Mittwoch, 11. Januar 2012

Der tödliche Pass, 63



Rezension

Der tödliche Pass
Magazin zur näheren Betrachtung des Fußballspiels
Heft 63, Dezember 2011
74 S.





Ein herrlicher Kunstgriff gelingt Albrecht Sonntag: Er präsentiert im Heft einen Text des über 90-jährigen Altmeisters des französischen Sportjournalismus Jacques Ferran. Dieser analysiert scharfsichtig, wie ein von Hochmut getragener französischer Fußball seine noch vor wenigen Jahren beeindruckende Klasse verlieren konnte, während die deutsche Nationalmannschaft sich mit umsichtigem Management zur Spitzenmannschaft aufgeschwungen hat. Kulminiert in der letzten Weltmeisterschaft und den Skandalen, durch die der französische Trainer seine Autorität eingebüßt habe.
Man liest und liest eine scharfsichtige Analyse − bis man zum Schluß das Nachwort von Sonntag entdeckt: Der Text stammt aus dem Jahr 1958, die von Ferran genannte WM ist diejenige von 1954! Nur die Zeitbezüge und konkrete Beispiele hat Sonntag herausgelöscht. Chapeau!

Gut daß ich diesen Artikel gelesen hatte, bevor ich zum alljährlichen Fragebogen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hefts kam. Hierbei ist sich der Kölner „Bruno Laberthier“ auf die Frage nach dem „größten Ärgernis des Jahres“ tatsächlich nicht zu blöd, zu schreiben, „dass Babak es hinbekommen hat, (nur) ein Spiel zu killen (was ne Logistik vorher, um dahin zu kommen!)“. Auch wenn der Mann hinter dem Pseudonym per Du mit dem Schiedsrichter verkehrt, der einen Selbstmordversuch unternahm, kann er ihm doch nicht ernsthaft das Gelingen des Suizids wünschen und es als ärgerlich vermerken, daß dieser „nur“ ein Spiel, also nicht auch sich selbst erfolgreich „gekillt“ habe? So eine egozentrische Menschenverachtung kann doch nicht wahr sein? Ich hoffe, daß das mißverständlich geschrieben war.

Ich habe das Heft nicht in hohem Bogen fortgeschmissen. Daher konnte ich anschließend noch den interessanten Beitrag samt Interview zur 200. (!) Ausgabe des Frankfurter Eintracht-Fanzines Fan geht vor lesen.

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