Mittwoch, 10. Oktober 2012
Blickfang Ultra, 25
Rezension
Blickfang Ultra
Nr. 25
2012
131 S.
Ich bin kein Ultra. Aber als Fußballfan, Stadiongeher, Groundhopper und Mensch mit offenen Augen und Ohren interessiert mich, was fankulturell passiert. Auch wenn ich einiges nicht teile. Sein einigen Jahren ist das deutsche Blickfang Ultra ein guter Informationsträger, es wird hier von Ultras für Ultras von Ultras berichtet. Das Jubiläum der 25. Ausgabe bietet einen guten Anlaß, das Heft in meinen kleinen Rezensionsreigen in diesem Blog aufzunehmen.
Sehr informationsreich ist ein Überblick über diverses Fangeschehen im Europacup-Sommer 2012, wer wie wohin fuhr und was dort machte. Ein wohl nicht geringer Aufwang bei der Erstellung, der sich jedenfalls gelohnt hat. Eine zweite ähnlich gelungene und lesenswerte Rundumschau bildet ein Newsflash zum Saisonfinale in Argentinien.
Der lehrreichste Teil des Hefts ist der Schwerpunkt über die Fanszene in Brasilien. Hier gab es viel neues zu lernen. Die wichtigsten Vereine und Fangruppen der großen Städte werden vorgestellt und dazu gibt es ein interessantes Interview mit Szenekenner und Fotograf Gabriel Uchida (fototorcida.com.br). Er erzählt über die traditionellen brasilianischen Torcidas, von denen jeder große Verein mehrere hat. Die verschiedenen Gruppen eines Vereins veranstalten ihren eigenen Support und tun dies nicht mit- oder auch nur nebeneinander, sondern vielmehr gegen die anderen Torcidas des eigenen Vereins, die man zu übertönen versucht. In den letzten Jahren gab es eine einschneidende Neuerung, seit in Brasilien erstmals manche Gruppen den argentinischen Stil der Barra Bravas annahmen, was u.a. andere Ausdrucksformen in Liedern, Fahnen und Musikinstrumenten bedeutet.
Gewalt hat einen hohen Stellenwert. Erschreckend ist der Einsatz von Schußwaffen in den Auseinandersetzungen der Torcidas verfeindeter Vereine, bei denen es hier manchmal darum geht, das Gegenüber zu töten. „Die Ultras in Rio sind dafür bekannt, stets Waffen und Pistolen bei sich zu tragen. Analog zum Beispiel São Paulos, sind auch hier die Torcidas regional organisiert. Der Unterschied besteht allerdings darin, daß die Derbies in Rio um etliches gefährlicher sind. Hier wird über das komplette Stadtgebiet gekämpft und Schußwechsel stellen keine Seltenheit dar. Es scheint wie das Normalste auf der Welt, wenn Ultras aus anderen Städten ihrem Verein nach Rio folgen und unmittelbar nach ihrer Ankunft von einem Kugelhagel begrüßt werden.“
Persönlich kann ich ohnehin mit Gewaltverliebtheit gar nichts anfangen und natürlich ist so etwas aus einer gewaltreichen Gesellschaft der Favelas erklärbar. Dennoch kann ich hier nur konstatieren: Das ist nicht meine Welt.
Weiters gibt es − auf das Geschehen auf den Rängen zentrierte − Berichte vom jüngsten Budapester Derby Újpest gegen Ferencváros im August, von Radnički Niš in Serbien oder ein Portrait der Fanszene von Rijeka.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen