Freitag, 20. Juni 2008

Hopp Schwiiz!


Rezension

Wolfgang Bortlik
Hopp Schwiiz!
Fußball in der Schweiz oder die Kunst der ehrenvollen Niederlage
Köln 2008 (Kiepenheuer & Witsch)
256 S.





Wenn man Vorarlberg nicht dazurechnet, war ich bisher erst bei einem Spiel in der Schweiz, und das auch erst vor kurzem. Und außer ein paar Vereinsnamen und der medialen Berichterstattung über die EM-Stadien habe ich bisher wenig bis nichts über Geschichte und Kultur des Schweizer Fußballs gewußt. Wann, wenn nicht jetzt, sollte man sich also darüber informieren?

Man erfährt in Wolfgang Bortliks Buch über noch nie gehörte Namen und Ereignisse, lernt neue Worte kennen wie, daß "tschutten", etymologisch vom englischen "shoot" kommend, das dortige Äquivalent zum hiesigen "kicken" ist, das ja wiederum vom englischen "kick" kommt. Daß zwischen den Sprachgruppen in der Schweiz nicht alles immer leiwand ist, hab' ich gewußt, daß es für die deutsch-französische Differenz den Begriff "Röstigraben" gibt, war mir neu. Liegt wohl an meinen wirklich mangelnden Wissen über die Schweiz, aber das habe ich nachschlagen müssen. Und daß Rösti was zum Essen sein wird, hab' ich vorher auch nur geraten.

Das beste an diesem Buch ist, daß man nicht nur vom Schweizer Fußball erfährt (ich hätte mir mehr über Vereinsfußball gewünscht), sondern vor allem auch viel über die Schweiz selbst. Bortlik bietet eine flott zu lesende chronologische Schilderung der Schweizer Fußballgeschichte von den Anfängen bis zu aktuellen Problemen in der Nationalmannschaft und den aktuell dominierenden Vereinen FC Zürich und FC Basel, baut darin aber immer auch die politischen und gesellschaftlichen Themen der Zeit ein (und das von einem linken Standpunkt aus, weiterer Pluspunkt), was dem Buch einen großen Mehrwert gibt. Fußball nicht von der Gesellschaft losgelöst zu betrachten zeichnet ja die ganze von Christoph Biermann herausgegebene Reihe aus, in der auch dieses Buch erschienen ist.

Amüsant sind Anknüpfungspunkte der unterschiedlichen nationalen Erzählungen wie das Spiel Schweiz-Österreich in Lausanne bei der WM 1954. Bei uns wird ja immer herausgestrichen, daß der österreichische Goalie Kurt Schmied bei diesem Match einen Sonnenstich erlitten hat, daß selbiges auch einem Schweizer Abwehrspieler passiert ist, kommt hier fast nicht vor. Umgekehrt kommt in Bortliks Schweizer Version der Österreicher nicht vor.

In Summe: die Fußballgeschichte eines Landes, von der ich nahezu nichts gewußt habe. Neue historische Informationen! Sowas verschlinge ich!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen