Mittwoch, 25. Juni 2008
Arbeit und Wirtschaft, 5/2008
Rezension
Arbeit und Wirtschaft
Nr. 5, 2008
46 S.
Arbeit und Wirtschaft ist eine Zeitschrift von AK und ÖGB zu wirtschaftlichen, politischen und sozialen Fragen. In dieser Ausgabe gilt der Schwerpunkt dem Sport, anläßlich der EM und der Olympischen Spiele in China. Bei letzteren wird zwar auch Fußball gespielt, aber das praktisch nicht im Fernsehen gezeigt, womit er nicht stattfindet - und jeglicher anderer Sport ist nicht Fußball und befindet sich somit außerhalb meines Interesse-Radius. Ich versteh' ja nicht, wie man sich allgemein "für Sport interessieren" und sich mit Autofahren, Synchronschwimmen, Schirennen oder ähnlichem beschäftigen kann. Mich langweilt das alles zu Tode. Auch jegliche andere Ballsportart, alles für die Würscht. Kein Vergleich mit der abwechslungsreichen Vielfalt, Spannung, Raffinesse, Kunst des Fußballs!
Im Heft findet sich diesmal viel über Fußball. So ein Interview mit dem Profifußballgewerkschafter Rudolf Novotny über seine schwierige Tätigkeit, wo noch stärker als in anderen Wirtschaftsbereichen die Existenzberechtigung gewerkschaftlicher Organisation bezweifelt wird:
"In England ist es im Zusammenspiel zwischen Verein und Spieler völlig klar, dass einer der in London vor 60.000 Menschen auf den Platz geht, ein gewisses Selbstbewusstsein benötigt. Und es ist gewünscht, dass er das auch in anderen Bereichen lebt. Bei uns wünscht man sich Spieler, die vor einem vollen Stadion spielen und sich andererseits verhalten wie Kindergartenbuben. Die Devise nicht denken, sondern rennen, gilt für manche Vereinsleitungen noch immer. Die glauben, die Spieler müssen dankbar sein, dass sie überhaupt bezahlt werden, verlangen aber gleichzeitig, dass die Spieler am Spielfeld bewusst Entscheidungen treffen."
In Österreich feiert die "Vereinigung der Fußballer" seine ersten 20 Jahre, in England ist die "Professional Footballers' Association" zuletzt 100 Jahre alt geworden (WSC 252).
Auch die Welt der Fans nimmt breiten Raum ein: Roman Horak schreibt über Stand und Defizite der soziologischen Forschung zur Wiener Fußballfankultur und ihrer Entwicklungen. Willi Mernyi darf einen Lobgesang auf den deutschen Verein Schalke 04 singen. Auch über die politikwissenschaftlichen Forschung von Georg Spitaler zum Verhältnis von Politik und Sport wird berichtet (btw: hat Elmar Oberhauser eigentlich je das Buch Authentischer Sport - inszenierte Politik? gelesen?).
Sehr schön ein Textausschnitt aus der kleinen Broschüre Unter roten Fahnen! Vom Rekord- zum Massensport von Julius Deutsch, in der er 1931 das damalige austromarxistische Sportverständnis der österreichischen Sozialdemokratie formuliert, "wir wenden uns dagegen, dass der Sport zu einem Artistenkunststück herabsinke, daß an die Stelle der Ertüchtigung des ganzen Menschen die übermäßige Aufzüchtung einer einzigen Fertigkeit tritt." Man wandte sich gegen "bürgerlichen" Profifußball und gründete mit dem VAFÖ einen auf Amateursport pochenden Gegen-Fußballverband.
Empfehlenswert ist hier das Buch von Matthias Marschik "Wir spielen nicht zum Vergnügen". Arbeiterfußball in der Ersten Republik. Wien 1994, natürlich auch der Klassiker von Roman Horak und Wolfgang Maderthaner Mehr als ein Spiel. Fußball und populare Kulturen im Wien der Moderne. Wien 1997 sowie zuletzt auch die Ballesterer-Ausgabe 23 (August/September 2006) Klasse Arbeiter. Alles in einer guten, also meiner ;-) Bibliothek zu finden.
Mehr darüber, was es abseits des Fußballs im Heft gibt, hier. Eine Ausgabe ganz nach meinem Geschmack.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen