Sonntag, 24. November 2024
Turris – Foggia 1:2 (1:2)
Italien, Serie C, girone C, 16a giornata, 24.11.2024
Stadio Amerigo Liguori, 1.446
Turris verliert im Abstiegskampf der Serie C an Boden. Beide Vereine kämpfen um Punkte, um sich von den Play-out-Plätzen abzusetzen. Mit dem Sieg errang Foggia daher einen wichtigen Erfolg. Turris ging zwar in Minute 11 in Führung, schon wenige Minuten später erzielten die Gäste aber den Ausgleich und kurz vor der Pause den schließlichen Siegestreffer zum 1:2. In den Schlussminuten hatte Turris aufgrund einer gelb-roten Karte für Foggia einen Mann mehr am Platz und kam auch zur Ausgleichschance. Aber es blieb beim 1:2. Foggia hat nun drei Punkte Abstand zu den Plätzen für das Play-out, in denen Turris mittendrin steckt.
„Capriola vattene“ („Capriola, hau ab“) war schon auf einem Spruchband zu lesen, das außerhalb des Stadions an der Mauer der Bahnlinie Circumvesuviana gut sichtbar für die Haupttribüne angebracht war. Nicht nur ist die sportliche Lage trist, sondern unter der Woche setzte es vom Verband FIGC auch noch einen Abzug von vier Punkten wegen nicht erfolgter Sozialversicherungs-Zahlungen von zusammen 165.000 € für Juli und August. Darüber hinaus wurden Turris-Funktionäre mit Funktionssperre bestraft, da der FIGC falsche Dokumente über angeblich erfolgte Zahlungen vorgelegt worden waren. Dies war nach einem vorherigen Punkteabzug von einem Punkt im Oktober bereits die zweite FIGC-Strafe für Turris in dieser Saison. Die dritte und letzte Stufe im Strafenkatalog wäre dann bereits der Ligaausschluss und Zwangsabstieg. Gegen Vereinspräsident Ettore Capriola herrschte so sichtbarer Unmut, der sich auch auf der Haupttribüne bemerkbar machte. Eine Gruppe dort hatte A4-Zettel mit, auf denen sein Antlitz als Clown abgebildet war. Damit marschierten sie nach dem 1:1 aufgebracht in Richtung Ehrenloge in der Mitte der Tribüne und bis zum Schluss gab es mehrere hitzige Wortgefechte. „Capriola vattene“-Gesänge aus der Kurve wurden von diesem Teil des Haupttribünenpublikums applaudiert und mitgetragen.
„La Turris e'una cosa seria!!!“ („Die Turris ist eine ernste Sache!!!“) hieß es in einem von Gesängen gegen Capriola begleiteten Spruchband in der Kurve. Trotzig sang man hier bis zum Schluss für Turris, skandierte aber immer wieder mit u.a. „Capriola deve andare via!“ („Capriola muss gehen“) und „Zingaro, Capriola Zingaro“ („Zigeuner, Zigeuner Capriola“) oder „Fuori dal Liguori!“ („Raus aus dem Liguori!“) gegen Präsident Capriola. Die Geschichte der Ultras der aufgrund der Vereinsfarbe korallenrot Corallini Genannten begann 1977 mit den Ultrà Fighters, die später zu Ultrà Turris wurden und bis 1999 die führende Gruppe bildeten. Später gab es andere Zusammenschlüsse. In Josef Grubers Lo stile di vita ist ein übersetzter Text aus der Kurve abgedruckt, in dem sie selbst ihre Geschichte erzählen. Der heutige Standort ist die Curva Vesuvio, mit dem Rücken zum in der Finsternis an diesem Abend dankbarerweise ohne Vulkanausbruch nicht zu sehenden Vesuv. Dies war bis 2021 der Auswärtssektor und die Gegentribüne der Bereich der Turris-Ultras. Seither ist das umgekehrt. Diese Aufstellung war und ist unbeliebt. Erst seit dieser Saison 2024/25 stehen alle Gruppen Ultras Torre del Greco, Zona Rossa, Cattive Compagnie und Hijos de Barrios zusammen dort, nachdem die letzteren drei Gruppen in den letzten Jahren auf der Haupttribüne gewesen waren. Ziel ist weiter der Kampf für einen angemessenen Sektor. 2022 wurden zumindest bereits die 2005 ringsum vor den Tribünen aufgestellten Plexiglaswände dort durch klassische Zäune ersetzt. Das bedeutet keinen Terrarium-Effekt mehr für die dahinter stehenden Ultras sowie eine akustische Verbesserung. Die vorherige Trennung spiegelt sich aber immer noch in getrennter Aufstellung auf den zwei Stahlrohrtribünen und damit einem gewissen Abstand dazwischen wider. Der größte Rivale ist Savoia aus der Nachbarstadt Torre Annunziata.
