Freitag, 31. Januar 2025

Umbau Wiener Sportclub-Platz

31.1.2025

Es wird gebohrt und gebaggert. Fundamente werden betoniert. Im zweiten Halbjahr 2024 begannen tatsächlich nach einem Jahrzehnt Hin und Her die Arbeiten an der Neugestaltung der 1904 eröffneten Spielstätte des Wiener Sport-Clubs. Die Haupttribüne aus den 1970er Jahren, bei der zuletzt schon das Dach abgetragen hatte werden müssen, sowie die Friedhofstribüne aus dem Jahr 1981 wurden abgerissen und werden durch neue, überdachte Tribünen ersetzt. Die erst 2015 nach langem Verfall wieder hergerichtete alte Kainzgassentribüne war bereits 2020 abgerissen worden. Weitere Bauarbeiten nach den 2018 präsentierten ersten Umbauplänen konnte der Wiener Sport-Club nicht umsetzen, da die finanziellen Mittel nicht reichten. 2024 übernahm die Stadt Wien das sieben bis zehn Mio. Euro kostende Projekt und begann mit dem Neubau.
Einsam steht nunmehr die „Blaue Tribüne“ aus dem Jahr 1984 auf der Baustelle. Sie wird renoviert und in das umgebaute Stadion integriert. Blau ist sie derzeit nur mehr wenig, nachdem die alten blauen metallenen Stadionsitze großteils entfernt sind. Der Stiegenaufgang in der Kainzgasse ist bereits neu betoniert. Der einzig erhaltene Flutlichtmast an der Hernalser Hauptstraße erinnert auch noch an die alten Eindrücke. 2026 soll das Stadion wiedereröffnet werden. Mit 5.649 Steh- und Sitzplätzen auf drei Seiten, zeitgemäßer Infrastruktur und ausreichend großem Spielfeld wird der neue Sportclub-Platz der UEFA-Kategorie 2 entsprechen. Damit werden hier Frauen-Länderspiele ausgerichtet werden können. Auch für diverse Sportarten wie Rugby oder American Football soll das Stadion offen stehen. Beides war der Stadt Wien für ihre Millioneninvestition ein Anliegen. Für den Wiener Sport-Club bringt die neue Spielstätte eine sportliche Perspektive, da somit ein Aufstieg in die 2. Liga infrastrukturell möglich wäre. Für die Bundesligatauglichkeit fehlen im Neubau Flächen und Parkplätze für den Fahrzeugpark und die Gerätschaften der TV-Produktionen. Da müsste man dann noch Lösungen entwerfen. Für die wenigen Ausnahmen mit TV-Übertragungen in der jüngeren Vergangenheit wie zuletzt dem ÖFB-Cup-Viertelfinale gegen die SV Ried 2023 hat man sich mit einer Straßensperre der Kainzgasse beholfen. Das würde wohl aber im regulären Betrieb jede zweite Woche schwieriger sein. Dieser Weg ist aber noch weit. In der 2. Liga spielte der WSC zuletzt 2002/03 und in der Bundesliga zuletzt 1993/94.
Derzeit trägt der Wiener Sport-Club seine Spiele in seinem Trainingszentrum in der Erdbrustgasse aus. Das letzte Spiel, das ich hier in Dornbach am alten Platz gesehen habe, war das letzte Regionalligaspiel hier im Mai 2024. Ich bin auf das erste Spiel auf der neuen Anlage gespannt.

Montag, 27. Januar 2025

Cádiz – Mirandés 3:1 (2:1)

Spanien, Segunda División, jornada 24, 27.1.2025
Estadio Nuevo Mirandilla, 12.023

