England, Premier League, 19. Runde, 28.12.2015
Boleyn Ground, 34.977
In der ersten Halbzeit drückte Southampton West Ham in deren eigene Hälfte und ging zwar glücklich, aber verdient in Führung. Doch nach der Pause wendete sich das Blatt in imposanter Weise nach einem kuriosen Ausgleichstor. Ein dramatisches Spiel als beste Fußballunterhaltung.
Der zahlreiche erschienene Auswärtsanhang (fast der gesamte untere Rang der gegenüberliegenden Hintertortribüne) sang mehrmals inbrünstig sein „Oh, when the saints go marching in ...“. Nachdem das Match gedreht worden war, wurde ihnen von heimischer Seite ein daraus zum Spottgesang umgedrehtes „Oh, when the saints go 2-1 down ...“ entgegengesungen.
Das Spiel wird hier von liebgewonnenen Traditionen begleitet. So werden zu Beginn der Halbzeiten und nach Toren von Maschinen am Spielfeldrand Seifenblasen in die Luft geblasen. Seit den 1920er Jahren ist der Schlager „I'm Forever Blowing Bubbles“ die gern gesungene, inoffizielle Vereinshymne. Es handelt davon, dass Träume und Hoffnungen dann doch auch immer wieder wie Seifenblasen zerplatzen. Nach einer halben Stunde erfolgte eine eingespielte Stadiondurchsage „Mr Moon is in the ground“, wenige Minuten später gefolgt von „Mr Moon has left the building.“ Das sind kuriose Codes für einen Feueralarm und dessen Entwarnung.
Der West Ham United Football Club wurde 1895 als Thames Ironworks FC als Werkssportverein einer Werft an der Themse im Ost-Londoner West Ham gegründet. 1900 wurde daraus West Ham United. Seit dem erstmaligen Aufstieg in die First Division 1923 spielte man von 1923 bis 1932, 1958 bis 1978, 1981 bis 1989, 1991 bis 2003, 2005 bis 2011 und nach einer Zweitligasaison nun wieder seit 2012 erstklassig. Die größten Erfolge waren drei Siege im FA-Cup 1964, 1975 und 1980 sowie der Europacupsieg im Cup der Cupsieger 1965. 1976 erreichte West Ham im selben Bewerb ein zweites Mal das Finale. Im FA-Cup stand man zuletzt 2006 im Finale. In die Geschichte eingegangen ist aber das erste FA-Cup-Finale West Hams 1923, das man gegen die Bolton Wanderers verlor. Im alten Wembley Stadium drängten sich offiziell 126.047 Zuschauerinnen und Zuschauern. Schätzungen reichen allerdings von 200.000 bis zu 300.000. Das Match begann mit 45 Minuten Verspätung weil die Menschenmassen am Rasen standen. In die Geschichte ging das Bild eines Polizisten hoch zu Ross ein, der die Massen bis an den Spielfeldrand drängte, weswegen das Finale White Horse Final genannt wird. Bis an die Outline standen die Leute dann während des Spiels.
Vor 60 Jahren spielte Rapid zum einzigen Mal gegen West Ham. Man trennte sich freundschaftlich 1:1 vor 20.000 Zuschauerinnen und Zuschauern im Boleyn Ground. Der Blog RapidHammer erinnerte kürzlich daran. Der Ex-Rapidler Ragnvald Soma spielte hier 2001/02. Seit dieser Saison spielt hier Nikica Jelavić , der 2009 unschön seinen Abschied von Rapid erzwungen und damit für bleibende schlechte Nachrede gesorgt hatte (an diesem Abend nicht im Kader). Der Steirer Emanuel Pogatetz spielte hier im Frühjahr 2013.
Charakteristisch für den Verein sind die Farben Claret and Blue (bordeauxrot und hellblau). Das Wappen des Vereins zeigte zwei gekreuzte Hämmer, ein Hinweis auf die Werftarbeiter seiner Gründung, sowie eine Burg: Diese symbolisiert das einstige Green Street House, einer Boleyn Castle genannten burgartigen Villa, von dem das Stadion den Namen Boleyn Ground hat. Das Haus wurde mit Anne Boleyn (einer der sechs Ehefrauen des Königs Heinrich VIII., die er umbringen ließ, nachdem er das Interesse verloren hatte) in Verbindung gebracht. Der letzte Turm des ursprünglichen Gebäudes wurde 1955 abgerissen. Im Zuge des Baus der jüngsten Tribüne wurden seitlich des Haupteingangs stilisierte Türme errichtet.
Das Stadion Boleyn Ground oder Upton Park (nach dem District) wurde 1904 eröffnet. Heute fasst das Stadion 35.016 Sitzplätze. Die Hintertortribünen wurden 1993 bzw. 1995 zur heutigen modernen Ansicht umgebaut. Die niedrigere Längsseite (East Stand) stammt aus dem Jahr 1969. Die Haupttribüne wurde erst 2001 neu gebaut. Es ist ein Stadion mit Geschichte und Charakter, doch im Sommer 2016 wird es geschlossen und West Ham United bezieht das Londoner Olympiastadion. Die World Cup Sculpture an einer Kreuzung außerhalb des Stadions aus dem Jahr 2003 zeigt in Wiedergabe einer ikonographischen Szene die West-Ham-Spieler Martin Peters, Geoff Hurst und Bobby Moore, die mit West Ham United 1965 den Europacup gewonnen hatten und 1966 mit der englischen Nationalmannschaft Weltmeister wurden, sowie den weiteren Teamspieler Ray Wilson.
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