Posts mit dem Label Südafrika werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Südafrika werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Dienstag, 27. Juli 2010

More Than Just A Game


Rezension

More Than Just A Game
Südafrika 2007
Regie: Junaid Ahmed
u.a. mit: Presley Chweneyagae, Wright Ngubeni, Tshepo Maseko






Nach dem Ende der WM ist das Scheinwerferlicht wieder ausgeschaltet und man kann sich wieder abseits des Hypes mit Südafrika befassen. Der Film More Than Just A Game erzählt, wie eine Gruppe politischer Häftlinge auf Robben Island, im düstersten Gefängnis des Apartheid-Südafrika, in den 1960er Jahren das Recht erkämpfte, Fußball zu spielen.

Vier Jahre dauerte es, bis die Gefängnisleitung den wiederholten Anträgen der Gefangenen stattgab, am Wochenende, wenn sie nicht im Steinbruch harte Zwangsarbeit leisten mußten, kicken zu dürfen. Ein Stein kam ins Rollen. Erst improvisiert, entstand schließlich im Lauf der Zeit ein professionell organisierter Spielbetrieb mit über 200 Spielern in drei Klassen, die Makana Football Association. Die Hartnäckigkeit, mit der die Erlaubnis ertrotzt wurde und die Akribie, mit der diszipliniert das Spiel abgewickelt wurde, war ein Akt des Widerstands gegen die rassistische Politik des "weißen" Regimes, das auf die "schwarzen" Afrikaner herabschaute. 1969 gab es schließlich sogar ein den FIFA-Regeln entsprechendes Spielfeld. Es gab Fans, umstrittene Schiedsrichterentscheidungen, Skandale und Protestkomitees − eine komplette Fußballwelt.

In semidokumentarischer Erzählweise, halb Spielfilm und halb durch Interviews mit den historischen Personen, bringt einem der Film nahe, wie bahnbrechend die Selbstorganisation als Widerstandshandlung im Gefängnissystem war und wie sehr sie zugleich als Rettung in den langen Jahren der Haft diente. Schließlich konnten die Häftlinge die Zellen nur für die Arbeit im Steinbruch oder eben zum Fußballspielen verlassen. Auch wenn es die filmische Umsetzung nicht ist, so ist doch diese Geschichte beeindruckend.

Mittwoch, 2. Juni 2010

Ballesterer 53


Rezension


Ballesterer fm
Nr. 53, WM-Sonderausgabe
98 S.







Aus Anlaß der WM wie vor zwei Jahren zur EM ein dicker, 100-seitiger Ballesterer. In der Gestaltung an Reiseführer angelehnt werden Informationen über die Austragungsorte geboten und interessante Geschichten über die Teilnehmerländer des Turniers erzählt. Dazu erfreuen Randnotizen wie die zehn schrecklichsten WM-Songs.

Eigentlich viel spannender sind aber die Artikel über das Land Südafrika selbst. Neben der Frage der Nachnutzung der für den lokalen Fußball übergroßen WM-Stadien, sind dies Begebenheiten wie die von Gerald Hödl geschilderte Ablehnung der FIFA, in Kapstadt das bestehende Fußballstadion in Athlone als Austragungsort zu akzeptieren ab − aufgrund der Armut der Gegend. "Eine Milliarde Fernsehzuschauer wollen diese Hütten und eine derartige Armut nicht sehen" zitiert Hödl die kolportierte Begründung der FIFA-Delegierten. Daher wurde in einem reichen Viertel, malerisch am Meer, eine architektonisch schöne neue Arena auf die grüne Wiese gestellt − die nach den Spielen leer stehen wird. Um Unsummen. "Kommentatoren erinnern etwa an jüngste Sparmaßnahmen in den Spitälern von Kapstadt. Für den Gegenwert des Green Point Stadium hätte die Regierung im Township Khayelitsha 60.000 Häuser bauen können, die 300.000 Menschen für Jahrzehnte ein Dach über dem Kopf bieten würden − und nicht 68.000 für 90 Minuten." schreibt Hödl. Ein Hauptteil der millardenschweren Bauinvestitionen im ganzen Land floß an große internationale Baukonzerne.
Nicht die Vergabe einer WM an ein Land wie Südafrika ist falsch, das ist im Gegenteil sogar höchst notwendig, sondern die Politik der FIFA, sich von den Austragungsländern für wenige Wochen schöne neue Welten finanzieren zu lassen und sie dann mit verschärften sozialen Problemen und Investitionsruinen statt einer modernisierten Fußballinfrastruktur für den Ligaalltag zurück zu lassen.

