war aus der Nordkurve zu hören. In ihren Worten zum Spiel hatte sie vorab verlauten lassen: „Die Verhältnisse sind auf allen Ebenen geklärt. Beim Derby geht es nicht um die Vormachtstellung in der Stadt. Beim Derby entscheidet sich nicht, wer die Nummer 1 in Graz ist. Das Derby kann daher nur ein Anlass sein, die Größe von Sturm zu zelebrieren.“ Im Unterschied zu den letzten beiden (Auswärts-)Derbys gab es diesmal keinen Sturm-Fanmarsch von der Gruabn hierher sondern man traf sich am Ivica-Osim-Platz vor dem Stadion. „Wenn ich durch die Straßen geh / singe ich Sturm Graz allez“ stand dafür dann eine Zeile aus einem Sturm-Fangesang als Spruch der Sturm-Choreographie zu Spielbeginn. Sie zeigte ein Straßenstück des Jakominigürtels nahe der Gruabn, auf dem in einem weiteren choreographischen Schritt ein Sturm-Corteo bildlich dargestellt wurde. Es gab ihn also doch an diesem Tag, allerdings als Choreographie.
An Freunden waren Karlsruher SC sowie Carrarese und Werder Bremen erkennbar in der Nordkurve zu sehen. Nach Ausklappen des „Love you to death“ im GAK-Sektor zehn Minuten vor Beginn zeigte Sturm ein darauf Bezug nehmendes Spruchband „Laugh at you till death!“ An vorbereiteten Spruchbändern richtete man weiters die Botschaften „Das Stadion leer, die Stimmung matt – glaubt ihr wirklich Graz ist eure Stadt?“ und nachdem das Spielergebnis gegen Ende klar war „Was reimt sich auf 10 Runden ohne Sieg? / Direkter Wiederabstieg!“ an das Gegenüber. Diverse Fanartikel wurden verbrannt, aber auch ein eigenes Spruchband „Wir haben mal nachgeschlagen ...“ gezeigt, auf dem das Wort „nachgeschlagen“ aus GAK-Material geklebt war.
„Alle, alle Roten sind gekommen, um zu siegen!“ erschallte es u.a. aus der Fankurve des Grazer AK. Man hatte sich hier vorab wieder im ORF-Park getroffen und war gemeinsam für den Verein singend und pyrotechnisch begleitet zum Stadion marschiert. Die sportliche Ausgangslage des Aufsteigers war schwierig. „Alles, was bis jetzt in dieser Saison passiert ist, nebensächlich. Es geht um das erste Bundesligaderby seit mehr als 17 Jahren. Die Bedeutung dieses Spiels brauchen wir keinem erklären. “ hatte man aus dem Roten Graz vorab verkündet. Zu Beginn beider Spielhälften zeigte man hier eine zusammenhängende Choreographie. „Love you to death“ war der Spruch des ersten Teils. Auf einer Überrollfahne waren im Stil der jahrhundertealten Allegorie eines Totentanzes den GAK anfeuernde Skelette dargestellt und damit ihre Liebe zum GAK bis zum Tod symbolisiert. Im zweiten Teil nach der Pause hieß es dann „Hate you to death“ und abgebildet war ein im roten Kapuzenpullover gekleidetes Skelett, das dem Gegenüber die Mittelfinger und damit die Meinung zeigte. Anschließend folgte jeweils rote Pyro.
„Fanshop-Plündereien und Fetisch für's Schwein / das kann nur euer schwoarzes Leitbild sein!“ richtete man der Sturm-Nordkurve per Spruchband aus, das sich auf Ereignisse des vorangegangenen Derbys voriges Jahr bezog. Von den Freunden hing Čelik Zenica (Steel City Ultras) über dem gemeinsamen Rotes Graz-Fetzen und der Krefelder Eislauf-Verein bei der Society Graz. Bei der RAG waren auch wieder Sportfreunde aus Zlín dabei. Allerlei Sturm-Fanartikel wurden präsentiert und verbrannt.
Die GAK-Kurve ist mit der neuen Stadion-Konzept nach dem Wiederaufstieg vom Ecksektor in die Seite der Südtribüne gerückt. Darüber hinausgehend füllten beim Derby 3.800 GAK-Fans die ganze Süd-Hintertorseite. Im Zuge des neuen Sicherheitskonzepts sind aufgrund des im Normalbetrieb hier auch befindlichen Auswärtssektors hohe Plexiglaswände zur Abtrennung aufgebaut worden. Die auch die Nordtribüne begrenzenden Wände sind deutlich höher als die vorherigen Zäune und für die dort ihre Plätze habenden Zuschauerinnen und Zuschauer eine Qualitätsminderung des Stadionbesuchs. Die seit langem diskutierte und zuletzt von der Stadtregierung gegen Neubauvarianten entschiedene Grazer Stadionfrage war Thema von Spruchbändern in beiden Fankurven. Bei Sturm wurde die Glaubwürdigkeit der Stadtpolitik kritisiert: „In Graz berechnet sich die Länge einer Legislaturperiode in Machbarkeitsstudien.“ Beim GAK wurde die Ablösung der Grazer Bürgermeisterin in den Raum gestellt: „Lösung für die Stadionfrage: Elke Kahr abwählen?“ Das Liebenauer Stadion ist nicht mehr am modernsten Stand – weswegen Sturm Graz im Europacup nach Klagenfurt ausweichen muss – die Anzeigetafel kann allerdings doch Farben zeigen. Dass das rote GAK-Wappen darauf in schwarz-weiß angezeigt wurde, war also einer jener Seitenhiebe, von denen ein Derby letztendlich auch lebt. Das Grazer Derby ist eine Bereicherung für die Bundesliga.

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