Im leeren Auswärtssektor hing ein von Cattive Campagnie, Zona Rossa und Hijos de Barrios gezeichnetes Spruchband „Gaetano, Samuel, Michele, Samuele … nel paradiso ultras!!!“ und lag ein Kranz in Gedenken an die nun „im Ultras-Paradies“ befindlichen Verstorbenen von Foggia. Vor fünf Wochen waren bei einem Autounfall am Heimweg Samuel (13 Jahre), Michele (17 Jahre) und Gaetano (21 Jahre) ums Leben gekommen und sieben weitere Menschen verletzt worden. Einer der Verletzten, der 15-jährige Samuele, ist erst wenige Tage vor dem Spiel im Spital verstorben. Der Tod der nunmehr vier Leute aus der Curva Nord traf Foggia und schwer. Aus allen Teilen des Landes gab es Anteilnahmen für die Ultras von Foggia. Bei den letzten Spielen schwiegen die Kurven von Foggia in Gedenken. Das wäre sicherlich auch an diesem Abend so gewesen, ihre Anreise wurde von den Behörden aber im Unterschied zu den letzten Begegnungen prophylaktisch verboten. Auch die Mannschaft von Turris gedachte mit einem Blumenstrauß, der übergeben und erst am Spielfeldrand und dann im leeren Sektor abgelegt wurde. Vor Spielbeginn erfolgte eine Schweigeminute. Die Turris-Kurve rief die vier Namen der Verstorbenen, gefolgt von „Onoriamo gli ultras caduti“ („Wir ehren die verstorbenen Ultras“).
Die Società Sportiva Turris Calcio wurde 1944 in der heute 81.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Stadt Torre del Greco, einer der 92 Gemeinden der città metropolitana di Napoli, als Polisportiva Turris gegründet. Zuvor hatte es hier die 1920 gegründete US Torrese gegeben, deren Existenz im Zuge des Zweiten Weltkriegs zuende ging. Die schon bald nach der Befreiung der Gegend vom Faschismus neugegründete Turris begann 1945/46 in der Prima Divisione Campania und stieg aus ihr gleich in die Serie C auf, in welcher man 1946/47 und 1947/48 im girone A und girone R der Lega Interregionale Sud spielte. 1970/71 gewann man den girone G der Serie D und stieg wieder in die Serie C auf, in welcher ab 1971/72 man im girone C war. 1971 änderte man den Vereinsnamen in Associazione Polisportiva Turris und 1975 in Associazione Polisportiva Turris. 1977/78 spielte man in der neugebildeten Serie C1 weiter drittklassig, stieg 1981 aber in die viertklassige Serie C2 ab. 1984 benannte man sich Calcio Turris und 1987 FC Turris 1987. 1994/95 und 1997/98 war man für einzelne Saisonen wieder in der Serie C1. Anfang der 2000er Jahre stieg Turris aus der Serie C2 dreimal hintereinander ab. Nachdem die Saison 2002/03 in der Eccellenza einen weiteren Abstieg in die Promozione gebracht hätte und der Verein pleite ging, kaufte man stattdessen die Spielberechtigung des Vereins Gaudianum und spielte als AC Gaudianum Torrese 2003/04 weiter in der damals sechstklassigen Eccellenza. 2004 kaufte man die Spielberechtigung der Ercolanese und spielte ab 2004/05 als FC Turris ASD in der Serie D. Nach Ende der Saison 2011/12 verkaufte Turris die eigene Spielberechtigung nach Nola und erwarb selbst wiederum jene des Vereins Neapolis aus Mugnano. Man verlegte dessen Vereinssitz nach Torre del Greco, womit man 2012/13 weiter in der Serie D, aber nun als FC Torre Neapolis spielte. Unter diesem Namen gewann man 2012/13 den ersten landesweiten Titel mit der Coppa Italia Serie D in einem Finalsieg gegen das venetische Delta Porto Tolle in Perugia. Danach änderte man den Namen in FC Turris Neapolis 1944. 2014 gingen Spielberechtigung und Vereinstitel von Neapolis zurück nach Mugnano, während Turris wiederum die Spielberechtigung des FC Miano kaufte und 2014/15 als ASD Miano in der Eccellenza spielte. Man schaffte den sofortigen Aufstieg in die Serie D und benannte sich 2015 in AP Turris Calcio ASD um. 2018 wurde man die ASD Turris Calcio und nach erfolgreicher Rückkehr in die Serie C 2020 S.S. Turris Calcio. Im Frühjahr 2024 drohte der Rückzug aus der Serie C, da sich zunächst keine neuen Eigentürmer fanden. Schließlich übernahm eine Gruppe an Unternehmern aus Torre del Greco den Klub und hielt ihn für diese Saison in der Serie C. Die Zukunft ist ungewiss.
Das Stadio Amerigo Liguori wurde 1952 unter dem Namen Stadio Comunale eröffnet. Später hat man es nach Amerigo Liguori benannt, der 1951 verstorben war und einer der Vereinsgründer von Turris, ehemaliger Vereinspräsident sowie Bürgermeister von Torre del Greco gewesen war. Das Spielfeld lag anfangs noch 90° gedreht anders. 1968/69 wurde es mit dem Bau der heutigen Haupttribüne so angelegt, wie es heute liegt. An der Gegenseite wurden in den 1990er Jahren Stahlrohrtribünen aufgebaut. Seit 2009 ist am Spielfeld ein Kunstrasen verlegt. Mitten im dicht besiedelten Wohngebiet liegend bietet sich hier rundum ein Stadtpanorama an Wohnhäusern.
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