Mittwoch, 12. Februar 2014

Forza Rapid, 3


Rezension


Forza Rapid
Die Hütteldorfer Revue
Nr. 3, Frühjahr 2014
70 S.







„Die beste Rapid aller Zeiten“ ist die Titelgeschichte der dritte Ausgabe des ambitionierten Zeitschriftenprojekts Forza Rapid. Es ist ein in Umfang und inhaltlicher Tiefe beeindruckender Schwerpunkt von 24 Seiten. Der scheidende Chefredakteur Gregor Labes beleuchtet die große Rapidmannschaft der frühen 1950er Jahre von mehreren Seiten und schöpfte dabei auch aus dem Fundus seiner Interviews mit Rapid-Größen, die er vor der Printwerdung von Forza Rapid im damaligen Onlinemagazin forza-rapid.com veröffentlichte, so etwa einem Gespräch mit Johann Riegler. Labes beginnt beim Werdegang der Mannschaft seit den 1940er Jahren und widmet sich dem entscheidenden Wendepunkt der Brasilien-Tournee 1949, nach der unter der sportlichen Leitung von Franz „Bimbo“ Binder und Hans Pesser das Spielsystem umgestellt wurde. Es kam eine Weltklassemannschaft heraus.
Ausführlicher betrachtet werden herausragende Spiele: Das „Jahrhundertderby“ vom 17. September 1950, in dem Rapid 7:5 (!) siegte. Das historische 6:1 gegen Arsenal 1953. Das knappe Ausschneiden im Europacup der Meister 1956 gegen den damaligen Europacup-Seriensieger Real Madrid, wo man nach 2:4 auswärts und 3:1 zuhause (drei Tore Happel!) nach heutiger Auswärtstorregel weitergekommen wäre, nach damaligem Reglement aber ein Wiederholungsspiel bestreiten mußte. Die Einführung des Europacups kam für diese große Rapid-Mannschaft um einige Jahre zu spät, sonst würde Rapid noch heute in allen EC-Statistiken vorne auftauchen. Auch Unschönes wie die Volten und Intrigen zwischen dem als letzten Spieler des Finales von 1941 2013 verstorbenen Leopold Gernhardt und dem schließlich verabschiedeten Binder werden erwähnt. Eine großartige Lektüre. Lesenswert vom Anfang bis zum Ende.
P.S.: Binder wurde nach dem Finale 1941 nicht an die Ostfront „strafversetzt“, wie hier wieder einmal zu lesen ist. Das wurde zwar jahrzehntelang immer erzählt und weitergetragen, weil es eine gute Geschichte war. Sie stimmt nur nicht. Nachzulesen im Buch Grün-weiß unterm Hakenkreuz von Rosenberg und Spitaler, die dem nachgegangen sind: Auch von Rapids Finalgegner Schalke und dem Semifinalgegner Dresdner SC wurden nach der Saison 1940/41 wichtige Spieler in den Krieg geschickt, der sich mit dem zeitgleich mit dem Finalspiel 1941 stattgefundenen Überfall auf die Sowjetunion intensiviert hatte. Binder selbst war neben anderen schon vorher in die Wehrmacht einberufen worden, aber war noch in Wien stationiert. Er wurde Anfang 1943 − also nicht kurz danach, sondern eineinhalb Jahre nach dem Schalke-Spiel − an die Front geschickt. Auch der damalige Spieler Gernhardt sah im Interview keinen Zusammenhang, wie im Buch nachzulesen ist, da der Kriegseinsatz ja „erst später“ erfolgte.

Weiters gibt es im Heft einen mittlerweile schon gewohnt hervorragenden Rückblick auf den Rapid-Herbst 2013. Von Benotungen halte ich persönlich zwar wenig, da sie mir die Komplexität zu sehr vereinfachen, aber die Leistungsbeschreibungen der Spieler sind bemerkenswert zutreffend. Wenn ich ähnliches in anderen Medien lese, stimme ich mit den Beurteilungen meist zu vielleicht 50% überein. Man merkt: Hier schreiben Rapidler. Im übrigen finde ich es lobenswert, daß hier korrekt Bošković und nicht Boskovic geschrieben wurde. Es ist ein Zeichen des Respekts, Namen richtig zu schreiben. Unsereiner würde sich ja auch ärgern, wenn man z.B. Umlaute in seinem Namen als unwichtig weglassen würde.
Als Spiel des Herbsts wurde der 4:2-Auswärtssieg bei Sturm Graz ausgewählt und der Text dazu mit meinen Bildern von damals versehen.

Interessant sind u.a. noch ein Interview mit der Rechtshilfe Rapid und eine Homestory bei einem bekannten Fan aus dem Burgenland.
Tippfehler wie bei der Jahreszeit- und Jahresangabe am Cover sind läßliche Sünden. Da mir das Heft bisher sehr gut gefallen hat, bin ich einmal gespannt, wie sich der angekündigte Relaunch in der nächsten Ausgabe auswirken wird.

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