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Dienstag, 6. September 2022
Ballesterer 173
Rezension
ballesterer
Nr. 173, September 2022
84 S.
„Die Bundesliga ist ... langweilig ... abgehängt ... ungerecht ... rückständig ... emotionslos“ stellt die Titelgeschichte von Nicole Selmer zur deutschen Bundesliga fest und argumentiert die genannten Punkte schlüssig. Anlass der Themenstellung ist der zehnte Meistertitel des FC Bayern in Serie. „Es wäre sicher erfrischend, wieder einmal jemanden in Gelb mit der Schale zu sehen. Aber ist das so viel spannender, wenn der Verein mit dem zweithöchsten Personalaufwand Meister wird? Die Idee, dass die anderen einfach besser arbeiten müssen, ist Unsinn.“ sagt Max-Jacob Ost dazu in einem Interview zum Strukturproblem, das sich im fehlenden Wettbewerb an der Spitze manifestiert, aber nicht nur aus diesem besteht. Erstaunt lerne ich alter Mann, dass dieser deutsche Sportjournalist seit 2014 (!) einen Podcast betreibt. Ich habe die Existenz dieses Mediums erst vor drei oder vier Jahren wahrgenommen, aber ohnehin nie eine praktische Handhabung dafür gefunden, sodass es mir fremd bleibt.
Václav Daněk ist in meiner Erinnerung eine schreckliche Nemesis. In einer Zeit, als es Rapid nicht gut ging, schoss er fürchterlich effektiv gegen uns und andere seine Tore. In einem spannenden Interview lässt ihn Hubert Herzog über seine Karriere, die Zeit beim seinerzeitigen FC Tirol und die Gegenwart als Bademeister eines Hallenbads und Nachwuchstrainer bei Baník Ostrava erzählen. Welche Veränderung der moderne Fußball gebracht hat, zeigt seine Aussage „Ich habe nicht genug verdient, um mir in Österreich ein Haus leisten zu können, also habe ich in Tschechien einen Grund gekauft und ein Haus gebaut.“
Im April nahm Österreich mit medialer Begleitung und prominentem Empfang durch den Sportminister 86 Nachwuchsfußballer aus der Ukraine auf. In einer hervorragenden Reportage berichten Jakob Rosenberg und Tobias Fries, was weiter mit ihnen geschah: Bürokratische Hürden, Hin- und Herschieberei zwischen mehreren Unterkünften, kaum Unterstützung von Institutionen des Staats und im Fußball, kein Schulbesuch und Hilfe durch persönliches Engagement von privat Engagierten wie der Schiedsrichterin Sara Telek. Aufgrund der Perspektivlosigkeit in Österreich sind einige der Jugendlichen wieder ins kriegsgeplagte Land zurückgekehrt. Darüber, wie dort unter den Bedingungen der ständigen Lebensgefahr durch russische Bomben und Raketen, wieder der Fußballspielbetrieb beginnt, berichtet Juri Konkewitsch: „Pro Spiel werden maximal 280 Zuschauer zugelassen. In höchstens 500 Meter Entfernung der Spielstätte muss sich ein Luftschutzraum befinden. Im Fall eines Fliegeralarms werden die Spiele unterbrochen, alle Spieler, Fans und Funktionäre müssen sich dann in den Bunker begeben. Hält der Alarm länger als 60 Minuten an, wird die Begegnung am nächsten Tag zu Ende gespielt.“ Im Groundhoppingteil berichtet ein Spielbericht von Thomas Lanz aus dem Stadio Luigi Ferraris davon, dass man vom Turm der Gradinata Nord einen Blick auf den Innenhofspaziergang der Insassen des benachbarten Gefängnisses machen kann. In seiner ärztlichen Beratungskolumne widmet sich Dr. Pennwieser einem aktuellen Thema: „Die Transferperiode ist die Zeit der Hoffnung. Sie ist eine Schwester der Enttäuschung. Resignation hilft, sich davor zu schützen.“ Ganz und gar nicht resignativ heißt es hingegen „You can't stop Leonding!“ im Heft in meiner Amateurfußballreihe Nebenschauplätze, wo ich ASKÖ Leonding vorstelle. A4 / 6,50 € / erhältlich im Zeitschriftenhandel
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