Mittwoch, 18. März 2009

Null Acht, 6


Rezension


Null Acht
Magazin für Rasenpflege
#06, März/April 2009
54 S.






Das Heft enthält einen netten Brasilien-Schwerpunkt. Mit viel Liebe für den SC Corinthians Paulista und einem lesenswerten A-Z des brasilianischen Fußballs - z.B.:
"Cartola Deutsch: Zylinder. Wenig schmeichelhafte Bezeichnung für Vereinsbosse bzw. korrupte Industriemagnaten"
oder
"Japonês Deutsch: Japaner. Bezeichnung für einen schlechten Spieler. (Vgl.: Österreich)".
Sehr lehrreich, das gefällt!

Interessant ein Interview mit Sócrates, über seinen Verein, die Corinthians aus São Paulo und die von ihm mitinitiierte Demokratiebewegung Democracia Corinthiana in den 1980er Jahren zur Überwindung der Militärdiktatur, den brasilianischen Fußball, seine Regel-Reformvorstellungen (Öffnung von mehr Räumen durch zwei Spieler weniger am Platz und Halten eines Leistungsniveaus über längeren Zeitraum durch mehr Auswechslungen), Rassismus - oder das Übel der Abwanderung von Fußballern aus wirtschaftlichen Gründen:
"Wenn ich Kunstvermittler von Leonardo da Vinci wäre, verkaufte ich natürlich nicht Leonardo da Vinci, sondern sein Werk, die Mona Lisa. Wir machen das Gegenteil, wir verkaufen die Künstler und kaufen deren Werke zurück. Wir zahlen an kostenpflichtige TV-Sender, um das Spiel eines Brasilianers in Europa zu sehen. Es müsste genau das Gegenteil sein: Die Typen sollten sich von hier aus an die ganze Welt verkaufen. Die ganze Welt würde dafür zahlen, so wie Brasilianer auch für italienische, englische oder deutsche Meisterschaften bezahlen, um ihre eigenen Spieler spielen zu sehen."

In seinem Porträt des brasilianischen Fußballpioniers Arthur Friedenreich, Sohn einer Schwarzen und eines Weißen, nennt Markus Eder das wichtige, auf Deutsch unter dem Titel Der Ball ist rund und Tore lauern überall erschienene, Buch des Uruguayers Eduardo Galeano. Warum er diesen aber "Roberto Galeano" nennt, verstehe ich nicht. Ein redaktionsinterner Spitzname? Es findet sich aber im Personenindex des Hefts ein Eintrag für Eduardo (in einem anderen Artikel) und einer für "Roberto" (der angesprochene Text). Also doch eher ein unerklärliches Versehen?

Mich hätte mir vielleicht noch etwas über Fankultur in Brasilien, eine Legionärsbiographie abseits des Glanzes und die Gegenwart der Liga interessiert. Aber auch so ist der Brasilien-Schwerpunkt durchaus bemerkenswert geworden. Portraitlastigkeit (90 Minuten mit..., Interview mit..., Biographie, Vereinswappenportrait) fällt auf. Das machen sie gut.
In Summe: Schöne Texte, schöne Bilder, schönes Heft.

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