Samstag, 5. Juli 2008
Fútbol
Rezension
Javier Cáceres
Fútbol
Spaniens Leidenschaft
Köln 2006 (Kiepenheuer & Witsch)
197 S.
Nach dem U19-EM-Finale 2007 habe ich die spanische Nationalmannschaft bei der EM 2008 gleich zwei Mal, in der Vorrunde und im Semifinale sehen dürfen. Eine passende Begleitlektüre zu den Spielen des späteren Europameisters war das 2006 erschienen Buch von Cáceres. Er berichtet über die Anfänge des Fußballs in Spanien Ende des 19. Jahrhunderts, die großen Vereine Real Madrid, FC Barcelona, Athletic Club de Bilbao (bei dem nur Basken spielen dürfen), Atlético Madrid und andere Vereine (die erst in jüngerer Vergangenheit zu Bedeutung gelangen konnten), über Korruption und Schiebereien der Schiedsrichter, regionalen Nationalismus und die Nationalmannschaft ("Furie und Don Quijote") und die Dinge, die das Bild von der spanischen Fußballkultur erst färbig machen - die Vereinsstrukturen mit den charismatischen Herrschern als Präsidenten, die millionenfach gehörten Radio-Fußballsendungen um Mitternacht, den traditionell parteiischen Fußballjournalismus und das hohe Niveau des Schreibens über Fußball, das spanische Literaten erreicht haben. Javier Marías' Alle unsere frühen Schlachten ist mir ja hier in zwiespältiger Erinnerung - einerseits ein herrliches Buch, andererseits schafft er es aber dennoch nicht, mir Real Madrid sympathisch zu machen.
Der Spanische Bürgerkrieg 1936-39 ist ja in seiner Bedeutung nicht zu unterschätzen ("Der Dualismus Barça-Madrid ist ein Kind des Bürgerkriegs und seiner Folgejahre."). Der Fußball war für das jahrzehntelange faschistische Franco-Regime von politischer Bedeutung, etwa durch die ungarischen Emigranten nach 1956. Cáceres schreibt:
"Im grauen Spanien des Franquismus war Fußball ein Teil der Zerstreuungskultur und unter linken Intellektuellen entsprechend verhasst. Nicht umsonst hatte Santiago Bernabéu erkannt, dass "wir der Nation einen Dienst erweisen. Der Fußball ist die Ressource, die bewerkstelligt, dass die Massen alle anderen Probleme vergessen." ... José Comas, Redakteur der Zeitung El País, erinnerst sich heute noch gut an das Pokalfinale von 1968 im Estadio Santiago Bernabéu. Vor den Toren des Stadions traf er damals den Filmemacher Basilio Martín Patino, der auf dem Weg war, ein berühmter Regisseur zu werden. "Hombre, du hier?, fragte Comas. Nun ja, antwortete Martín Patino peinlich berührt, er sei gekommen, "um das Verhalten der Massen zu studieren..." Heute ärgert sich Comas über seine zwischenzeitliche Fußballverweigerung. "Ich habe wegen dieses Schwachsinns die letzten Jahre von Ferenc Puskas und Alfredo Di Stéfano verpasst", sagt Comas, "das werde ich der Linken nie verzeihen."
Ein nachvollziehbarer Ärger. Die Janusköpfigkeit des Fußballs, nicht nur sozialer Sprengkraft zum Ausbruch helfen zu können, sondern auch als effektives Opium des Volkes dienen zu können, ist allerdings nicht wegzuwischen.
Die spanische Nationalmannschaft stand immer im Schatten der Vereinserfolge. Cáceres zitiert dazu den Autor und früheren Real-Madrid-Spieler, -Trainer und -Manager Jorge Valdano "Andalusiens Fußball steht für einen eher technischen, filigranen, ballorientierten Ansatz; der baskische hingegen für eine sehr körperbetonte Interpretation des Sports. "In dem Moment, wo es darum geht, eine Meisterschaft zusammenzustellen, wertet eine derartige Vielzahl an Stilen die Attraktivität einer Liga enorm auf. Versucht man jedoch, sie in eine Mannschaft zu integrieren, kann man ein Problem bekommen", sagt Valdano. Zumal dann, wenn regionale Identitäten einen so bedeutenden Einfluss haben wie in Spanien."
Am schönsten sind bei solchen Büchern immer die Details. Etwa heißt "den Meistertitel erringen" dank des baskischen Vereins Athletic Bilbao "cantar el alirón": "Das heißt so viel wie "den alirón singen" und ist nicht nur in der Übersetzung sinnfrei, sondern auch auf Spanisch. Der Ausdruck geht darauf zurück, dass eine Liedkönigin names Teresa Zazá 1913 bei einem Auftritt in Bilbao einen Gassenhauer vorgetragen hatte, dessen Refrain "Alirón, alirón / pom pom pom" sich auf "Athletic campeón" reimte und die Zuhörer genau dies riefen."
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Don Alfredo Di Stéfano, el mejor futbolista de todos los tiempos
AntwortenLöschen