Mittwoch, 24. Februar 2016

11 Freunde, 171


Rezension


11 Freunde
Magazin für Fußballkultur
Nr. 171, Februar 2016
114 S.






Der alte Austrianer Herbert Prohaska wird in der Reihe biographischer Gespräche interviewt und gibt Einblicke in seine kulinarisch zentrierte Lebensphilosophie: „Ein Gesundheitsapostel war ich nie. Wäre ich nicht Profi geworden, würde ich wahrscheinlich 100 Kilo wiegen.“ Als Spieler hatte er Angebote aus verschiedenen Ländern, aber „Italien stand für mich neben Österreich immer an erster Stelle − nicht zuletzt auch wegen des guten Essens.“ Das Dolce Vita in Italien: „Die Leute sagten: ,In Italien leben 70 Prozent fürs Essen, die anderen 30 Prozent vom Essen.‘ Ich gehörte zu den 70 Prozent.“ Über seinen Trainer Nils Liedholm bei der AS Roma: „Ein großartiger Trainer. Es war ihm egal, was wir aßen und tranken. Wir konnten schlafen gehen, wann wir wollten. Für ihn zählte nur die Leistung.“
Aber es geht im Interview nicht nur um das Essen, sondern auch um die Zigarette danach: „Überall, wo ich spielte, rauchte die halbe Mannschaft. Natürlich ist es besser, nicht zu rauchen. Aber ich bin überzeugt: Wenn ein Sportler gut trainiert ist, beeinflussen ein paar Zigaretten am Tag seine Leistung nicht.“ Das klingt nicht nach aktuellem Stand der Trainingslehre im Spitzensport.

Ich mag Italien, fahre gern und jährlich mehrmals dort hin, um Fußballatmosphäre zu genießen. Eine Titelgeschichte über dieses Land spräche mich an. Der Text von Birgit Schönau hat eine interessante Story („Spekulanten haben Italiens Fußball krank gemacht, die Solidarität der Fans kann ihn wieder gesunden lassen.“). Mit ihrer Geringschätzung und Ausblendung der Ultrakultur oder Hoffnung auf Fortschritt durch ihren Hinauswurf (Beispiel Rom) fehlt ihm aber eine wichtige Komponente, um den Calcio zu verstehen.

„Noch ein Foto und du bist tot“ bekommen die 11-Freunde-Reporter beim Casablanca-Derby von einem Ultra zu hören. Nach dem Spiel werden sie als verdächtge Personen von der Polizei drei Stunden verhört. Eine Erlebnisreportage mit Gesprächen mit Fans ist dennoch herausgekommen. Weiters gibt es hier über eine sibirische Winterliga, wo man bei minus 30 Grad kickt, zu lesen. Ron Ulrich begibt sich auf die Spuren des Falls eines 1988 bei einer Hooligan-Schlägerei getöteten unbeteiligten Fan des 1. FC Saarbrücken und des dafür verurteilten Gladbachers, der heute in diversen rechtsextremen Netzwerken aktiv ist.

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