Eine sehr gute Sache sind die vielen historischen Bezüge und Informationshappen zur Geschichte des Landes, v.a. zu Rassismus und Apartheid, aber auch zu den Kriegen Ende des 19.Jhs. zwischen britischen und burischen europäischen Kolonialisten. Beides unabkömmlich für das Verständnis der Zusammenhänge. Allerdings wäre wohl ein Glossar angebracht gewesen. Was Apartheid war, wissen oder ahnen die meisten wohl noch, doch ob allen p.t. Leserinnen und Lesern des Hefts klar ist, wer mit diesen immer wieder genannten "Buren" gemeint ist, ist wohl nicht mehr ganz sicher. Vielleicht unterschätze ich die Breite und Tiefe historischen Wissens aber auch. Auf jeden Fall lernt man durch das Heft dazu.

P.S.: Nicht ganz klar war mir, warum Armin Pfingstl von "im Westen so oft als 'Kryptokommunisten' verhöhnten Nordkoreanern" schreibt. Also weniger kryptisch und vielmehr offen die kommunistische Staatsideologie vor sich her tragend als in Nordkorea geht eigentlich gar nicht mehr.

Dienstag, 27. Januar 2009

When Saturday Comes, 264


Rezension


When Saturday Comes
The Half Decent Football Magazine
Issue 264, February 2009
46 S.






Sehr interessant der Hinweis auf das Buch More Than Just A Game: Football v Apartheid von Chuck Korr und Marvin Close, das Mike Ticher - kritisch - bespricht. Das Buch beschäftigt sich mit dem, ab den späten 1960er Jahren organisierten, Fußballspiel der politischen Häftlinge, die vom südafrikanischen rassistischen Regime auf der Gefängnisinsel Robben Island eingekerkert wurden.
"Everything was done by the FIFA rulebook, which, by chance, was among the few books in their library. For this was serious business. Football was not just a release from the physical and psychological torments of imprisonment. It served to ease (mostly) tensions between the ANC and Pan Africanist Congress prisoners. But above all it gave the inmates a vital space of their own, a means to demonstrate that they could govern themselves - and, by implication, the country. And so they did. Many involved in organising Robben Island football went on to positions of power, including the current political heavyweights Jacob Zuma (the president of the ANC) and Mosiuoa Lekota, the former defence minister who recently started a rival party." schreibt Ticher.

Leider hab' ich wenig Ahnung von Südafrika, aber das klingt nach einer sehr verdienstvollen Arbeit, die v.a. Chuck Korr hier geleistet hat. Fußball als Nukleus eines neuen Staats. Wie faszinierend! Das meint auch Ticher:
"In the late 1960s the most popular books on Robben Island were Das Kapital and Soccer Refereeing by the Labour MP (and anti-apartheid activist) Denis Howell. It's my guess Howell's philosophy influenced the new South Africa at least as much als Karl Marx's."

Sonst gibt's im Heft noch Informatives über die australische Bewerbung um die WM 2018, die Dominanz der nordafrikanischen Vereine im afrikanischen kontinentialen Fußballgeschehen oder den Schweizer FC Sion mit seinem halbseiden anmutenden Präsidenten Christian Constantin, der in seiner ersten Amtszeit 1992-97 130 Spielertransfers tätigte und in seiner zweiten Periode seit 2003 schon 18 Trainer verbraucht hat. Die Fans sind verständlicherweise unzufrieden, aber der Präsident ist wirtschaftlich gut in der Region vernetzt und so dreht sich das Rad weiter.