Montag, 31. Januar 2011

Lindenstadion, Eisenstadt

29.1.2011

In tiefem winterlichen Schlaf liegt das Eisenstädter Lindenstadion. Schneebeckt wirkt die Ruine romantisch-faszinierend. Doch eigentlich ist es eine traurige Geschichte. Das Stadion wurde 2007 wegen Baufälligkeit geschlossen, nur kurze Zeit vor Konkurs und Auflösung des SC Eisenstadt im darauffolgenden Jahr.
An einem Hang des Parks von Schloß Esterházy wurde das Stadion 1953 als Landessportanlage eröffnet. Der spätere Name Lindenstadion entstammt der halbseidenen Baugeschichte. Edgar Schütz zitiert im großen Buch der österreichischen Fußballstadien einen damaligen Sportfunktionär: Die ursprüngliche Wiese oben war hängend und auf ihr standen mehrere Linden und Platanen. Wir fürchteten, dass es in der Bevölkerung Widerstand gegen unser Projekt geben könnte, wenn sie erführe, daß die alten Bäume geschlägert werden müßten. So bohrten wir sie heimlich, in der Nacht, mit Alaun an und warteten geduldig, bis sie verendeten. Nach vier bangen Wochen ließen sie endlich die Blätter hängen. Nur eine einzige Linde überlebte den Stadionbau. Und die Presse begann Jahre später wegen ihr vom Lindenstadion zu schreiben.
Die robuste Linde wurde in den 1990er Jahren gefällt, heute steht ihre Nachfolgerin im mittlerweile leeren Stadion vor dem villaartigen Klubhaus in Schönbrunnergelb (gleiche Farbe wie das Schloß Esterházy, darüber mehr im Blogpost über die Stadtbesichtigung). Bis zu 16.000 Menschen (mehr als in Eisenstadt leben!) bevölkerten zu großen Spielen die in den 1970er Jahren kühn überdachte Tribüne und die Hänge ringsum. Zuletzt waren dies in den 90er Jahren sommerliche Freundschaftsspiele von Rapid.
Der SC Eisenstadt wurde 1907 als Kismarton FC gegründet. Kismarton ist der ungarische Name Eisenstadts, das Burgenland kam ja erst 1921 zu Österreich. Von 1967/68 bis 1986/87 spielte der Verein insgesamt 13 Saisonen in der ersten Liga. Nachdem man bereits 1988 nur durch einem Zwangsausgleich dem Konkurs entronnen war, kam nach der behördlichen Sperre des Lindenstadions und einem einjährigen Exil in Ritzing 2008 schließlich endgültig das Aus. Ein Nachfolgeverein namens FC Eisenstadt spielt außerhalb der burgenländischen Landeshauptstadt, in der es somit keinen regulären Vereinsfußball zu sehen gibt. Auch nicht auf der Anlage des Burgenländischen Fußballverbands. Eine wohl einzigartige Situation. Eine Wiedereröffnung des Lindenstadions wird es nicht geben. So sagt ein Verantwortlicher des FC Eisenstadt im Ballesterer 56: So gern ich dieses Stadion habe: Es würde schon massive Aufwendungen brauchen, um den Platz verwendbar zu machen, und er wäre dennoch in der heutigen Zeit nicht mehr adäquat.



























8 Kommentare:

  1. wunderschöne bilder zu einer traurigen geschichte. danke!

    AntwortenLöschen
  2. dein groundhopping ist sehr, sehr fein. tolle bilder! again.

    AntwortenLöschen
  3. Das macht einen schon ganz schön wehmütig...schöne Bilder! Danke...

    AntwortenLöschen
  4. Sehr schönes Stadion, schade das es dem Verfall preis gegeben ist, werde demnächst auch hinschaun, bin neugierig was ich zu sehen bekomme. http://reisen-mario.blogspot.com

    AntwortenLöschen
  5. Ich kann einen Besuch jedenfalls empfehlen!

    AntwortenLöschen
  6. leider ist der abbruch bereits in vollem gange, die überdachung ist bereits rückstandslos verschwunden, nicht ein pfeiler steht mehr.
    noch kann man die stehplatzterasse sehen...

    AntwortenLöschen
  7. Es ist eine Schande. Ewig schad drum.

    AntwortenLöschen
  8. Warum wird ein solches Juwel dem Verfall anheim gegeben? Hätte ich das Geld würde ich dieses einzigartige Schmuckstück wieder genauso aufbauen wie es war

    AntwortenLöschen