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Mittwoch, 30. Oktober 2024
Ballesterer 192
Rezension
ballesterer
Nr. 192
Oktober 2024
84 S.
Das „Multi Club Ownership“ im modernen Fußball ist Thema eines Schwerpunkts, in dem Experte Menary das Phänomen in einem Artikel analysiert und auch zeigt, wie die UEFA anfangs (Ende der 1990er / Anfang der 2000er) dagegen einzuschreiten begann und das mittlerweile, wie am Anlassfall Red Bull 2017 ersichtlich, faktisch aufgegeben hat. In den meisten der 366 solcher Fälle, die Menary untersucht hat, handelt es sich aber nicht um solche Konzerne, sondern um Eigentümer mit Besitz von oder an zwei Klubs. Christoph Breuer beleuchtet die Angelegenheit in einem Interview aus ökonomischer Sichtweise und erklärt, dass der Sport noch verhältnismäßig wenig Schaden genommen habe, da das Gleichschaltungspotential als wirtschaftliches Erfolgsversprechen noch großteils nicht umgesetzt werde. „Diese Verbundvorteile werden nur von den wenigsten MCO-Gruppen tatsächlich genutzt. Bei Red Bull und der City Football Group gibt es ja einen klar definierten Hauptklub, dem sich die anderen unterordnen. Bei den meisten anderen Modellen kann ich das nicht erkennen. Für die Integrität des Fußballs ist das vielleicht ein Glücksfall, aber wir können sehen, wie ökonomisch laienhaft das Ganze angegangen wird.“ Das kann sich ja aber noch ändern und dann ist der Fußball dort angekommen, wohin der Trend geht: Weg vom sportlichen Wettbewerb, hin zur Geld generierenden Show. Als Beispiel eines US-amerikanischen Investoreneinstiegs gibt es eine Reportage von Moritz Ettlinger über Wacker Innsbruck. Von Außenstehenden wahrscheinlich kaum wahrgenommen ist in dieser Ausgabe am Titelblatt erstmals nicht der Schwerpunkt abgebildet, sondern eine andere Geschichte aus dem Heftinneren. Es ist allerdings auch ein besonderer Text, der die Fußball-Lebensgeschichte der Christa Tauschek erzählt, die 1972/73 mit dem FavAC die erste österreichische Frauen-Meisterschaft in der Zweiten Republik gewann (wovon der Verein offenbar im Zuge des Interviews erfuhr) und 1978 an einer inoffiziellen WM in Taiwan mit dem quasi als Österreich antretenden USC Landhaus teilnahm.
Das Hin und Her des Fußballgeschehens verfolge ich eher wenig. Ein Artikel von Nicole Selmer im Heft weist mich darauf hin, dass Holstein Kiel in der deutschen Bundesliga spielt. Dass Como, von wo Timur Yıldız berichtet, wieder in der Serie A ist, war mir hingegen geläufig. Italien kann man dann eben doch nicht nicht beachten. Auch hier geht es, um auf das Anfangsthema zurückzukommen, um Investoren. Weitere Themen im breit gefächerten Heft sind u.a. die Vienna-Frauen im Europacup, ein gewisse Wellen schlagendes Interview mit der Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr mit streitbaren Standpunkten („Es gibt Dinge, die die Allgemeinheit unbedingt braucht. Dazu gehört ein Dach über dem Kopf, Bildung und genug zu essen. Dass Sturm und GAK ausgezeichnete Bedingungen vorfinden, ist nicht lebensnotwendig.“) oder eine Reportage über einen sogenannten „Stadionvlogger“, der offenbar auf einem Rapid-Spiel war. Ich habe vor wenigen Monaten oder einem Jahr vielleicht bei einem Gespräch von Bekannten, die sich über sowas unterhielten, von diesem mir fremden Phänomen gehört. Es dürfte wohl eine Klientel dafür geben. Wenn ich mir den Bericht durchlese, scheint dies ein Hirnschrumpfungsprogramm zu sein.
Über Derbys und Ultras am Neusiedler See berichte ich in meiner Amateurfußballserie Nebenschauplätze diesmal aus Oggau.
A4 / 7,50 € / erhältlich im Zeitschriftenhandel
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