In der spanischen Segunda División gewann Cádiz in Unterzahl. Fast die gesamte zweite Hälfte musste die Heimmannschaft nach glatt Rot mit einem Mann weniger spielen. In einem unterhaltsamen Match waren sie gleich nach fünf Minuten in Führung gegangen. Während Mirandés die Ausgleichschance zum 1:1 per Elfmeter vergab, erhöhte Cádiz auf 2:0. Das 2:1 konnte der CD Mirandés noch vor der Pause erzielten, danach aber die Überzahl nicht nützen. Stattdessen schaffte Cádiz das 3:1 und hätte am Schluss noch fast ein empty net goal erzielt. Die Gäste hätten mit einem Sieg auf den zweiten Platz vorrücken können, bleiben in der engen Tabellenspitze nun aber auf Rang sechs. Der Erstligaabsteiger Cádiz stabilisierte sich mit den drei Punkten im unteren Tabellenmittelfeld der Segunda División.
Mit den 1982 gegründeten Brigadas Amarillas gibt es in Cádiz eine stabile Fanszene. 1980 war von einer Gruppe linker, antifaschistischer Fußballfans hier die Frente Cádiz gebildet worden, die sich 1981 in Barra Ultra umbenannte und noch auf der Längsseite stand. 1982 zog man mit neuem Namen auf die Hintertortribüne (Fondo Sur). Als Namensvorbild hatte man die Brigate Gialloblu von Hellas Verona, wobei man den Namen von gelb-blauen Brigaden auf nur gelbe Brigaden verkürzte. Gravierender Unterschied zum politisch gegenteilig gepolten Verona war darüber hinaus der Kopf von Che Guevara, den man seither als Gruppensymbol führt. 1993 entstand die Freundschaft zu den Bukaneros von Rayo Vallecano.
Ungefähr ein Dutzend Auswärtsfans aus Miranda de Ebro war auf der Längsseite zu sehen.
Der Cádiz Club de Fútbol wurde 1910 als Cádiz Foot-ball Club gegründet. Das Vereinswappen zeigt Herakles, den sagenumwobenen Heros der antiken Mythologie und der Legende nach Stadtgründer von Cádiz. Nach zwei Jahrzehnten in der zweiten Liga schaffte der Fußballverein 1977 erstmals den Aufstieg in die erste Liga. In der Primera División spielte Cádiz CF 1977/78, 1981/82, 1983/84, 1985/86 bis 1992/93, 2005/06 und 2020/21 bis 2023/24. Das Auf und Ab sowohl während Saisonen als auch zwischen den Ligen – zwischendurch war man 1994/95 bis 2002/02, 2008/09 und 2010/11 bis 2015/16 sogar nur mehr drittklassig – brachte dem Verein in den 1980er/90er Jahren den Spitznamen The Yellow Submarine ein, da man zwar immer wieder untertauchte, aber auch wieder auftauchte.
Rapid war hier im Stadion am 22. Dezember 1955 zu Gast und verlor gegen den Cádiz CF vor 15.000 Zuschauerinnen und Zuschauern 3:0. Es war der Auftakt zu einer Tournee Rapids, die von hier aus bis Jänner 1956 weiter nach Marokko und Algerien führte. Die letzte Begegnung von Rapid und Cádiz fand im Jänner 2005 im damaligen Wintertrainingslager Rapids im nahen Jerez de la Frontera statt. Auch dieses Spiel verlor Rapid (1:2).
Das Estadio Nuevo Mirandilla wurde 1955 nach eineinhalb Jahren Bauzeit eröffnet und vom damaligen Bürgermeister José León de Carranza nach seinem 1937 verstorbenen Vater Estadio Ramón de Carranza benannt. Jener Ramón de Carranza war beim rechten Militärputsch gegen die demokratische Republik 1936 und im folgenden Bürgerkrieg aktiver Unterstützer der faschistischen Seite und verantwortlich für Verfolgung, Bestrafung und Einsperren politisch Andersdenkender. Mit Fußball, dem Fußballverein von Cádiz oder dem Stadion hatte er nichts zu tun. Widerspruch war in der 1955 herrschenden Diktatur nicht möglich und in den Jahrzehnten später beschäftigte man sich nicht mit dem Stadionnamen. Im Zuge der laufenden Diskussionen in Spanien zur Umbenennung von seinerzeit nach Faschisten benannten öffentlichen Orten wurde das umgebaute Stadion 2021 umbenannt. Der Campo de Deportes Mirandilla war der erste Sportplatz des Fußballvereins gewesen. Nachdem eine von der Stadt Cádiz veranstaltete erste Onlineabstimmung zur Namensfindung 2020 missglückt war, da nach Aufrufen zur Beteiligung im rechtsextremen Milieu und Cyberattacken mit Bots, die automatisch abstimmten, neben zahlreichen Votings für die Beibehaltung des Namens Carranza u.a. auch die Namen des jahrzehntelangen Diktators Franco oder des Parteiführers der aktuellen rechtsextremen Partei herauskamen, gab es eine neue Abstimmung mit acht Namensvorschlägen zur Auswahl. Estadio Nuevo Mirandilla lag dabei am ersten Platz.
1955 fasste das Stadion 15.000 Plätze in einem Oval rund um eine Laufbahn. 1984 wurden vier neue Tribünen ringsum mit überdachter Haupttribüne errichtet und das Stadion zum reinen Fußballstadion mit damals 23.000 Plätzen. In einem langjährigen großangelegten Umbauprojekt wurden 2003 bis 2012 schrittweise erneut alle vier Tribünen nacheinander abgerissen und neu gebaut. Im Unterschied zu früher mit vielen Stehplätzen gibt es seither auf hoch aufragenden, steilen Tribünen 25.033 Sitzplätze. Die Tribünen sind außen mit Büros und Geschäften verbaut. Wenn nicht die Flutlichter oben herausragen würden, könnte man den Gebäudeblock von außen nicht als Stadion erkennen. Als Denkmal für die Leidenschaft der Cádiz-Fans steht seit 2020 das monumento a la afición vor dem Stadion.
Vor dem Spiel habe ich die Stadt Cádiz besichtigt.

vergebener Elfmeter in Unterzahl am Schluss noch fast ein empty net goal