Montag, 22. Dezember 2008

Der tödliche Pass, 51


Rezension

Der tödliche Pass
Magazin zur näheren Betrachtung des Fußballspiels
Heft 51, Dezember 2008
75 S.






In einem Interview mit dem Berliner Sportjournalisten Matti Lieske sagt dieser hier zum Strukturwandel des Fußballs in den letzten 15 Jahren:
"Ich habe Fußball nie als Erlebnis begriffen, das nur auf Stehplätzen in unwirtlichen Stadien inmitten frühzeitig betrunkener und schlecht singender Fans funktioniert. ... Mit der erhöhten Medienpräsenz lässt sich umgehen, solange man sie ignorieren kann, wenn man möchte, und es nach wie vor möglich ist, sich einfach hinzusetzen, 90 Minuten Fußball zu gucken und wieder zu gehen - oder abzuschalten. Fan zu sein, ist lediglich eine von verschienenen Formen der Rezeption von Fußball, wenn auch eine, die früher dominierte und inzwischen zurück gedrängt wird. Man kann aber nicht ernsthaft dagegen sein, dass aufgrund des Medienhypes inzwischen andere Leute ins Stadion kommen, die nur Spaß haben und konsumieren oder Poldi und Schweini sehen wollen, selbst wenn deren Interesse eher der Inszenierung als dem Sport selbst gilt."

Da hat's mich zugegebenermaßen gerissen. "Fan zu sein, ist lediglich eine von verschienenen Formen der Rezeption von Fußball, wenn auch eine, die früher dominierte und inzwischen zurück gedrängt wird." Das ist eine sehr harte, wenn auch prägnante und zutreffende Formulierung. Aber gut finden kann ich das nicht (auch wenn ich natürlich auch lieber in einem vollen als einem leeren Stadion bin).

Die schönste Geschichte des Hefts ist Der lange Weg zum Endspiel von Willi Hagg. Als Gletscherforscher befand er sich Ende Juni auf Forschungsreise im Kaukasus. Hatte er die vorherigen Spiele der deutschen Nationalmannschaft (die Zeitschrift ist aus Deutschland) bei der EM per Radiokurzwellenweltempfänger verfolgt, machte er sich zum Finale mit zwei Georgiern erst vier Stunden zu Fuß und dann eineinhalb mit dem Auto zum nächsten Fernseher auf, um das Spiel zu sehen. Und dann hat er noch das Glück, in einem Kino mit guter Qualität der Übertragung zu landen und einem georgischen Fernsehkommentator zu lauschen, der weitgehend nur die Spielernamen nannte.

Sonst gibt's auch noch Interessantes über die Krise von Fußball-Frankreich oder Alexander Hleb.

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